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„Alan Wake 2“ im großen Test – Schaurig. Spannend. Gutaussehend.

Remedy in seiner besten erzählerischen Form

Gut Ding will viel Weile haben! Dies trifft wohl nicht besser als auf das langerwartete „Alan Wake 2“ zu – jenes erzählerisch schaurige Action-Adventure welches „Control“-Schmiede Remedy vor über dreizehn Jahren startete und jetzt eine wahnsinnig gruselige aber zugleich nahezu perfekte Fortsetzung erhält. Die Weiterführung des Mystery-Thriller setzt auf zwei Blickwinkel – nämlich Alan Wake selbst und eine junge FBI-Agentin. Beide geraten am berüchtigten Cauldron Lake in den Sog der Finsternis, für beide gilt es einen Ausweg zu finden. Ob der Trip erhellend war oder „Alan Wake 2“ zur übernatürlichen Geisterbahn verkommt, klärt unser Test.

Das Remake von „Dead Space“ von „Alan Wake 2“ sind mit überaus großer Sicherheit jene digitalen Abenteuer, welche mich im Spielejahr 2023 am meisten gegruselt haben. Deftige Schockmomente gehen mit spürbarer Adrenalinsteigerung im Blutspiegel einher. So auch in der langerwarteten Fortsetzung zum Erstling von 2010. Dieses brach gewissermaßen aus den Zeitlupen-Shooter Gefilden des schießwütigen Großstadt-Cops „Max Payne“ heraus welche mit seiner Zeit verlangsamenden Gameplay-Mechanik unfassbar stylisch daherkam und zu Zeiten des ersten „Matrix“-Films die Ballereien vom schnöden Baller-Mainstream hübsch abhebte. Passenderweise arbeiten die gleichen Remedy-Entwickler auch am Remake des ersten „Max Payne“ – zumal sich „Alan Wake 2“ mehr als einmal darauf bezieht. Überhaupt schafft Remedy den unwirklichen Spagat nahezu alle ihre bisherigen Arbeiten mehr oder minder offensichtlich in dieses verschachtelt präsentierte Spiel zu packen ohne es als billige Werbefläche oder gar narzisstisch aussehen zu lassen. Creative Director und Co-Star Sam Lake schrieb mit „Alan Wake 2“ eine unglaublich düstere Horrormär, derer nur Stephen King sie übertrumpfen könnten, generell stellt sich alleine durch die grafische Brillanz samt beeindruckend fotorealistischen Gesichtsanimationen sofort eine Sogwirkung ein, wie man sie eigentlich nur aus packenden Filmen oder…eben ja Büchern kennt.

Steigen wir in die Anfänge der Storyline ein – im beschaulichen Küstenort Bright Falls geschehen seltsame Dinge. Menschen verschwinden plötzlich. Ein brutaler Kult attackiert Touristen im Wald. Grausig entstellte Leichen werden wie Wild erlegt und um diverse Organe erleichtet. Dies ruft natürlich das FBI auf den Plan. In Person, die junge aber erfahrene Profilerin Saga Anderson sowie ihr älterer Kollege Alex Casey. Schon bald stoßen Beide auf das mysteriöse Verschwinden rund um Schriftsteller Alan Wake. Während Saga während des großen „Rehfestes“ im kleinen Städtchen ermittelt, verschlägt es Wake im weiteren Verlauf durch ein bizarres New York, wo die unheimlich angriffslustigen Schattenwesen warten. Generell versucht Remedy hier den Kompromiss zwischen ernsthaftem Horror gemixt mit Adventure-Elementen in leichtem „Twin Peaks“-Flair zu schaffen. So durchstreifen wir mal tagsüber das kleine Polizei-Revier, welches man bereits aus dem Erstling kennt, schauen Officer über die Schulter und erwischen amüsante aber durchgeknallte Werbespots, in denen für illegale Wanderungen durch den Nationalpark geworben wird. Doch so gut die Immersion in dedizierten Verhören mit Dialogoptionen auch ist, desto stärker fällt auf, dass NPCs nicht auf Uns reagieren, bis uns zu begrüßen. Dagegen hält die starke visuelle Präsentation. In Wäldern sind die Texturen so natürlich echt, dass wir die matschige Erde am Boden fast riechen können während die Häuserschluchten von New York distanziert, düster erscheinen.

Alan Wake wandelt auf Profiler-Spuren

Die Handlung schafft es mit den wenigen aber gut geschriebenen Figuren den Spieler mitfiebern zu lassen, daher unterlassen wir weitere Angaben, da ihr die Geschichte selbst erleben sollt. Die Arbeit eines FBI-Detectives, oder wie in der ordentlichen aber manchesmal fehlerhaften Deutschen Sprachausgabe auch „Detektiv“, haben sich Sam Lake und sein Team sehr zu Herzen genommen. Der sogenannte Gedankenraum von Saga bildet ein Büro ab mit Beweisstücken und einer Fallwand. Hier verbinden wir Beweise mit Indizien um die Lösung herauszufinden. Problematisch ist einzig, dass diese verpflichtende Mechanik so oft in Sagas Storyline zum Einsatz kommt, dass sie Erstens den Flow zerstört und Zweitens uns bereits klare Fakten nochmal durchkauen lässt. Hätte nicht sein müssen. Ansonsten schwimmt Remedy wohltuend gegen den Strom. Waffen gibt nur wenige und alle sind mit auffindbaren Manusskriptstücken upgradebar. Munition ist rar, Batterien ebenfalls. Bitter, da unsere Leuchte mit starkem Strahl den gruseligen Unholden ihre Rüstung zerstören kann um ihre leuchtend rote Schwachstelle zu offenbaren. Ähnlich wie im Vorgänger lädt sich unser Lebensbalken im greisend hellen Laternenlicht auf, zudem sehen uns Feinde nicht. Doch Vorsicht ist geboten, die Lichtquellen fallen gerne mal aus. Anders als im Vorgänger pfeffert man nicht unzählige auf den Leib, sondern arbeitet mit Atmospähre, völliger Dunkelheit und derben Schocks. „Alan Wake 2“ wird selbst hartgesottenen Horror-Fans noch den ein oder anderen Aufschrei herauskitzeln.

Während die Shoot-Out zwar keine nennenswerte Entwicklung erfuhren, dennoch spaßig sind, darf die musikalische Untermalung gelobt werden. Natürlich mit der Haus und Hofband „Old Gods from Asgards“, welche schon bei Control und anderen Remedy-Projekten dank ihres markanten Wikinger-Rocks auffielen sind hier oftmals prominent vertreten. Desweiteren sind die Instrumentalstücke während unserer Ausflüge durch dunkle Gebiete sowie nach jedem Abschnitt nicht bloß Beiwerk sondern unterstützen die wunderbare dichte Stimmung. Gehetzte Geigen und düstere Drums geben in hektischen Sequenzen den Ton an und wollen den situationsbedingten Stress auditiv verstärken. Grafisch setzt Remedy mit ihrer hauseigenen „Northlight“-Engine neue Maßstäbe. Neben einer fantastischen Ausleuchtung der zu besuchenden Gebieten darf man sich über dynamische Animationen freuen. Da taucht die untergehende Sonne die gesamte Mirror Peak-Region in sanftes Orange während unsere Taschenlampe durch die wildwucherenden Büsche blitzt. Remedy prasselt unkonventionelle Bilder im Gewand von konventionellem Horror auf ihr Publikum, was zweifellos einen schicken „Arthouse“-Anstrich gibt. Fehlerhaft übersetzt, zu spät auftauchend oder nicht vorhanden – dies trifft leider auf die Untertitel zu. Da folgt hoffentlich noch ein Update. Über die Clippingfehler und trotz gewähltem Leistungsmodus in den Einstellungen einbrechende Framerate schauen wir jedoch gerne hinweg.

Alan Wake
  • Genre:Adventure, Third-Person-Shooter
  • Plattform:Microsoft Xbox 360
  • Auslieferungsmedien:DVD-ROM

Unser Fazit zu „Alan Wake 2“

Das Warten hat sich gelohnt! Die Odyssey von Alan Wake erhält mit dieser Fortsetzung eine sinvolle Erweiterung und passt sich ganz ohne Anbiederung an aktuelle Standards ran, ohne seine Wurzeln zu verstecken oder sie verwischen zu wollen. Das Gameplay bleibt klassisch, überzeugt jedoch, wenngleich die Fallakten-Wand nicht gerade meinen Geschmack traf. Dafür begeistern die grandios gezeichneten Figuren inklusiver einer wendungsreichen Storyline, in der nichts ist wie es scheint und Remedy sich und andere Werke zigmal zitiert – nur um daraus eine Reflektion zu schaffen. Alleine die verschachtelte Handlung katapultiert diese Horrorgeschichte in die Top 5 des Spielejahres 2023. Da jauchzt selbst Stephen King!

Release: 27.10.2023 | Entwickler: Remedy | Genre: Horror-Adventure | Preis: 59,99 Euro | Für PlayStation 5, Xbox Series und PC | USK: ab 18

Alan Wake 2 (PlayStation 5)

Spielspaß - 92%
Gameplay - 86%
Grafik - 95%
Technik - 85%

90%

Ausgezeichnet!

Da jauchzt selbst Stephen King! Remedy zelebriert mit "Alan Wake 2" ein doppelbödiges Horror-Spektakel mit kreativen Einfällen, toller Grafik und meist guten Neuerungen.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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