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Deadpool VR im Meta Quest 3-Test – Verdammt große Klappe, viel dahinter

Mehr Dialogzeilen als in Duke Nukem Forever

Mit „Deadpool VR“ wagt sich Meta nach dem famosen „Batman: Arkham Shadow“ wieder an eine exklusive Virtual-Reality-Umsetzung einer populären Comic-Figur – und macht hierbei wieder einmal keine halben Sachen. Statt eines kurzen, gaggetriebenen Lizenzprodukts liefert das VR-Spiel eine überraschend umfangreiche, in sich geschlossene Erfahrung, die Deadpools anarchischen Charakter nicht nur zitiert, sondern spielmechanisch ernst nimmt. Entwickelt exklusiv für Meta Quest 3 und 3S, positioniert sich „Deadpool VR“ klar als Vollpreistitel für ein Publikum, das VR längst nicht mehr als technische Spielerei begreift, sondern als eigenständiges Medium. Unsere Review zur Comicversoftung.

Die zugrundeliegende Kampagne erstreckt sich über rund zehn Stunden und ist damit für ein VR-Spiel dieser Art bemerkenswert lang. Dabei bleibt sie angenehm strukturiert: Jede Spielzone fungiert zugleich als Kampfarena und satirischer Themenpark, in dem Deadpool nicht nur Gegner zerlegt, sondern auch Spieler:innen, VR-Konventionen, das Marvel-Universum und die Spieleindustrie selbst aufs Korn nimmt. Keine der Umgebungen zieht sich unnötig, meist ist nach etwa einer Stunde Schluss, bevor sich spürbare Ermüdung einstellt. Zusätzliche Geheimlevel sowie freischaltbare Varianten wie Lady Deadpool oder Deadpool Kid – jeweils mit eigenen Dialogzeilen und versteckten Anspielungen – sorgen dafür, dass sich das Erlebnis deutlich über die Hauptkampagne hinaus verlängern lässt.

Spielerisch setzt „Deadpool VR“ von Beginn an auf Bewegung. Bereits die erste Mission wirft euch mit zwei Pistolen und Katanas in eine größere Gegnergruppe und macht unmissverständlich klar, worum es geht: Kinetisches Spielgefühl verbunden mit kreativer Gewalt. Das Kampfsystem entfaltet seinen Reiz vor allem durch Timing. Wer blind drauflos fuchtelt, kommt zwar irgendwie durch, verpasst aber elegante Abschlüsse. Wallruns, Powerslides, Dive-Kicks und Sprungangriffe greifen beiKönnen flüssig ineinander und profitieren von weitläufig gestalteten Arenen, die zu improvisierten Manövern einladen.

Das Waffenarsenal ist bewusst überschaubar, aber vielseitig. Neben den obligatorischen Katanas und Pistolen stehen Granaten sowie eine am Rücken befindliche Greifhakenpistole zur Verfügung, die sich an fest definierten Punkten befestigen lässt. Letztere dient nicht nur der Fortbewegung, sondern auch dazu, schwächere Gegner durch die Luft zu schleudern oder sie direkt in den Nahkampf zu ziehen. Ergänzt wird das Grundarsenal durch sogenannte „Big Money Time“-Fähigkeiten, die gegen Ingame-Währung freigeschaltet werden. Hier reicht die Bandbreite von Gambits explodierenden Spielkarten – persönlicher Favorit – bis hin zu Thors Hammer. Diese Fähigkeiten bringen Abwechslung, ohne das Grundtempo zu zerreißen.

Strukturell bleibt „Deadpool VR“ klassisch: Gegnerwellen, Minibosse und größere Bosskämpfe. Letztere sind klar die Highlights. Jeder Bosskampf wird von eigenen Quick-Time-Sequenzen begleitet, die das gesamte verfügbare Arsenal abfragen und Deadpools Spott in Höchstform präsentieren. Gleichzeitig gibt es Passagen, die bewusst mit dem Konzept von Multiplayer spielen. Obwohl man faktisch allein unterwegs ist, inszeniert das Spiel diverse Modi und Arenen als Teil von Mojos intergalaktischer Streaming-Show – inklusive Punkteständen, Kommentaren und augenzwinkernder Meta-Ebene.

Narrativ bleibt sich das Spiel treu. Deadpool ist gegen seinen Willen Teil einer grotesken Gameshow in Mojos Welt, jagt Marvel-Schurken und kommentiert das Geschehen ununterbrochen. Die Geschichte funktioniert weniger als klassischer Spannungsbogen, sondern als Zweck für Witze, Seitenhiebe und überraschend viele gut getimte Referenzen. Eine Szene, in der Deadpool lamentiert, dass man statt Ultron nur Ultimo bekämpft, weil das VR-Budget nicht gereicht habe, bringt das humoreske Selbstverständnis des Spiels perfekt auf den Punkt. Einziger wirklicher Kritikpunkt: Dialogsequenzen und Cutscenes lassen sich nicht überspringen. Wer stirbt oder ein Level erneut spielen muss, bekommt alles noch einmal serviert – inklusive längerer Monologe. Nettes Gimmick.

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist die Inszenierung der Figur selbst. Statt Ryan Reynolds liefert hier ein bestens aufgelegter Neil Patrick Harris als Deadpool seine beeindruckend treffsichere Performance ab. Die Mischung aus Zynismus, Selbstironie und kontrollierter Überdrehtheit ist so überzeugend, dass man stellenweise vergisst, nicht Ryan Reynolds zu hören. Unterstützt wird er von John Leguizamo als Mojo und Jeffrey Combs als Major Domo – ein Ensemble, das zu den stärksten Sprecherleistungen zählt, die VR bislang gesehen hat. Der Humor orientiert sich klar am „Vintage Deadpool“: Viele Referenzen beruhen auf Vorbildern den 1970ern bis frühen 1990ern, was heutzutage womöglich stellenweise seltsam nostalgisch wirkt, aber zur Figur gut passt.

Technisch zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Quest 3 und Quest 3S. Während beide Versionen stabil laufen, entfaltet der Cel-Shaded Look auf der leistungsstärkeren Quest 3 deutlich mehr Wirkung. Farben wirken satter, Umgebungen detailreicher, Charaktermodelle klarer. Auf der 3S bleibt alles funktional, aber visuell spürbar flacher. Dennoch bleibt die Performance auch bei hohem Gegneraufkommen stabil, selbst wenn das Spiel sichtbar hart daran arbeitet, die angestrebten 90 Bilder pro Sekunde zu halten. Die stilisierte Gewaltdarstellung – cartoonhaft, überzeichnet, aber erstaunlich detailliert – fügt sich gut in den Gesamtstil ein.

Nicht alles funktioniert reibungslos. Objektinteraktion ist einer der schwächeren Punkte. Waffen lassen sich nicht gegeneinander schlagen, sie clippen schlicht hindurch – eine Kleinigkeit, die aber gerade in VR irritiert. Auch das Inventarsystem sorgt gelegentlich für Frust. Wer in hektischen Momenten nach dem Greifhaken greift, zieht nicht selten versehentlich die Pistole aus dem Hüftholster, was Quick-Time-Sequenzen unnötig erschwert. Zudem kann sich der Kampf gegen wiederkehrende Gegnerwellen mit der Zeit repetitiv anfühlen, insbesondere wenn man längere Sessions spielt.

Positiv: Das Spiel bietet mehrere Schwierigkeitsgrade und eine optionale „kinderfreundliche“ Dialogeinstellung, die Flüche und Anspielungen reduziert – ein Zugeständnis an ein breiteres Publikum, dennoch hat das Spiel eine USK 18-Freigabe. Körperlich fordert „Deadpool VR“ einen spürbar. Längere Nahkampfsessions mit wilden Katana-Bewegungen können ermüden, was allerdings weniger dem Design als der eigenen Kondition geschuldet ist. Präzises Timing und saubere Bewegungen zahlen sich deutlich mehr aus als blindes Herumgefuchtel.

Unser Fazit zu „Deadpool VR“

Unterm Strich ist „Deadpool VR“ mehr als nur ein weiteres Superhelden-Spiel. Nach „Batman: Arkham Shadow“ ist es der nächste überzeugende Beweis dafür, dass VR endgültig die Phase der Tech-Demos hinter sich gelassen hat. Das Spiel versteht die Stärken des Mediums, integriert sie sinnvoll und nutzt Deadpools Charakter, um Grenzen zu kommentieren statt sie zu kaschieren. Trotz merklicher Schwächen bei Interaktion und Wiederholung entsteht ein rundes Gesamtbild. Wer eine Meta Quest 3 besitzt – oder einen Grund sucht, sich eine zuzulegen – bekommt hier eine der bislang unterhaltsamsten VR-Erfahrungen der letzten Jahre.

Release: 18.11.2025 | Entwickler: Twisted Pixel Games | Genre: VR-Action | Für Meta Quest 3 / 3S | USK: ab 18

Deadpool VR (Meta Quest 3)

Spielspaß - 87%
Gameplay - 82%
Grafik - 80%
Technik - 72%

80%

Empfehlung!

Wuchtig respektlose VR-Action mit satirischen Sprüchen von Deadpool. Spielerisch amüsant, technisch hätte man sich in Sachen Steuerung mehr Sorgfalt gewünscht.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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