Honor 8 Pro im Test: Gut genug, aber nicht High-End
Nachdem Honor letztes Jahr mit dem Honor 8 einen der Preis-Leistungs-Kracher des Jahres vorgestellt hat, blieb es im Oberklasse-Segment der Huawei-Tocher nun ziemlich lange ruhig. Bis man vor rund zwei Wochen dann hierzulande das Honor 8 Pro vorgestellt hat – in Asien war das Gerät bereits als Honor V9 unterwegs. Ob man an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen kann, schauen wir uns im Test an, denn seit der Vorstellung im Berliner ZEISS Großplanetarium begleitet mich das Honor 8 Pro im Alltag.
Beim Blick auf die technischen Daten fällt direkt auf, dass Honor nicht gespart hat. Flotter SoC, jede Menge RAM, DUAL-Kamera, QHD-Display und Speicher satt. Hier die Daten in der Übersicht:
- 5,7 Zoll QHD+ Display (2560×1140 Pixel), Gorilla Glass 3
- Kirin 960 Octa-Core SoC mit 4×2,4GHz und 4×1,8GHz
- 6GB RAM, 64GB interner Speicher, Erweiterung per Micro-SD Slot möglich
- LTE, GPS, WiFi nach a/b/g/n/ac Standard, WiFi Direct Support, 2.4 und 5GHz, Bluetooth 4.2 inkl. BLE Support, NFC
- USB Type C Anschluss (High Speed USB 2.0)
- Fingerprint Sensor, G-Sensor, Gyroscope sensor, Compass, Ambient Light Sensor, Proximity sensor, Hall sensor, Barometer, IR
- Dual-Lens-Kamera, 12MP Monochrome Sensor, 12MP Color-Sensor, F2.2, 4K Video Aufnahme, Dual-Tone-Flash, 8MP Front Kamera
- Android 7.0 Nougat, EMUI 5.1
- 4000mAh Akku
- Maße: 157 x 77.50 x 6.97 mm
Die Daten lesen sich durchwegs gut, insbesondere das extrem schlanke Gehäuse trotz fettem Akku fällt hier auf. Ansonsten sind die technischen Daten eine Mischung aus dem aktuellen P10 Plus und dem Huawei P9 von letztem Jahr. Die technische Basis ist dabei vom aktuellen Flaggschiff, während das Kamera-Modul vom Vorjahresmodell stammt. Softwareseitig ist man mit Android 7.0 auf dem aktuellen Stand, das sollte bei einem Gerät der Oberklasse aber eh Standard sein.
Was schon beim Auspacken dann direkt auffällt ist das Gehäuse. Honor setzt hier wie gewohnt auf Aluminium, mein Testgerät kommt zudem in schickem Blau daher. Die Farbe ist natürlich Geschmackssache, mir gefällt es, ist einfach mal was Anderes. Das Gehäuse ist ansonsten ein Unibody und wirkt sehr stabil.
Apropos Stabilität: Eigentlich machen wir hier keine Durability- oder Drop-Tests, weil… naja, irgendwer anderes wird das schon machen und wir zerstören hier nur ungern Smartphones. Außerdem müssen wir die Testgeräte ja auch zurückgeben. Manchmal passiert es aber auch ungewollt und so kann ich sagen: Einen Sturz aus knapp 60-70cm Höhe auf den Fliessenboden hat das Honor 8 Pro nahezu unbeschadet überstanden. Lediglich ein unschöner Kratzer zeugt von dem Malheur – Display und die generelle Funktion sind aber unbeschadet davongekommen. Außerhalb von ungeplanten Stürzen ist das Gehäuse aber auch recht anfällig für Kratzer. Binnen einer Woche hatte ich schon mehrere kleinere Kratzer in der Rückseite, wo dann das blanke Alu zu sehen war – ein Nachteil des blauen Modells.
Die Haptik ist ansonsten sehr gut, das Honor 8 Pro liegt angenehm in der Hand und im Gegensatz zu beispielsweise dem Mate 9 ist die Rückseite auch nicht mehr so rutschig. Die Tasten haben zudem einen guten Druckpunkt und der Fingerprint-Reader ist mühelos zu erreichen. Trotz der Größe ist es auch im Alltag noch gut mit einer Hand zu bedienen – allerdings habe ich auch recht große Hände.
Display
Das Display misst wie erwähnt 5,7“ und löst mit 2560×1140 Pixeln auf. Die Darstellung ist dem entsprechend angenehm scharf und auch Farben gefallen, könnten aber etwas weniger gesättigt sein. Durch das IPS Panel sind die Blickwinkel auch angenehm groß, Farbinvertierungen gibt es nicht, lediglich bei extremen Winkeln dunkelt es etwas ab. Die Helligkeit reicht auch locker aus, um damit selbst in der Mittagssonne noch alles ablesen zu können. Die Farben wirken allerdings etwas überdreht, was zwar beim Gaming nett aussieht, im Alltag aber dann eher nicht so.
Schön sind auch die Optionen zur „Augenschonung“ – so kann man den Blaulicht-Anteil reduzieren, was insbesondere in den Abendstunden helfen und zu einem gesünderen Schlaf verhelfen soll. So richtig konnte ich die Wirkung nicht nachvollziehen, aber da die Wirkung an sich auch bereits in Studien bestätigt wurde, liegt es vielleicht auch einfach an mir. Wer weiß.
Ein weiteres Features, dass das Display – oder besser gesagt dessen Auflösung – ermöglicht, ist die Nutzung von VR-Inhalten. Vorinstalliert ist dafür Jaunt VR, die Originalverpackung lässt sich zudem in eine rudimentäre VR-Brille verwandeln. Das hat im Test jetzt nicht so wirklich überzeugt, die Darstellung ist pixelig, unscharf und an den Rändern erkennt man fast gar nichts mehr. Mit einem ordentlichen VR-Headset für das Honor 8 Pro mag es da aber schon anders aussehen, die rudimentäre Brille in der OVP soll wahrscheinlich eher einen ersten Eindruck bieten. Ob man nach dem Eindruck noch Interesse hat, in eine richtige VR Brille zu investieren, bleibt allerdings fraglich.
Ansonsten reagiert das Display präzise auf Touch-Eingaben, Verzögerungen oder falsche Erkennung von Berührungen gab es in meinem Testzeitraum nur sehr selten.
VR ist dann aber auch der einzige Grund für die höhere Auflösung. Lege ich das Honor 8 Pro neben ein minimal größeres Mate 9 mit geringerer Auflösung sehe ich keinerlei Unterschied. Klar: Geht man auf 10cm an das Display heran sieht man es, auf normale Entfernung aber nicht.
Software
Zum Einsatz kommt hier wie schon erwähnt Android 7.0 mit dem von Huawei bekannten EMUI Overlay in Version 5.1. Optisch gibt es also einige Unterschiede zur Standard Android-Optik, allen voran der Standard-Launcher. Honor verzichtet hier standardmäßig auf den App-Drawer und alles erinnert auch sonst ein wenig an Apples iOS. Ein App-Drawer lässt sich aber über die Einstellungen aktivieren, sodass nicht alle Apps auf den Homescreens verteilt liegen müssen. Ansonsten kann der Standard-Launcher auch schon nicht mehr viel. Auf eine mittlerweile allgegenwärtige Zusatzseite mit Kalendereinträgen usw., wie sie z.B. HTC oder Samsung mit ihren eigenen Assistenten anbieten verzichtet Honor – wer so eine Zusammenfassung sucht, findet sie vorinstalliert in der Google App.
Apropos vorinstallierte Apps: Hier gibt es einige. So sind die Standard Google Apps wie Maps, YouTube, Google Suche, usw. natürlich vorinstalliert, zusätzlich gibt es aber auch Apps wie diverse Gameloft Spiele, einen Datei-Explorer, diverse Honor/Huawei Tools und generell viele Spieleverknüpfungen. Das alles lässt sich aber zum größten Teil auch deinstallieren, wenn nicht benötigt.
Schön finde ich, dass in EMUI 5.x auf das eigene Notification-System verzichtet wurde und stattdessen die Android 7.0 Notifications genutzt werden. Dadurch gibt es die üblichen Fehler aus EMUI 4.x mit ausbleibenden Benachrichtigungen nicht mehr bzw. nur noch sehr selten. Aufpassen sollte man hier, wenn man von einem anderen Gerät umzieht: Apps die per Backup oder Phoneclone wiederhergestellt werden neigen dazu, keine Benachrichtigungen anzuzeigen. Gerade GMail und Whatsapp sind dafür bekannt. Ansonsten konnte ich hier keine der in früheren Versionen üblichen Probleme feststellen.
Auch so ein Problem waren bei älteren Versionen das rigorose Energie- und RAM-Management. Beides wurde nun deutlich eleganter gelöst und der Nutzer muss nicht erstmal seine Apps „freigeben“, damit sie nicht ständig geschlossen werden, sondern kann einfach festlegen, welche Apps z.B. bei gesperrtem Display geschlossen werden sollen. Die neue Regelung ist da deutlich nutzerfreundlicher.
Aber auch Features hat Honor integriert, wie zum Beispiel der schon erwähnte Modus zum Augenschonen. Die von Huaweis Flaggschiffen gewohnten Knöchelgesten sind ebenfalls vorhanden und über den Fingerprint-Reader lassen sich auch diverse Gesten ausführen. So könnt ihr darüber die Notifications öffnen oder durch Bilder Scrollen. Ebenfalls an Bord sind die diversen Tools zur Einhandbedienung und dem Schnellzugriff – alles Features, die wir schon von den Huawei Geräten kennen.
Eine Besonderheit ist die Jaunt VR App, die bereits vorinstalliert ist. Hier bekommt ihr direkt passende VR-Inhalte angeboten, um sie beispielsweise über die beiliegende „VR-Brille“ zu betrachten. Die Steuerung ist dabei über die Augen möglich, es braucht also keine extra Controller oder ähnliches. Wirklich genutzt hab ich die App allerdings ehrlich gesagt nicht. Der Content ist ok, die Faltbrille aus der Verpackung allerdings nicht so. Spaß hat die Nutzung daher nicht so recht gemacht. Mit einer besseren Brille aber vielleicht noch einen Blick wert.
App Twin ist dann auch noch so eine Sache, die gerade Nutzern von zwei SIM-Karten gefallen dürfte – auch wenn die Anwendungsgebiete noch recht klein sind. Über App Twin lässt sich eine App in zwei Instanzen installieren, also beispielsweise kann man Whatsapp damit auf beiden eingelegten SIM-Karten nutzen. Unter den von mir installierten Apps sind allerdings bislang nur WhatsApp und Facebook kompatibel.
Insgesamt läuft das System flüssig und ohne störende Aussetzer oder Ruckler. Im Alltag ist es mehr als performant genug und Abstürze, ungewollte Neustarts oder ähnliches gab es nicht. Abgesehen davon, dass das System noch nicht auf dem allerneuesten Stand ist, gibt es seitens der Software also kaum Grund zur Beschwerde.
Wo wir bei der Performance wären. Wie schon erwähnt lief das System im Alltag flüssig und ohne Ruckeln oder Haken. Natürlich gibt’s hier aber auch ein paar Benchmarks zur Vergleichbarkeit. Hier sollte man aber immer bedenken, dass so ein Benchmark nur ein theoretischer Wert ist, die tatsächliche Performance hängt eher von der Anpassung zwischen System und Hardware ab. Dennoch viel Spaß mit den Ergebnissen 😉
Was auffällt: Die Ergebnisse fallen trotz gleichem SoC und mehr RAM niedriger aus, als beim HUAWEI Mate 9. Das liegt sehr wahrscheinlich daran, dass das Mate 9 eine bessere Kühlung verwendet, sodass das System nicht so stark drosseln muss bei beständiger, hoher Last. Im Alltag bemerkt man den Unterschied letztlich aber nicht. Während der Benchmarks und Spielen wird das Honor 8 Pro recht warm, längere Gaming-Sessions können da schon unangenehm werden.
Kamera
Bei einem Smartphone das ganz oben mitspielen will, muss auch die Kamera passen. Verbaut ist eine Dual-Kamera, vermutlich handelt es sich um das gleiche Modul wie im älteren Huawei P9. Zumindest setzt das Honor 8 Pro wie eben das P9 auf zwei 12 Megapixel-Sensoren, einer davon nimmt Fotos ausschließlich Schwarz-Weiß auf. Standardmäßig nimmt die Kamera immer simultan mit beiden Sensoren ein Foto auf und fügt diese Aufnahmen dann zusammen. Der Monochrom-Sensor kann allerdings auch separat genutzt werden – diese Option fehlte im Honor 8 vom letzten Jahr noch komplett.
Das Interface der Kamera App ist angenehm aufgeräumt, die verschiedenen Optionen und Bildmodus sind schnell erreichbar. Ein Wisch von Links öffnet das Modus-Menu, ein Wisch von rechts die Einstellungen des ausgewählten Aufnahmemodus. Neben Fotos im jpg Format sind im Profi-Modus auf Aufnahmen im RAW-Format, also dem „digitalen Negativ“ möglich. Dieses bietet in der Regel mehr Bearbeitungsmöglichkeiten, zeigt aber gerade bei Nachtaufnahmen ein starkes Rauschen. Das lässt dann auch gut erkennen, wie viel Nachbearbeitung das Smartphone durchführt, ohne dass wir Nutzer es mitbekommen.
Insgesamt sind die Fotos, die das Honor 8 Pro abliefert, sehr gut. Mit den aktuellen Flaggschiffen kann es mangels Bildstabilisator nicht mithalten, auch bei den Details und der Performance bei schlechtem Licht muss es sich geschlagen geben. Gerade der Automatik-Modus beispielsweise in einem Samsung Galaxy S7 oder Apple iPhone 7 ist noch eine ganze Ecke besser. Aber all das ist schon Meckern auf hohem Niveau, eine Kompaktkamera oder ähnliches braucht man auch mit dem Honor 8 Pro definitiv nicht mehr extra mitschleppen.
Gerade wer auch gerne mit Einstellungen herumspielt, auch mal monochrome Aufnahmen machen will und generell experimentierfreudig ist wird mit der Kamera im Honor 8 Pro seine Freude haben. Da ist der nicht perfekte Automatik-Modus dann auch schnell vergessen. Mit etwas Glück und Fingerspitzengefühl bekommt man auch ganz gute Effekte im „Große Blende“ Modus hin. Hier simuliert das Smartphone durch Software und Mehrere Bilder eine Blende, wie man sie aus Spiegelreflexkameras kennt. Funktioniert nicht perfekt, aber ganz ok. So wirklich ausgereift ist das ganze bislang bei keinem Hersteller.
Neben den üblichen Verdächtigen wie dem HDR-Modus, Nachmodus oder Panoramaaufnahmen gibt es aber auch eine Neuerung: Den 3D-Creator. Damit lassen sich Gesichter in 3D „erschaffen“, indem man im entsprechenden Modus einmal mit der Kamera um das Gesicht herumfährt. Diese lassen sich dann auf animierte Figuren setzen und verkleiden etc. Dauerte leider alles relativ lange und scheint recht rechenintensiv zu sein – abgesehen von einer kurzen Spielerei hab ich den Nutzen bisher auch noch nicht so recht entdeckt.
Akku
Satte 4000mAh fasst der Akku im Honor 8 Pro – trotz des sehr schlanken Gehäuses. Das reichte bei mir locker über den Tag, selbst bei starker Nutzung lief es mühelos von morgens bis abends durch. Wo möglich liefen dabei alle Dienste wie Twitter, Mail-Client, Messaging Apps usw. mit Push Notifications oder durchgehender Synchronisierung. Abends hatte ich dann im Schnitt noch um die 30% Restakku.
Einen Benchmark zur Vergleichbarkeit gibt’s natürlich auch. Wie immer war das Display dabei auf 50% Helligkeit gestellt und WLAN aktiv. Durchgehalten hat es rund sechs Stunden mit aktiviertem Display und gemischter Nutzung – ein eher mittelprächtiger Wert. Da halten andere Geräte weitaus länger durch.
Zusammengefasst
Insgesamt hinterlässt das Honor 8 Pro ein „gut genug“ Gefühl – die Euphorie wie beim kleineren Honor 8 kommt nicht so recht auf. Woran das liegt? Vor allem am Preis: 549 Euro sind ein ziemlich hohes Ziel, wenn man sich die Konkurrenz in diesem Preisbereich ansieht. Zeitweise bekommt man dafür schon ein Huawei Mate 9 mit besserer Kamera, auch Konkurrenten wie das Galaxy S7/Edge bekommt man in diesen Regionen – wer nicht das neueste Modell braucht kann sogar mit etwas Glück ein kaum gebrauchtes iPhone 6s zu diesem Preis ergattern. Das macht es wirklich schwer hier eine Empfehlung auszusprechen, denn 549 Euro sind gefühlt einfach zu viel, die Konkurrenz in diesem Bereich ist sehr stark und da hat das Honor 8 Pro einfach das Nachsehen.
Die Kernfeatures wie 6GB RAM und VR-Support sind zwar ganz nett, bedeuten in der Praxis bislang aber kaum einen Vorteil. Kleinigkeiten wie der schlechte Lautsprecher an der Unterseite und die generell eher mäßige Audio-Performance tun dann ihr Übriges zum Eindruck, dass bei dem Preis einfach irgendetwas fehlt.
Oh und noch so ein Haken: Das Honor 8 Pro wird es vorerst exklusiv in Honors vMall und bei O2 geben. Auf schnell sinkende Preise brauchen wir also wohl leider nicht hoffen.