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Metroid Prime 4: Beyond im Test / Review – Notfall? Samus Aran regelt!

Rückkehr einer Heldin nach über 18 Jahren

Sieben Jahre Entwicklungszeit sind im Videospielsegment häufig ein Warnsignal. Zu oft erzählen solche Produktionsgeschichten von kreativen Sackgassen, Reboots im Reboot – nervöse Blick auf Trends, die beim Erscheinen längst wieder verblasst sind. Metroid Prime 4: Beyond trägt diese Bürde von der ersten Minute an mit sich herum – und macht dann etwas Erstaunliches: Es wirkt davon nahezu unbeeindruckt. Nicht modernisiert um jeden Preis, nicht auf Krawall modern gebürstet, sondern gewohnt eigensinnig, beinahe altmodisch. In vielerlei Hinsicht fühlt sich Beyond wie ein Spiel an, das aus einer anderen Zeit herübergerettet wurde. Unsere Review zu „Metroid Prime 4: Beyond“

Der Einstieg in die Handlung setzt den Ton. Samus Aran wird von der Galaktischen Föderation zu einem Einsatz gerufen, der schnell eskaliert: Ein mysteriöses Artefakt, ein groß angelegter militärischer Zusammenstoß, der altbekannte Rivale Sylux, dessen Hass auf Samus zwar präsent, aber erneut nur angerissen bleibt. Als Metroid-Kreaturen beginnen, sich mit Feinden zu verschmelzen und diese zu verstärken, gerät die Situation außer Kontrolle. Das Artefakt aktiviert sich – und Samus findet sich auf dem fremdartigen Planeten Viewros wieder, getrennt von ihren Verbündeten, ihrer gewohnten Überlegenheit beraubt. So muss ein klassisches Metroid-Abenteuer beginnen: Der Neustart ohne den Hauch von thematischer Peilung.

Was folgt, ist in seiner Grundhaltung unverkennbar ein Metroid-Game. Einsamkeit gemischt mit außerirdischen Bedrohungen in kryptischen Ruinen samt einer Welt, die sich uns nicht erklärt, sondern beobachtet werden muss. Samus bleibt weiterhin die coolste Heldin Nintendos, direkt hinter Prinzessin Peach – wortlos, definiert sich nur über Bewegung und Funktionen ihrer Systeme. Neu sind ihre psychischen Fähigkeiten, die sich visuell in violett pulsierenden Akzenten am Anzug manifestieren und spielmechanisch weit mehr sind als ein Gimmick. Mit Gedankenkraft verschiebt sie massive Strukturen, manipuliert Objekte aus der Distanz, verlangsamt die Zeit für präzise Angriffssequenzen. Besonders der neue Kontrollstrahl, eine steuerbare Energieentladung, eröffnet frische Möglichkeiten in Kampf und Rätsel – auch wenn seine Nutzung durch umständliches Umschalten der Visore gelegentlich den Spielfluss bremst.

Beyond nimmt sich Zeit, Samus’ Werkzeuge neu einzuordnen. Beam-Waffen, Raketen, Morph Ball, Doppelsprung – all das kehrt zurück, wird aber zunächst in einer längeren Sequenz eingeführt, bevor der obligatorische Machtverlust einsetzt. Diese Phase funktioniert wie ein sanftes Wiederankommen nach langen 18 Jahren Pause seit Metroid Prime 3: Corruption. Retro Studios versteht es, Vertrautheit herzustellen, ohne sich in krustiger Nostalgie zu verlieren. Auffällig ist vielmehr, wie konsequent neue Gegnertypen und Bosse etabliert werden. Die grotesken Kreaturen, denen man begegnet, gehören zu den besten der Seriengeschichte, sowohl in ihrem Design als auch in ihrer spielerischen Funktion. Jeder größere Kampf verlangt Aufmerksamkeit, Mustererkennung und sauberes Timing – und verzichtet wohltuend auf Fanservice alter Bekannter.

Die Struktur des Spiels folgt einer bewusst klassischen Logik. Fünf große Areale, jeweils mit klaren Progressionszielen, Schlüsselobjekten und markanten Bossbegegnungen. Dazwischen liegt Sol Valley, eine weitläufige Wüstenregion, die als verbindender Knotenpunkt fungiert. Hier zeigt sich Beyond experimentierfreudig – und zugleich angreifbar. Sol Valley ist das erste wirklich zusammenhängende Hub-Gebiet der Serie, inklusive optionaler Schreine, die kurze Puzzle-Herausforderungen bieten und unübersehbar an die jüngsten Zelda-Titel erinnern. Auf dem Papier wirkt das wie eine Öffnung der traditionell verschachtelten Metroid-Struktur. In der Praxis bleibt das Gebiet jedoch erstaunlich leer, atmosphärisch halbwegs stimmig, spielerisch zu oft zäh. Wege ziehen sich, Rückwege fühlen sich nach Arbeit an – das Gefühl von Entdeckung weicht nicht selten bloßem Durchqueren und hoffen, dass dieser Weg mal endet.

Immerhin bringt Sol Valley ein neues Fortbewegungsmittel ins Spiel: Samus’ futuristisches Motorrad namens „Vi-O-La“, das sich über Sand und Lava bewegt und sogar eigene Trainingsareale im Cyberspace besitzt. Diese Abschnitte sind technisch sauber umgesetzt, die Steuerung bleibt passenderweise schwebend und widerständig. Es ist eines dieser Elemente, die bewusst „ungewöhnlich“ wirken – ein Designrisiko, das nicht bei allen Metroid-Fans auf Gegenliebe stoßen dürfte.

Stärker als in der Overworld überzeugt Beyond in seinen klassischen Arealen. Fabrikanlagen, Forschungskomplexe, verlassene Tempel: Jeder Level besitzt eine klare Identität und entwickelt sich im Verlauf sichtbar weiter. Systeme fahren hoch, Maschinen erwachen, Sicherheitsmechanismen werden aktiv. Die Musik reagiert darauf, schichtet industrielle und elektronische Motive übereinander bis ein spürbarer Spannungsbogen entsteht. Diese methodische Progression ist exemplarisch für das gesamte Spiel. Nichts drängt, alles verlangt unsere Aufmerksamkeit. Fast Travel fehlt – und erstaunlicherweise fühlt sich das heute nicht mehr antiquiert, sondern beruhigend an.

Das Leveldesign unterstützt dieses Gefühl. Räume sind nicht nur Kulissen, sondern funktionale Gebilde, die Orientierung erfordern und belohnen. Der Scan-Visor bleibt dabei ein zentrales Werkzeug, um Umweltgeschichten zu entschlüsseln und Hinweise zu sammeln. Wer genau hinschaut, erfährt viel über die untergegangene Zivilisation von Viewros, ohne dass das Spiel jemals in erklärende Monologe verfällt. Man gibt sich nicht dem Normalismus ähnlicher aktueller Titel hin.

Gleichzeitig ist es sicherlich der zugänglichste Serienteil bislang. Spät im Spiel lassen sich Scout-Bots aktivieren, die versteckte Items auf der Karte markieren und das Streben nach vollständiger Erkundung der Umgebung deutlich erleichtern. Purist:innen mögen darüber die Nase rümpfen, doch angesichts der Spielzeit – rund 14 Stunden für die Hauptgeschichte, rund sechs Stunden mehr mit optionalen Aufgaben – ist diese Komfortfunktion eher ein Entgegenkommen als eine Verwässerung.

Technisch präsentiert sich Metroid Prime 4 als Ausnahmetitel für Nintendo. Lichtstimmung, Partikeleffekte und Detailgrad der Umgebungen setzen Maßstäbe für die neue Konsole. Die visuelle Qualität lädt regelmäßig dazu ein, innezuhalten und einfach nur zu schauen. Zwei Darstellungsmodi stehen zur Auswahl, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen, doch unabhängig davon bleibt der Eindruck: Das ist eines der (grafisch) eindrucksvollsten Spiele, die Nintendo seit langem veröffentlichte.

Weniger gelungen ist der Umgang mit Nebenfiguren. Zwar erweitert der Kontakt zu anderen Überlebenden der Teleportation das Storytelling sinnvoll, doch insbesondere der auftauchende Föderationssoldat Myles meldet sich zu häufig zu Wort. Seine Kommentare unterbrechen den Erkundungsfluss, liefern selten neue Erkenntnisse und nehmen der Einsamkeit jene Schärfe, die Metroid traditionell auszeichnet. Auch die zweifelhafte Entscheidung, bestimmte kosmetische Extras ausschließlich hinter Amiibo-Figuren zu verstecken – etwa alternative Designs für das Motorrad oder selbst zusätzliche Musikoptionen – wirkt unnötig kleinlich. Die beworbenen neuen Steuerungsoptionen mit den aktualisierten Controllern sind vorhanden und funktionieren, entfalten ihren Reiz aber vor allem am platten Schreibtisch. Im Wohnzimmer bleibt man meist bei klassischen Steuerungen. Der praktische Nutzen im Gefecht ist begrenzt, zumal der Wechsel zwischen Steuerungsarten nicht immer nahtlos gelingt.

All diese Reibungspunkte ändern zum Glück wenig am Gesamteindruck. Metroid Prime 4: Beyond ist ein Spiel, das sich weigert, jedem modernen Designimpuls zu folgen. Das ist gut. Es läuft, geht Wege zu Fuß, verlangt manches Mal Geduld, setzt auf Struktur statt Effekthascherei. In Zeiten, in der Offenheit oft mit Beliebigkeit verwechselt wird, fühlt sich das fast radikal an. Ja, der Overworld bläht das Erlebnis unnötig auf. Ja, nicht jedes neue Element wie das Bike fügt sich reibungslos ins Spielgeschehen ein. Aber die Kernstärken – Erkundung aus der Ego-Perspektive, exzellentes Leveldesign, eine dichte storybasierte Atmosphäre und ein klares Gefühl von spielerischer Progression – tragen Beyond mühelos.

Unser Fazit zu „Metroid Prime 4: Beyond“

Schlussendlich bleibt ein ambivalentes, aber starkes Bild: Metroid Prime 4: Beyond glänzt dort am hellsten, wo es sich auf seine Wurzeln besinnt. Die Versuche, „darüber hinaus“ zu gehen, wirken mitunter wie ein Fluch, der das Tempo bremst und Leere schafft, wo eigentlich Spannung entstehen sollte. Und doch ist genau dieses Spielgefühl – dieses bewusst Unzeitgemäße – heute vielleicht wertvoller denn je. Beyond liefert immersive Ego-Erkundung auf einem Niveau, das seinesgleichen sucht, mit einigen der besten Areale, die die Serie bisher gesehen hat. Es ist kein perfektes Spiel, aber nach 18 Jahren eine willkommene Rückkehr von Samus.

Release: 05.12.2025 | Entwickler: Nintendo | Genre: Action-Adventure | Preis: 59,99 Euro | Für Nintendo Switch | USK: ab 16

Metroid Prime 4: Beyond (Nintendo Switch 2)

Spielspaß - 83%
Gameplay - 90%
Grafik - 92%
Technik - 87%

88%

Empfehlung!

Spielerisch nicht perfekt, jedoch ist die Metroid-Rückkehr unterhaltsam und präsentiert sich dank frischer Ideen stärker denn je.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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