Hyrule Warriors: Chronik der Versiegelung im Test / Review – Back for Good!
Bei diesem Crossover schnalzen nicht nur Zelda-Fans mit der Zunge
Es ist eine merkwürdige Sache mit den Zelda-Ablegern: Die Reihe hat im Kern nie behauptet, ein narratives Schwergewicht zu sein – und doch hängt für viele Spieler:innen ein erhebliches Maß an emotionaler Bindung an genau diesem erzählerischen Unterbau. Gerade seit „Breath of the Wild“ und „Tears of the Kingdom“ scheint das Bedürfnis größer denn je, dass Ausflüge in Nebengenres diese Mythologie erzählerisch ausbauen. „Hyrule Warriors: Chronik der Versiegelung“ tritt genau mit diesem Anspruch an und macht von Beginn an klar, dass seine Existenz nicht als lose Fantasie im Schatten der Hauptspiele steht, sondern als bewusster Versuch, deren Tonfall einzufangen, ohne den musou-typischen Bombast zu verwässern. Das Ergebnis ist ein Werk, das die Massenschlachten des Genres nicht neu erfindet, aber sie präziser strukturiert, eleganter akzentuiert und erzählerisch ernster verankert als alle Vorgänger.
Die Prämisse knüpft an altvertraute Motive der Reihe an: Ganondorf ist gefangen, aber nicht besiegt – die Siegel wanken und mit ihnen das fragile Gleichgewicht eines noch jungen Hyrule. Als Zelda durch ein Missgeschick in die Frühzeit des Königreichs geschleudert wird, entfaltet sich ein Handlungsrahmen, der weniger auf Überraschungen als vielmehr auf atmosphärische Wiedererkennung setzt. In manchen Sequenzen fühlt man sich an die Erinnerungsfragmente aus „Tears of the Kingdom“ erinnert, nicht selten sogar in direkter Bildsprache. Dabei bleibt die Erzählung angenehm fokussiert. Kein Zeitreisen-Klumpatsch wie beim ersten „Hyrule Warriors“ für WiiU, keine brüchigen Alternativlinien – „Chronik der Versiegelung“ bemüht sich sichtbar, dem erzählerischen Fundament der modernen Zelda-Ära ab BotW gerecht zu werden.
Mechanisch orientiert sich das Spiel an den vertrauten Prinzipien der Dynasty-Warriors-Schule: ein Feld voller Gegner:innen, ein spielbares Quartett pro Mission, zahllose Scharmützel auf eng verknoteten Schlachtfeldern. Dennoch wirkt der Ablauf straffer, die Schlachtverläufe nachvollziehbarer, die Karte kompakter, aber dichter. Die Entscheidung, das Spiel exklusiv für die Switch 2 zu entwickeln, zeigt klare Auswirkungen: Die Bildrate von angepeilten 60fps bleibt selbst dann stabil, wenn Hunderte Feinde gleichzeitig über die Mattscheibe strömen und während die Texturen weiterhin keine allzu grafischen Wunder leisten, wirkt der Stil konsistenter, die Farbpalette sauber aufeinander abgestimmt. Nintendo macht das, was Nintendo traditionell am besten kann: Technisch limitierte Oberflächen durch kohärente Art Direction kaschieren.
Der spielerische Kern besteht weiterhin aus leichten und schweren Attacken, Blocken, Sidestep und einem mächtigen Spezialangriff – der ganze Feindeshorden in Sekunden pulverisiert. Doch wer glaubt, dass hier stumpfes Tastengeklopfe dominiert, wird tatsächlich überrascht: Die Entwickler:innen setzen verstärkt auf ein Elementarsystem, das im Zusammenspiel mit sogenannten Sync Strikes eine vielschichtigere Dynamik erzeugt. Jede Figur verfügt über einen klassischen Spezialbalken, erhält jedoch zusätzlich eine Sync-Leiste, die im Kampf mit Verbündeten interagiert. Verbindet man sich im entscheidenden Moment mit einer anderen Sage, übernimmt man temporär deren Elementarenergie – ein Mechanismus, der im Getümmel für gezielte Umwandlungen sorgt und selbst Routinekombos um neue taktische Möglichkeiten erweitert.
Ein anschauliches Beispiel liefert Raphica, der Rito-Anführer: Seine Kombinationen erzeugen Wirbel aus Windenergie, die in Verbindung mit Feuer oder Blitz augenblicklich zu zerstörerischen Twistern mutieren. Ähnlich funktionieren die Fähigkeiten der Zora-Königin Qia, deren Attacken Wasser gezielt als Kontrollfläche nutzen – etwa, um die schlammigen Schutzschichten gewisser Gegner:innen zu entfernen. Das Besondere daran: Viele dieser Wechselwirkungen laufen nicht als starre Skriptabläufe, sondern reagieren auf die Vielzahl an Zonai-Geräten, die man im Gefecht aktiv verwenden kann. Ob Hydrant, Schocksonde oder mobile Turbine – diese Gerätschaften greifen sinnvoll in die Animationen ein und eröffnen situative Lösungen, wenn benötigte Charakterfähigkeiten gerade im Cooldown verharren.
Der Kampf gegen Hauptmann- und Bossgegner:innen profitiert sichtbar von diesen Verknüpfungen. Statt bloßes Ausweichen und Kombos aneinanderzureihen, zwingt das Spiel zu präzisen Reaktionen auf telegrafierte Angriffe: Passende Elemente einsetzen, ein Zonai-Gerät aufstellen, die Sync-Leiste nutzen, um eine gegnerische Barriere aufzubrechen. Das Ergebnis wirkt weniger chaotisch als in den Vorgängern, ohne die Überwältigungsfantasie des misou-typischen „1 gegen 1000“ zu schmälern.
Die Progression orientiert sich weitgehend am Vorgänger, verändert aber die Prioritäten: Neue Waffen sind seltene Funde, während die eigentliche Weiterentwicklung über den Zonai-Stahl läuft, der nach Aufträgen vergeben wird. Dieses Material dient zur Verstärkung bestehender Waffen, die wiederum über Siegel verfügen, die gezielt in Slots platziert werden können und pro Set übergeordnete Boni freischalten. Die Konsequenz: Statt eines ständigen Waffenwechsels entsteht eine Art langfristige Bindung an ausgewählte Ausrüstung. Für ein Spiel, in dem man ohnehin viel Zeit mit seinen Charakteren verbringt, sinnvoll.
Die Struktur der Missionen verzichtet auf gigantische, weitschweifige Areale – stattdessen setzt das Spiel auf kompaktere, aber komplexer verzweigte Maps, die stärker auf Mikroentscheidungen ausgelegt sind. Outpost erobern, kleine Trupps dirigieren, Engpässe sichern und in kritischen Momenten eine Figur an einen entfernten Frontpunkt wechseln – diese Dynamik erlaubt ein fast rhythmisches Hin- und Herspringen zwischen den vier aktiven Charakteren, das weit mehr als reine Abwechslung darstellt. Das System belohnt vorausschauendes Team-Management, ohne sich aufdringlich zu verkaufen.
Auch erzählerisch findet das Spiel einen besseren Ton als sein direkter Vorgänger. Dieser wurde seinerzeit lautstark dafür kritisiert, die etablierte Lore von „Breath of the Wild“ zugunsten einer alternativen Zeitstrang-Fantasie aufzulösen. „Chronik der Versiegelung“ hingegen bewegt sich erzählerisch zurückhaltender und zeigt, dass es möglich ist, eine musou-typische Kampagne zu erzählen, ohne die erzählerische Identität des Zelda-Kosmos zu verbiegen. Der Fokus liegt klar auf Zelda und ihrer Zeit mit Rauru und den Sagen, aber auch andere Figuren – darunter einige historische Persönlichkeiten, die bisher nur am Rande erwähnt wurden – bekommen Raum, ohne die Dramaturgie zu überladen. Die Videosequenzen wurden allerdings aus „Tears of the Kingdom“ recycled.
- Stürze dich in den Krieg um das antike Hyrule! Begib dich als Prinzessin Zelda, König Rauru und andere legendäre Helden auf das Schlachtfeld, um deine Heimat zurückzuerobern – und erlebe die Geschichte der Invasion durch den Dämonenkönig Ganondorf
- Der jüngste Teil der actiongeladenen Reihe erzählt eine bislang unbekannte Geschichte aus Hyrules längst vergangenen Zeiten.
- Erlebe den Versiegelungskrieg, der zu den Ereignissen in The Legend of Zelda: Tears of the Kingdomgeführt hat.
Abseits der Hauptkampagne entfaltet sich ein ausgedehnter Aufgabenkranz, der nach Abspann weiterspielt. Sammelaufträge, Nebenmissionen, Herausforderungen, freischaltbare Kampffähigkeiten – das Arsenal wächst stetig und füllt die große Weltkarte, die als Knotenpunkt fungiert. Trotz ihrer Masse wirkt die Struktur übersichtlicher. Mechanisch ausgefeilter, strukturell kompakter und technisch endlich auf einem Niveau, das der Größe dieser teils chaotischen Massengefechte gerecht wird. Es bleibt ein musou-Spiel, selbstverständlich, mit all der unvermeidlichen Wiederholung des Genres. Wer jedoch sowohl die Welt von Zelda liebt als auch die kathartische Wucht eines 1000-zu-1-Scharmützels, bekommt hier die bislang rundeste Verbindung dieses Konzepts.
Unser Fazit zu „Hyrule Warriors: Chronik der Versiegelung“
„Hyrule Warriors: Chronik der Versiegelung“ ist ein seltener Fall von spürbarer Weiterentwicklung innerhalb eines notorisch stagnierenden Subgenres. Es versteht die Ästhetik sowie Stimmung von „Tears of the Kingdom“, verbindet sie mit einer dynamischeren, reaktiveren Kampfmechanik und verpackt das Ganze in eine Kampagne, die das Zelda-Universum nicht als Spielzeugkiste behandelt, sondern als respektablen Erzählduktus trotz Kämpfen gegen Zehntausende Gegner. Nicht revolutionär, aber klüger und deutlich näher daran, den Spagat zwischen Fanservice und spielmechanischem Anspruch zu meistern.
Release: Unbekannt | Entwickler: Tecmo Koei | Genre: Hack & Slay | Für Nintendo Switch 2 | USK: ab 12
Hyrule Warriors: Chronik der Versiegelung (Nintendo Switch 2)
Spielspaß - 89%
Gameplay - 88%
Grafik - 83%
Technik - 86%
87%
Empfehlung!
Für Zelda-Fan ein Muss! Spielerisch wie erzählerisch starkes "Warriors"-Spiel, das dank Switch 2 seine technischen Fertigkeiten präsentieren darf.
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