Eine Fortsetzung, die einfach nur weitererzählt anstatt ihre Geschichte zu Ende erzählen wollen. Nein, Wicked: Teil 2 gehört nicht zu dieser Kategorie. Die allzu märchenhafte Handlung steigt ohne große Aufwärmphase ein, versucht im Wust von Handlungssträngen ihren Ton zu finden und macht früh klar, dass Regisseur Jon M. Chu hier weniger auf Glitzer sondern mehr Konsequenzen setzt. Die visuelle Opulenz bleibt, doch darüber legt sich ein düsterer Schatten, der dem Musical-Kosmos von Oz eine neue, bewusst ernstere Schicht verleiht. Wer Teil 1 gesehen hat, wird schnell merken, dass dieser zweite Teil tiefer an die emotionale Substanz geht. Unsere Kritik zu „Wicked: Teil 2“
Mit mehr als 758 Millionen US-Dollar Box-Office sowie gleich zwei Oscar-Prämierungen war „Wicked“ im letzten Jahr ein voller Erfolg für die Universal Studios. Dass das zugrundeliegende Musical jedoch in zwei Teilen im Kino laufen sollte, war nicht allen Fans klar, bis zu dem Zeitpunkt in dem sie während der Vorstellung selbst den kaum unwesentlichen Zusatz „Teil Eins“ lasen. Nun war es soweit, der Abschluss von Galinsas und Elphabas Weg flimmert in den Lichtspielhäusern. Erneut verkörpert von Ariana Grande sowie Cynthia Erivo. Die Handlung von Teil Zwei setzt unmittelbar nach den Ereignissen des ersten Films an: Elphaba, offiziell zur meistgesuchten Hexe des Landes erklärt, lebt im wäldlichen Exil und kämpft weiter gegen das Unrecht des Regimes. Ihre Verbundenheit zu den sprechenden Tieren von Oz ist längst nicht nur politisch, sondern persönlich – samt ihrer Entscheidung, in den Untergrund zu gehen, ist eine direkte Folge der Manipulationen des Zauberers, die nun in vollem Umfang sichtbar werden. Gleichzeitig erlebt Glinda in der Smaragdstadt eine gegensätzliche Situation: Sie wird gefeiert, hofiert, instrumentalisiert. Ihr Bild als „gute Hexe“ eignet sich hervorragend für die politische Bühne für die finsteren Machenschaften des Zauberers und Madame Akaber (Michelle Yeoh). Hinter den Kulissen bröckelt jedoch ihre Gewissheit, und die Distanz zu Elphaba wiegt schwerer als jede öffentliche Anerkennung.
Diese Dynamik ist das emotionale Zentrum des Films. Die Beziehung beider Figuren – einst von Neugier und Reibung, später von echter Freundschaft geprägt – ist hier komplett zersplittert. Doch die Risse erzählen mehr als jede liebenswürdige Wiederannäherung. Sie zeigen ganz nüchtern, wie sehr Loyalität unter Druck geraten kann, wenn Erwartungen und Ideologien aufeinanderprallen. Die geplante Hochzeit Glindas mit Fiyero, die im ersten Film nur angedeutet wurde, ist nun ein entscheidender Motor für neue (ausstehende) Konflikte. Dass ausgerechnet Fiyero selbst hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen, bringt zusätzliche Spannung hinein, ohne jedoch zu melodramatisch zu wirken.
Regisseur Jon M. Chu (Crazy Rich) führt sein Ensemble diesmal auf stärker verdichtete Wege. Der Fokus liegt weniger auf Schauwerten wie im Erstling – auch wenn die Ausstattung samt toller Kostüme unverkennbar wieder zu den Highlights zählt – und deutlich mehr auf den Mechanismen der Macht. Wo der Vorgänger noch breit vom Entdecken der eigenen Identitäten erzählte, richtet Teil 2 den Blick auf Verantwortung: Was passiert, wenn eine Entscheidung, moralisch richtig oder falsch, unweigerlich Folgen hat? Und was bedeutet „Gerechtigkeit“ in einem System, das von Propaganda durchdrungen ist? Problem hier: „Wicked: Teil Zwei“ hat selbst für eine Fortsetzung zu viele Handlungsstränge, welche oder minder gut oder halbwegs erklärbar abgeschmeckt sind. Vieles wirkt zu halbgar um emotional zu sein – bestens an Hoq (Ethan Slater) und Elphabas Schwester Nessa (Marissa Bode) veranschaulicht. Ihre Beziehung wirkt trotz gemeinsamer Dialoge niemals griffig, gar glaubhaft. Nur behauptet.
Die musikalischen Sequenzen bleiben ein wesentlicher Bestandteil, doch sind sie etwas klarer in die Dramaturgie eingebettet. Einige Nummern tragen spürbar die Last der Ereignisse, andere wirken wie bewusst gesetzte Konterpunkte. Kaum ein Song hat die Prägnanz der Bühnenvorlage, aber die große musikalische Geste des Stoffs bleibt erhalten. Auch die Choreografien fügen sich gut in das Gesamtbild ein.

Optisch spielt der Film erneut souverän mit Kontrasten: Die Smaragdstadt strahlt in eleganter Künstlichkeit, während Rückzugsorte von Elphaba – Außenbezirke und Wälder, natürlicher und ungeschliffen daherkommen. Diese visuelle Gegenüberstellung verstärkt die thematische Trennung zwischen Inszenierung und Authentizität. Besonders gelungen sind jene Passagen, in denen der Film zeigt, wie Bilder konstruiert werden – wie Glinda zur Symbolfigur gemacht wird, und wie das Regime seine Feindbilder mit anschließender Ausgrenzung gestaltet. In diesen Momenten schärft Wicked: Teil 2 seine eigene politische Note und weist weit über typische Musical-Konventionen hinaus.
Erzählerisch allerdings wirkt der Film leider viel zu oft gehetzt und inkonsistent. Manche Übergänge erscheinen abrupt, manche Nebenfiguren treten plötzlich auf, liefern wichtige Informationen und verschwinden wieder, bevor man ihr Gewicht richtig einordnen kann. Man spürt deutlich, dass zwei Filmen die Aufgabe zukam, eine umfangreiche Bühnenhandlung abzubilden – und dass Teil 2 nun die Verdichtung leisten muss, die der erste Teil dank vorherrschender Exposition vermied. Das führt zu einigen erzählerischen Sprüngen, die nicht immer elegant wirken.
- Grande, Ariana, Erivo, Cynthia, Goldblum, Jeff (Schauspieler)
- Chu, Jon(Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 6 Jahren
Dennoch gelingt es „Wicked: Teil 2“, seine Schwerpunkte klar zu setzen: Es geht um Freundschaft, um Widerstand, um Rollenbilder, die andere für einen entscheiden. Besonders intensiv sind jene Szenen, in denen Elphaba mit den Konsequenzen ihrer eigenen Legende konfrontiert wird. Ihr Ruf als „Böse Hexe“ ist bereits größer als sie selbst, und der Film findet starke Bilder für eine Figur, die mit der eigenen Mythologie ringt. Glinda wiederum erlebt den Preis des öffentlichen Scheins – ihre heitere, perfekte Maske wird zur Last, die sie kaum noch tragen kann. Zur Wahrheit gehört aber auch der Fakt, dass Teil Eins wesentlich runder somit zugänglicher für das Publikum war.
Wicked: Part Two. USA 2025. Verleih: Universal. Regie: Jon M. Cho. Mit Ariana Grande, Cynthia Erivo, Jonathan Bailey. Genre: Musical. 138 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Disclaimer: Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Wicked: Part Two“ gibt es hier.
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