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Kirby Air Riders im Text / Review – Streicht das „Rennspiel“ und nennt es spielbares Chaos!

Weit weg von klassischer Normalität der Kirby-Welt

Es gibt Spiele, die sich eindeutig in eine Schublade stecken lassen: Racer, Brawler, Minigame-Sammlung. Und dann gibt es jene Ausreißer, die sich so vehement gegen jede klare Zuordnung stemmen, dass man nach wenigen Minuten Spielzeit versteht, warum sie erst jetzt – Jahrzehnte nach Kirbys GameCube-Ausflug – zu einem vollwertigen, modernen Reboot finden. „Kirby Air Riders“ ist genau so ein Fall. Ein Spiel, das nicht nur versucht, mehrere Genres miteinander zu verweben, sondern es mit einer fast frechen Selbstverständlichkeit tut, als wäre das die normale Art, wie Rennspiele heutzutage zu funktionieren hätten. Und genau dadurch entsteht ein Erlebnis, das in keinem einzelnen Bereich brilliert, dafür aber als Gesamtpaket einen bemerkenswert breiten Spielkosmos eröffnet.

Startet man das Cartridge, fällt sofort die Handschrift von Masahiro Sakurai auf. Die erscheinenden Menüs – bunt, blockhaft, klar strukturiert – erinnern unweigerlich an den Alltime-Favorite Super Smash Bros. Nicht nur optisch, gleichauch funktional: Die Auswahl an Modi, Maschinen, Rider:innen, Farbvarianten, Herausforderungen, Freischaltungen und Sammlerstücken ist derart üppig, dass man sich kurz fragt, ob man gerade ein Kirby-Spiel startet oder ein spielbares Archiv. Dass dieses Gefühl mit zunehmender Spielzeit nicht nachlässt, sondern noch stärker wird, liegt daran, dass Air Ride, Top Ride, City Trial und Road Trip vier komplett unterschiedliche Spielkonzepte darstellen, die lediglich durch das gemeinsame Vehikelprinzip von Kirby zusammengehalten werden.

Der klassische Modus orientiert sich deutlich an das altbekannte Kirby’s Air Ride vom GameCube: Simple Steuerung, automatischer Vorwärtsgang, ein einziger Button als Allzweckwerkzeug für Bremsen, Powerslides und Boosts. Wer erwartet, dass diese Einfachheit automatisch zu einer niedrigen Lernkurve führt, merkt schnell, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Fahrzeuge – Jet Star, Wheelie Bike, Formula Star und all die anderen – unterscheiden sich derart stark in ihrem Handling, dass man sie erst komplett verinnerlichen muss. Manche leben davon, in die Luft zu gehen, andere kleben förmlich am Asphalt – wieder andere schießen mit Boosts so brutal nach vorne, dass ein einziger verpatzter Drift den halben Vorsprung vernichtet.

Die Strecken tragen ihren Teil zur Herausforderung bei. Waveflow Waters präsentiert sich als visuelles Glanzstück: Strömungen, transparente Röhren, ein Abstecher durch eine zerborstene Schiffshülle, dazu unruhige Oberflächen, die ständig ihren Grip verändern. Floria Fields dagegen ist ein eher klassischer Auftaktkurs, während Mount Amberfalls mit herbstlicher Waldästhetik und engen Kurvenkombinationen überrascht. Insgesamt sind 18 Kurse angekündigt – ohne DLC –, und auch wenn das nicht nach überbordender Fülle klingt, sind sie dennoch so präzise gebaut, dass man sie nach wenigen Läufen quasi auswendig kennt.

Kampf statt Komfort – Aggressives Fundament

Wer glaubt, Air Riders sei trotz seiner Besonderheiten primär ein normales Rennspiel, der irrt sich gewaltig. Vehikuläre Auseinandersetzungen sind nämlich kein optionaler Zusatzeffekt, sondern integraler Bestandteil. Fähigkeiten nutzen, ausweichen, kontern: Wer nicht angreift, verliert kostbare Zeit – wer nicht defensiv spielt, fliegt sogleich aus der Bahn. Das Tempo ist gnadenlos, die KI – zumindest im mittleren Bereich – erstaunlich bissig. Und ohne die richtige Fähigkeit im richtigen Moment fühlt man sich schnell wie ein wagtierloser Kirby auf einer viel zu lauten Autobahn.

Ganz anders präsentiert sich Top Ride, eine Miniaturversion von Air Ride, die von oben gespielt wird und mit bewusst engen Kursen arbeitet. Das Spielgefühl erinnert classic an Micro Machines oder alte Arcade-Racer, nur mit richtig ausgeprägterem Chaosfaktor. Hier geht es weniger um Perfektion und mehr um Reaktionsvermögen und das Ausnutzen kurzfristiger Chancen. Die Items sind anders, die Physik subtil verändert und das Tempo fühlt sich dadurch eher nach Partyspiel an – ein angenehmer Gegenpol zur Reizüberflutung der Hauptmodi.

City Trial – Heimliches Herzstück

Wer Kirby Air Riders länger als eine Stunde spielt, versteht flott, worüber schon seit den ersten Hands-ons auf der gamescom 2025 gesprochen wird: City Trial ist das wahre Zugpferd. Ein 16-Spieler-Chaosspielplatz, halb Battle Royale, halb Sandbox, halb vorbereitender Minigame-Generator. Man rast durch die Stadt, sammelt Items, bufft seine Werte, kämpft gegen große Gegner und sabotiert mit Machinen andere – und weiß nie, welches finale Event als Abschluss folgt. Ist es ein Rennen? Ein Kampf? Boss-Kämpfe?

Die Stadt selbst ist verzweigt, vertikal, voller Übergänge und Abkürzungen. Manche Stellen dienen als beleghafte Arenen für spontane Rivalitäten, andere als Hotspots für Itemdrops. Das Balancing der Maschinen zeigt sich hier besonders: Ein Jet Star dominiert Höhenlagen, ein Wheelie Bike punktet nur am Boden. Gleichzeitig setzen die Specials der Rider:innen Akzente – Rick sprintet schneller, Susie bekommt zusätzliche Tempoboosts, Chef Kawasaki heilt dagegen stärker.

Was zunächst wie ein simpler Kampagnenmodus wirkt, entpuppt sich als erstaunlich umfangreiche Solo-Erfahrung. Road Trip reiht Herausforderungen aneinander, setzt Cutscenes ein, variiert ständig die Aufgaben und fordert die Spieler:innen, ihre Fähigkeiten situativ anzupassen. Das Problem: Einige der Renn-Challenges starten mitten im Geschehen, man muss aufholen, während Gegner bereits entfesselt davongaloppieren. Andere Aufgaben dagegen treffen genau den Sweet Spot zwischen Geschicklichkeitsprüfung und Vehikelakrobatik. Trotz Schwächen ist der Modus ein robustes Rückgrat für alle, die nicht im Multiplayer wühlen möchten.

Online-Lobbys und digitaler Marktplatz und soziale Momente

Überraschend tief wirkt der Online-Bereich. Die Paddock-Lobbys erlauben gemeinsames Herumhängen, Emoten, Einstellungen festlegen – ein digitaler Treffpunkt ohne großen Druck, der sich erstaunlich lebendig anfühlt. Dazu kommt ein etwas eigenwilliger Marktplatz, auf dem man seine selbstgebauten Maschinen anbieten kann. Dass man keinen Gegenwert erhält, selbst wenn jemand einen absurd teuren Bau erwirbt, wirkt bizarr, unterstreicht aber den sozialen Gedanken des Features.

Nintendo Kirby Air Riders
17 Bewertungen
Nintendo Kirby Air Riders
  • Nur auf Nintendo Switch 2! In Kirby Air Riders, einem rasanten Fahrzeug-Action-Spiel mit Kirby und Co., heißt es Aufladen, Turbo einsetzen und Rivalen mit Wirbelangriffen attackieren. Tritt deinen Rivalen in turbulenten Arenakämpfen oder in rasanten Rennen am Boden und in luftiger Höhe entgegen
  • Wähle aus einer Vielzahl an Ridern wie Kirby, Meta-Knight, König Dedede und Magolor aus Kirby’s Adventure Wii, sowie Maschinen wie Warp-Stern, Wheelie-Bike, Auriga und weitere
  • Jede Maschine steuert sich etwas anders und jeder Rider hat seine eigene Palette an Eigenschaften und Spezialtechniken.

Optisch uns grafisch schöpft Kirby Air Riders viel aus kräftigen Farben, klarer (spielerischer) Lesbarkeit und fluffigen Animationen. Grasflächen bewegen sich dynamisch, Wasseroberflächen brechen das Licht, Charaktere reagieren mit überraschend detailreichen Bewegungen auf Sprünge und Stöße. Der Soundtrack ist indes ein echtes Highlight: Energetisch, melodisch, aber nicht aufdringlich – fast schon traditionell Kirby.

Unser Fazit zu „Kirby Air Riders“

Kirby Air Riders ist ein Spiel, das sich mit Genuss weigert, irgendwo anzukommen. Ob Genre oder Spielstil. Als Racer ist es fordernd, manchmal frustrierend, gelegentlich sperrig – aber stets präzise. Als Kampfspiel lebt es von seinem Chaos, als Minigame-Sammlung von seiner Vielfalt, als Road-Trip-Abenteuer vom stetigen Gefühl des Fortschritts. Doch weder einzelne Modi noch technische Finesse machen das Spiel aus. Es ist das Gesamtbild, das kraftvolle Ineinandergreifen verschiedener Gameplay-Ideen, das Gefühl, ununterbrochen neue Facetten freizulegen. Und so steht am Ende ein Titel, der nicht perfekt ist, dadurch aber ein bemerkenswert eigenständiges Erlebnis liefert – und damit einen der ungewöhnlicheren, reizvolleren Nintendo-Switch-Starts der letzten Jahre markiert. So simpel er von außen auch erscheinen möge.

Release: 20.11.2025 | Entwickler: Bandai Namco / Sora | Genre: Action | Preis: 69,99 Euro | Für Nintendo Switch 1/2 | USK: ab 12

Kirby Air Riders (Nintendo Switch 2)

Spielspaß - 91%
Gameplay - 81%
Grafik - 89%
Technik - 83%

86%

Empfehlung!

Konzeptionell wie spielerisch stark abwechslungsreiches "Rennspiel", das sich einerseits klassisch gibt aber neue Horizonte mutig aufgreift. Nur die wenig intuitive Steuerung ist ein Spielspaßhemmer.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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