Vom Crowdfunding-Projekt zum absoluten Hit-Giganten – Entwickler Warhorse Studios gewährte uns auf der aktuell stattfindenden gamescom 2024 einen genauen Blick auf ihr kommendes Mittelalterspektakel. Von amüsant-üblen Wortgefechten im feinst dargebotenen Denglish bis hin zu einem riskanten Schwertraub des Nachts zur Wiederherstellung von geraubter Ehre – „Kingdom Come: Deliverance II“ präsentiert sich als wahrhafter Fortsetzung ohne Scheu auf die Karte knallharte Authentizität zu setzen – unsere ersten Eindrücke vom Besuch beim Publisher Plaion.
Wäscheleinen an denen bunte Textilien ihr Dasein fristen während mit Kissen gepolsterte Holzfässer vor emsig laufenden Computern samt wärme ausstrahlenden Bildschirmen nicht den derben Jargon üblicher Gespräche im Jahr 1403 innerhalb Böhmens verschleiern können. Termine auf der gamescom sind terminliche Wundertüten. Meist erhält man Einblicke in laufende Entwicklungsprozesse, darf Spielmechaniken vor der breiten Öffentlichkeit begutachten und mit Glück sogar selbst zum Controller greifen. Dies geschah am späten Nachmittag bei „Kingdom Come: Deliverance II“, jenes Spiel welches zurecht seit Ankündigung heiß erwartet wird. Entwicklerschmiede Warhorse Studios versicherte, dass man bei der Fortsetzung des mit Crowdfunding-unterstützten Titels ebenfalls auf ein authentisches Mittelalter als begehbare Spielwelt setzt. Zudem soll der Fokus klar auf ein immersives Action-RPG liegen.
Das Team nahm sich vor das Storytelling lebendiger zu gestalten, dies gelang, wenngleich wir auch nur einen recht kurzen Einblick in die raubeinige Welt der Rittersleut, Saufbolde und Adeligen erhielten. Unser Ausflug mit Protagonist Heinrich aka Henry begann nämlich direkt mit dem Gesicht zu Menhard von Frankfurt gedreht. Die Aktion zur Konversation ist der Beginn unserer Quest, welche sich erst nach einigen wahrlich derb geschriebenen Wortgefechten offenbart. Was hier auffällt: Die lebendige Mimik aller Figuren. Kein Vergleich zu „Starfield“. Statt emotionsloser Fratzen fallen bewusste Augenkontakte samt ablesbarer Emotionen hier äußerst positiv auf. Gleiches gilt für die Stimmenauswahl. Während unserer Session huschte uns das ein oder andere Schmunzeln über die Lippen. Denn der gute Menhart sprach feinstes Denglisch. Unsere aus dem Erstling bekannte Heinrich wiederum akzentfreies Englisch. Mehrere Dialogoptionen stehen uns wie gewohnt zur Verfügung wobei sich die Tonalität und die Art entscheidet. So ist ein „Schweig still!“ deutlich ablehnender als eine länger formulierte Antwort. Nichtsdestotrotz entließ uns der Abschnitt auch in die offene Welt. Was soll ich sagen? Ein typisches Dorf im Mittelalter. Die NPCs gehen ihrem Tagesablauf nach, so scheint es auch, der Zeit entsprechend sich zu verhalten. Heißt: Nachts ist deutlich weniger los als während des Tages. Rempelt man bei eiligen Sprints also andere Bürger:innen an, bekommt man verbal einen heißen Satz Ohren verpasst.
Unsere sich aufgebaute Quest war recht simpel jedoch atmosphärischer als vermutet. Wir mussten ein bestimmtes Schwert für eine Person stehlen deren Ehre in Ungnade fiel. Hierfür galt es ein bestimmtes Haus zu infiltrieren. Dies gelingt selbstredend bestens in der Nacht. Kein Problem für uns – per Menü spulen wir einfach mehrere Stunden vor. Idealer Vorteil: Unsere Figur regeneriert währenddessen. Kraft samt Gesundheit steigen. Zudem nimmt Warhouse Studios ihren gesetzten Realismus durchaus ernst. Sei es die Ausdaueranzeige. So verbrauchen Schlägereien und Sprints durch die Heide massig an Ausdauer, die sich nur langsam wieder füllt. Durch sammelbare Speisen können wir dies beschleunigen. Um nicht ständig in Ärger zu geraten ist die Kommunikation enorm wichtig. Erlernen wir per Upgradebaum neue Möglichkeiten Streits mit Kompromissen zu lösen oder verkleiden wir uns als Adliger sehen andere NPCs von deratigen Konfrontationen eher ab. Man merkt wie viel Arbeit und Fleiß die Entwickler:innen in ihr Mittelalter-Abenteuer steckten. Spätestens beim Minispiel des Schlösserknackens, wo es gilt eine Kugel erst in einen bestimmten Bereich zu schieben und dann per Drehen zu öffnen ist doch Fingerspitzengefühl gefragt.
Zurück zum Heist: Nach einer kleinen Lagebesprechung in der örtlichen Bierschenke suchen wir das Haus im westlichen Teil des Dorfes auf und gehen schleichend auf Fang. Keine Wachen. Keine anderen Hausbewohner:innen. Sieht gut aus. Oder doch zu ruhig? Egal. Ab eine Etage höher. An der Wand hängt das Objekt der Begierde – das glänzende Langschwert. Unerwartet ein Geräusch. Ist doch jemand hier? Tatsächlich eine Wache. Doch was ist nun? Beim Anblick von Uns geht sie auf die Knie? Plötzlicher Magnesiummangel? Mitnichten – eher Angst vor uns. Eine zweite Wache meint es hingegen ernster. Im Anschluss folgt die Flucht durch Gassen und über Felder. So endet auch leider schon unser Ausflug in die bemerkenswert detaillierte Welt von „Kingdom Come: Deliverance II“. Und tatsächlich es ist möglich ein Mittelalter-Videospiel ganz ohne verwunschene Königssöhne und Drachen zu produzieren, in das wir zu gerne noch einige Stunden Spielzeit setzen möchten.
Die gamescom ist das weltgrößte Event rund um Computer- und Videospiele und Europas größte Business-Plattform für die Games-Branche. 2024 findet die gamescom von Dienstag, den 20. August bis Sonntag, den 25. August 2024 in Köln und Online statt.