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Just Cause 4 im großen Test

Entwickler Avalanche Studios setzt auch in “Just Cause 4” auf groß zelebrierte Action in paradiesischer Kulisse. Hauptfigur Rico Rodriguez darf sich einmal mehr austoben obwohl die Technik zu wünschen übrig lässt – Unser Test.

Fast schon Tradition

Zur Ära der PlayStation 2 war allgemein die Auswahl an verschiedensten Actiontiteln größer. Zum einen war es im Gegensatz zu heute kostengünstiger als kleiner Entwickler seine Spiele zu vertreiben und das Internet noch nicht so fortgeschritten um schon vor Wochen vor Release alles zu verteufeln. “Just Cause” war bereits im ersten Teil anders. Over-the-Top-Action im Antonio Banderas-Outfit = Rico Rodriguez. Per Fallschirm durfte man schon damals eine atemberaubende Spielwelt erkunden. Der Nachfolger verfolgte dank besserer Hardware der PlayStation 3 schon mehr den Fokus auf ausufernde Blockbuster-Action. Dabei gelang es den Machern in jedem Spiel Geschichten zu inszenieren, die meist unter dem Niveau von drittklassigen Steven Seagal-Grabbeltisch DVD´s liegen. Trotz Schwächen verkauften sich die Vorgänger anständig, was eine Fortsetzung mit Teil 3 rechtfertigte. Durch die Implementierung des pfeilschnellen Wingsuit, ansehnlicheren Explosionen und generell mehr Feintuning fand auch der 3. Auftrag von Rico Rodriguez viele Liebhaber. Mit dem heißerwarteten “Just Cause 4” könnten jedoch eingefleischte Fans enttäuscht werden.
Zur Story, die obligatorisch einem B-Movie gleicht. Nach den Ereignissen vom dritten Teil ist Rico Rodriguez weiter auf seinem Rachefeldzug. Angekommen im kleinen Land Solís im Süden von Amerika will er die “Schwarze Hand” eine Söldnertruppe von Widersacherin Gabriela Morales bekämpfen. Diese möchte mit ihrer gefertigten Maschine, mit der sie Naturgewalten wie Tornados oder Sandstürme auf das ärmliche Volk lässt, an Macht und Land gewinnen. Rico unterstützt deshalb den Widerstand und erhält sogar Hilfe von alten Bekannten. Man muss den Entwicklern zweifelsohne ihre Kreativität lassen. Sich durch einen wütenden Wirbelsturm per Wingsuit zu bewegen und dabei die Umwelt in ungeahnter Zerstörung zu sehen, ist einfach unterhaltsam. Leider hört diese Kreativität im weiteren Storyverlauf auf. Serviert werden teils technisch furchterregende Zwischensequenzen, deren Dialoge mehr als zu oft 0815-Phrasen beinhalten. Insgesamt müssen wir für drei Auftraggeber verschiedene Missionen erfüllen. Neu hinzugekommen ist das leidlich angepasste Fronten-System, bei dem wir Truppen mehr und mehr Gebiete der Spielwelt erobern lassen. Dadurch schalten wir Waffen und andere Gegenstände frei. Missionen reichen von klassischer Basen-Zerstörung bis zu ausgefeilten Highlight-Aufträgen, die an Absurdität nicht zu überbieten sind. Hier macht “Just Cause 4” am meisten Spaß, wenn Rico einer extrovertierten Regisseurin dabei helfen muss, ihren eigenen Tod zu faken. Leider verlässt man sich zu sehr auf Altbekanntes. Zudem kommt das Ende ungewöhnlich abrupt.

Mit Wingsuit in die Action

Im Gegensatz zum Vorgänger wird Rico Rodriguez nicht von Schauspieler Moritz Bleibtreu sondern wieder von einem professionellen Sprecher vertont. Das passt wesentlich besser, lässt aber die Stimmen der Nebenfiguren mehr als amateurhaft aussehen. Aber bei “Just Cause” zählt doch die Action! Stimmt. Die reiht sich mühelos an den dritten Teil an. Explosionen sind wuchtig. Gewehre feuern krachend. Und im Mix macht das Gameplay im Zusammenspiel mit Greifhaken und Wingsuit des Kern des Spielspaß aus. Steuerung der Boliden ist schwammig wie eh und je – hier bleibt sich Avalanche Studios treu. Übrigens auch am zunehmend eintönigen Spielprinzip. 85% der 15 stündigen Kampagne sind wir damit beschäftigt Basen zu zerstören und Schalter zu aktivieren und/oder Daten zu stehlen. Dankbarerweise präsentieren sich die Nebenmissionen mit ihren Herausforderungen als Auflockerungen. Mal gilt es im Winguit bestimmte Checkpoints zu überqueren oder im Dschungel nach Artefakten zu suchen. Die Spielwelt ist abwechslungsreicher denn je – sie reicht von Küsten über Dschungel-Gebiete zu staubtrocknen Wüsten bis hin zu frischen Eisbergen oberhalb gelegen. Mit zahlreichen Flugzeugen lassen sich die Basen auch einfacher einnehmen. Gerade in Bodengefechten fällt trotzdem auf, dass Rico fast schon zu stark ist. Er überlebt spielend Schüsse und Explosionen aus nächster Nähe und sollte mal härter getroffen werden, reicht ein schneller Wingsuit-Flug nach oben.
Der Greifhaken hat mehrere Funktionen spendiert bekommen. Neben Zugseilen, sind jetzt auch Ballons und kleine Booster an allerlei Gegenständen wie Autos einsetzbar. Unhandlich ist nur die Auswahl, dazu müssen wir stets ins Menü wechseln. Hier war JC 3 ohne optionale Greifhaken-Aufsätze weniger nervig. Um ehrlich zu sein, bin ich fast aus den Latschen gekippt als ich auf unserer PS4 Pro die ersten Spielminuten von “Just Cause 4” gesehen habe. Hakelige Animationen, grobschlächtige Charaktere-Modelle aus düsteren PS3-Zeiten sowie spürbare Framerate-Drops mit aufploppenden Texturen. Es ist eines der wenigen Spiele einer Reihe, bei dem der Vorgänger besser aussah. Die Kollegen von Digital Foundry haben dies überaus anschaulich zusammengefasst. Es ist komisch, da man mit überdimensionalen Naturkatastrophen und von Fans geliebte Physik-Spielereien wirbt und dann sowas in der Form raushaut. Hier hätten wir uns deutlich mehr Liebe zum Detail gewünscht.

Unser Fazit zu “Just Cause 4”

Rico Rodriguez war nie dafür bekannt, dass ihm große monumentale Geschichte widerfahren. Sein Auftrag die “schwarze Hand” aus Solís zu verjagen ist im Grunde der Freifahrtschein für eine zügellose Zerstörtungsorgie ohne jede Gnade. Mit dem Kampfhubschrauber das schwer bewachte Fort angreifen und dann im Wingsuit die restlichen Gegner niedermachen während ringsherum der Tornado tobt. Das funktioniert auch im neuesten Teil der Reihe wunderbar bis auf einige ärgerliche Mankos technischer Natur. Es ist wirklich rätselhaft, wieso man gerade grafisch dem Vorgänger hinterher hinkt. Das Gameplay ist stimmig wie sonst, dabei helfen auch die herrlichen Online-Kleinkämpfe zwischen Network-Freunden um Rekorde. “Just Cause 4” ist mit seiner Open-World einladend, birgt jedoch einige Hindernisse.
Entwickler: Avalanche Studios | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 18

Just Cause 4 (PlayStation 4 Pro)

Spielspaß - 78%
Gameplay - 77%
Grafik - 72%
Technik - 73%

75%

Empfehlung!

Avalanche versagt teilweise an einem technisch sauberen Spiel überzeugt jedoch mit Bombast-Action und Spielwelt.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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