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Wolfenstein II: The New Colossus im großen Test

B.J. Blazkowicz kehrt in “Wolfenstein II: The New Colossus” fulminant zurück! Mit einer filmreif erzählten Handlung, grandios ausgearbeiteten Figuren und flottem Gameplay überzeugt das neueste Werk von MachineGames im Test. Kann da eigentlich noch irgendwas schief gehen?

Aus Uppsala nach ganz oben

Verwundet und mit den Nerven am Ende liegt Held Blazkowicz am Boden. Mit letzter Kraft den grausamen General Totenkopf erledigt, sehnt sich nach der endgültigen Ruhe im Tod. Doch soweit lässt es Entwickler MachineGames nicht kommen. Zum Glück! Was die Jungs und Mädels aus Schweden in ihrem allerersten (!) Spiel in “Wolfenstein: The New Order” abgezogen haben, war schlichtweg kongenial. Zum einen hast du die Lizenz eines doch eher umstrittenen Videospiels. Besonders in Deutschland. Zum anderen sitzen dort Ex-Mitarbeiter vom Studio Starbreeze, die es mit dem hervorragenden “Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay” bewiesen haben, knallharte Action mit gefühlvoller Story sowie herrlichen Dialogen zu verbinden. Obwohl der Anfang von “The new Order” eher an die ersten Call of Duty´s erinnerten und trotz ihrer vorsichtigen Annährung an Robohunde und eindeutiger Symbolik (in Deutschland aus Rechtsgründen geschnitten) erwies sich der prompte Kurswechsel als Glücksgriff. Nach einem unfreiwilligen Koma starteten wir im vom Regime überlaufenen Deutschland eine Revolution. Was sofort auffiel, das Gameplay orientierte sich an klassischen Old-School Mechaniken. Keine Selbstheilung – Medikits suchen. Eine kleine aber feine Abweichung zum Shooter-Allerlei. Plus eine Handlung, die selten emotionaler inszeniert wurde. Ein zweiter Teil war hier schon sicher.
Die Handlung von “Wolfenstein II: The New Colossus” knüpft nahtlos am Vorgänger an. B.J. wird von seinen Freunden noch gerettet und wird im Helikopter von Set Roth notoperiert. In längeren Rückblenden sehen wir Ausschnitte aus seiner Kindheit. Dunkle und traurige Situationen. Wir erleben seinen herrischen Vater, der ihn und seine Mutter verprügelt. Sie war die einzige, die ihn bedingungslos liebte. Plötzlich erwachen wir, noch immer verletzt, auf dem gekaperten U-Boot “Hammerfaust” und müssen erschreckt feststellen, dass General Engel seine Leute gefunden hat. Wir können mit Einbußen den Angriff abwenden. Blazkowicz entdeckt, dass es in Amerika einige Rebellen gibt, diese versuchen eine Revolution zu entfachen und sein Kampfgeist ist hier unabdingbar. Da der Titel mit einigen überraschenden Twists aufwartet, haben wir auf Spoiler innerhalb der Story verzichtet. Ersichtlich ist zudem, dass MachineGames hier einige Schippen in Sachen Inszenierung und Erzählung drauf gelegt hat. Erstmals erfahren wir Einzelheiten über B.J´s Vergangenheit. Im Grunde schlägt dir Wolfenstein 2 mit voller Absicht alle 30 Minuten in die Magengrube. Im Vorfeld wollte Creative Director Jens Matthies erreichen, dass Spieler “genau wissen” warum sie “das tun was die tun”. Unsere Gegner insbesondere Frau Engel sind wahrlich hassenswert geschrieben. Was Filme in drei Teilen nicht schaffen, erledigt man hier nebenbei – Figurenentwicklung. Titelheld Blazkowicz ist sichtlich geschafft nach den Ereignissen im ersten Teil. Nur mit Mühe und “nur” 50% spielen wir in den ersten Stunden. Andere Figuren besprechen ihre Ängste und halten viele Gespräche, die allesamt anhörbar sind. Ebenso werden neue Charaktere glaubhaft eingeführt. Zudem hält B.J. auf seinen Missionen kleine Monologe, die seine Gefühlswelt offenbaren und dem Spieler perfekt zeigen, welche Sorgen ihn treiben. Die Handlung ist durchweg so abgedreht und motivierend, dass uns in vielen Momenten die Kinnlade runtergekracht ist. Für einen bloßen Shooter ist das herausragend.

Flottes Gameplay ohne Kompromisse

Das Gameplay präsentiert sich ausgereifter. Neben vergrößerten Werten im HUD spielen sich die Feuergefechte spürbar geschmeidiger ab. Noch immer dürfen wir per Akimbo, also zwei Waffen gleichzeitig, unsere Feinde ins Jenseits befördern, leider meinten es die Entwickler zu gut. Das Waffenrad ist nun zweigeteilt, eins für jede Seite der Hand. Anders als im Erstling dürfen wir jeder Zeit zwischen verschiedenen Waffentypen wechseln. Gerade die erste Spielstunde im Rollstuhl sitzend gehört zu den wohl innovativsten Ideen der letzten 10 Jahre. Für die Run & Gun-Fraktion wurde das Spieltempo ordentlich angezogen. Im Sprint rasen wir förmlich durch die Gänge. Hier wird nach nicht selten an DOOM erinnert. Die Level haben sich größtenteils nicht großartig verändert. Meist in Innenräumen unterwegs gibt es kleine Ausflüge ins Grüne. Während Teil 1 leider ewig selben Gegnerarten bot, bekommen wir in “Wolfenstein II: The New Colossus” einen bunten Reigen serviert. Neben normalen Soldaten warten Kommandeure auf, die gar unzählig Verstärkung holen können. Auch wieder von der Partie nicht die Roboterhunde. Hier dienen sie als kleinere Minibosse und wirken mit ihrem Flammenatem noch bedrohlicher. Kann man eigentlich darauf reiten? Je nach gewählter Zeitlinie (entweder Wyatt oder Fergus) gibt ein spezielle Waffen. In Wyatt´s Zeitlinie ist das “Dieselkraftwerk”. Mit diesem verschießen wir Miniexplosions-Kugeln. Bei größeren Kämpfen sehr hilfreich. Zudem dürfen wir uns ab Mitte des Spiels für Gadgets wie “Donnerfäuste” oder “Phyton-Gurte” entscheiden. Gefundenen Verbesserungs-Kits für unsere Waffen sind ebenso auffindbar. Mithilfe von gefundenen Enigma-Codes darf B.J. neuerdings auch Nebenmissionen machen, die jedoch eher als Füllwerk dienen.
Neben reinen Shooter-Arealen gibt es auch hier Gebiete, die wir ohne Waffen erforschen. Erinnert teils doch stark an moderne Adventures. Endweder laufen wir durch die “Hammerfaust”, sprechen mit NPC´s und erledigen spontan Aufträge oder laufen durch das Zentrum einer Kleinstadt in Roswell als Feuerwehrmann verkleidet. Alles wunderbar stimmig. Grafisch wurde einige Sprünge nach vorne gemacht, so dass matschige Texturen oder andere Grafikfehler selten bis gar nicht auftreten. Negativ ist, dass viele Zwischensequenzen leider asynchron sind. Dämpft etwas den Look. Die hier verwendete iD Tech 6 überzeugt auch 2017 mit satten Farben und Kontrasten. Der Score vermittelt gut das jeweilige Tempo einzelner Szenen und fällt nicht negativ auf.
Warum ist die deutsche Version von Wolfenstein II: The New Colossus geschnitten? Einfacher Grund – wegen der verfassungswidrigen Symbolik. Hakenkreuze oder andere Symbole aus dem dritten Reich sind aus guten Gründen verboten. Da Videospiele in Deutschland leider noch nicht als Kunstform angesehen werden, würde sich Publisher Bethesda hier strafbar machen. Nochmal: Die Gewalt wurde nicht geschnitten sondern nur die strafrelevanten Zeichen.

Unser Fazit zu “Wolfenstein II: The New Colossus”

Wolfenstein II: The New Colossus hat meine hohen Erwartungen übertroffen. MachineGames hat seine eigene Formel perfektioniert und durch kleine Änderungen ein anderes Spielerlebnis geschaffen. Die Flashbacks sind emotional inszeniert und geben der Figur Balzkowicz eine unbekannte menschliche Tiefe. Andere Charaktere entwickeln sich auch spürbar. An einigen Stellen ist der Grad an Brutalität doch bemerkenswert hoch. Das Gameplay ist wunderbar fordernd und in hektischen Momenten etwas zu hakelig. Wolfenstein ist noch längst nicht aus erzählt und ein finaler dritter Teil ist gut wie sicher.
Entwickler: MachineGames – Preis: 69,99 Euro – Für PlayStation 4, Xbox One und PC – USK: ab 18

Wolfenstein II: The New Colossus (PlayStation 4)

Spielspaß - 95%
Gameplay - 88%
Grafik - 85%
Technik - 80%

87%

Ausgezeichnet!

Brutaler Trip durch ein besetztes Amerika mit Shooter-Ikone Blazkowicz. Deutlich ausgereiftes Gameplay überzeugt mit filmreifer Handlung.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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