Jazzopen Stuttgart 2019: LP & Jamie Cullum in Concert
Die Jazzopen ohne Jamie Cullum wären mittlerweile gar unmöglich – bereits zum sechsten Mal begeistert der musikalische Wirbelwind aus England das Festival-Publikum. Im Vorfeld lenkte Künstlerin „LP“ von regelmäßigen Regenschauern ab.
Im Regen
Kurz nach seinem Sprung vom Klavier spurtet er zum Bassisten um seine gespielten Klänge gar aufzusaugen, während mitten er im Song wieder Pianotöne in Freestyle-Manier anstimmt. Jamie Cullum gilt mittlerweile als feste Größte im Pop-Jazz und im gesamten Festival. Zum sechsten Mal trat er gestern auf dem altehrwürdigen Stuttgarter Schlossplatz auf. Kam er noch trocken und mit dunklem Jackett raus, änderte sich dieses Outfit zum nassen Shirt mit nicht minder feuchten Haaren. Gleiches galt für die Zuschauer. Der insgesamt 8. Tag stand ganz im „Open“ der „Jazzopen“. Bereits die 37-jährige „LP“ mit bürgerlichem Namen Laura Pergolizzi, deren Großeltern aus Sizilien in die USA einwanderten, setzte ganz klar auf kraftvollen Rock mit weiblicher Note. Das Wetter schien mit Donner sowie Blitzen gar ihren Musikstil untermalen zu wollen, als sie straight mit Strohhut und „Von der Lippe“-esken Hawaiihemd Richtung Bühne lief. Bunt waren zudem auch die zahlreichen Regenponchos des dennoch gut aufgelegten Publikums. Quasi vor einem farbenfrohen Meer aus regenabweisenden Plastik rockte die New Yorkerin eigene Songs und Cover á la AC/DC „You Shook Me All Night Long“ oder lockte mit Stones-Songs weitere Zuhörer in den Innenraum.
Jamie Cullum live in Stuttgart
Fast schon als freche Gegenrede zum typischen Jazz holte sie im Hit „Lost on You“ ihre Ukulele hervor um damit auch leisere Töne anzustimmen. Die jedoch immer noch laut genug waren. Ihre vier anderen Bandmitglieder wirkten oftmals voll im Flow, sodass nur wenige Blicke nötig waren um das nächste Stück anzukündigen. Ohne großes Intro startete Jamie Cullum gegen Halb 20:30 Uhr sein Konzert. Zunächst noch alleine am Klavier sprangen seine Musiker an Schlagzeug, Trommel und Gitarre. Trotz des eher ungemütlichen Herbstwetters wirkte Cullum, als würde er zu guten Freunden heimkehren. Wie befreit springt er ohne jene Setliste in „I’m All Over It“ vom Klavier auf den nassen Bühnenboden. „Stuttgart, jump with me!“ ruft er der jubelnden Menge zu und siehe da – trotz manchem hohen Alters stehen nahezu alle Tribünenzuschauer auf um sich völlig befreit dem Groove hinzugeben. Warum Jamie Cullum unberechenbar in seinen Shows agiert – erkennt man nach Momenten, wie diesen. Minutenlang prasseln Regentropfen auf die Köpfe der Zuschauer nieder, plötzlich sitzt er gedankenversunken am Klavier und singt „Singin in the Rain“. Ab hier merkte jeder Anwesende wie großartig dieser Entertainer mit ungeplanten Gegebenheiten umgeht.
Der Schlossplatz singt
Der Stammgast des Festivals ist aber auch so Fan-nah geblieben, dass er gerne mal mitten im vorderen Innenraum seine Lieder singt während die Sicherheitsleute nur schwer ihren Schützling sichten können. Das fulminante Gastspiel findet nach einigen Worten zum sinngemäß beschissenen Brexit und darauffolgender Entschuldigung langsam sein Ende. Der Jazzsänger verwandelt in wenigen Minuten den kompletten Schlossplatz in einen riesigen nassen Chor, der voller Freude „Ohhhhh-Ohhhhh-Ohhhhh-Ohhhhh“ schmettert. Wie groß die Liebe von ihm zur Stadt und dem Publikum zu ihm brodelt wird einerseits am Weitersingen längst nach dem Ende des Songs ersichtlich und das eigens für Stuttgart geschriebene Lied – das mit „…let me be dry…“ ganz still am Piano endet.
Wie sagte schon Jazztrompeter Quincy Jones: „Shut up & listen“.
Mehr Informationen zu den Jazzopen in Stuttgart findet ihr hier.