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Interview mit Christian Schiffer

In unregelmäßigen Abständen lassen wir den Controller liegen und sprechen wir mit interressanten Menschen aus der Branche. Heute mit „WASD“-Mitherausgeber Christian Schiffer, der mit seiner „Killerspiel“-Doku im ZDF derzeit Gamer und Kritiker gleichermaßen begeistert.

Christian Schiffer im Spielkultur-Interview

Spielekultur: Woher kam die Idee zu deiner Doku?
Schiffer: Lustige Geschichte. Die Produktionsfirma machte eine „10 Jahre World of Warcraft“ Doku, in der ich als Experte auftrat. Das wurde von der Community gut aufgenommen und so kam es, dass das Thema Computerspiele vielleicht mehr Spielraum für weitere Dokus bietet. Ich schrieb dann ein Exposé über die Killerspiel-Debatte, das Thema kam nicht von mir. Nur 45 Minuten reichen für dieses Themenfeld nicht aus. Das haben die Produzenten angenommen und mich gefragt, ob ich die Filme nicht gleich selbst machen will. Als Politikjournalist bin ich, weil es ein gesellschaftlicher Konflikt war, davon sehr angetan.
Spielekultur: Nach den Geschehnissen von München keimte, u.a durch Innenminister Thomas de Maizière, die Killerspiel-Debatte wieder auf. Was dachtest du darüber?
Schiffer: Ich war davon sehr überrascht, weil ich mehr oder weniger dachte, dass diese Debatte gegessen ist. Der Fall (Amoklauf München) ist dazu überhaupt nicht geeignet. Der Amokläufer hatte massive psychische Probleme, war in stationärer Behandlung, wurde gemobbt und hing sehr fragwürdigen politischen Ideen an. Und da muss man erst darauf kommen Computerspiele als Auslöser für all das zu sehen. Dennoch zeigte dieses Statement dass sich einiges geändert hat. Erstens war sie sehr schnell vorbei und es hat sich kaum jemand daran angeschlossen. Zweitens wurden auch keine Verbote gefordert. Anders als bei früheren Debatten wurde klar, die Zeiten von breitangelegten „Killerspiel-Debatten“ sind vorbei.
Spielekultur: Wie ist deine Sicht auf die sogenannten „Killerspiele“ wie bekannte Vertreter z.b Call of Duty etc.?
Christian Schiffer: (lacht) Also bei Call of Duty 3 habe ich aufgehört, weil mir diese reinen Shooter, einfach zu platt sind. Moorhuhn in geiler Grafik. Das neue Doom hat mir hingegen gut gefallen, besonders die Bewegung im Raum, einer der Grundbausteine eines Shooter war wieder ein fester Teil. In den letzten Jahren leider vergessen und durch ein CoD-artiges Schlauchlevel-Design mit Explosionen ersetzt worden. Ich spiele lieber Rollenspiele und Strategie. Zu der Frage: Nein, ich denke nicht, dass Killerspiele Menschen zu Amokläufern macht. Trotzdem sollte man über ästhetische Gewalt in Videospielen sprechen. Braucht es unbedingt eine Zeitlupe von Körper zerschmetternde Waffen? Oder beklatschte Headshots auf Messen? Eine kontroverse Diskussion ist wünschenswert und wird vielerorts schon durchgeführt.
Spielekultur: Die Playstation VR wurde unlängst angekündigt und kommt auch mit Shooter-Vertretern auf den Markt. Wie schätzt du diese Situation ein?
Christian Schiffer: In einem Radio-Feature konnte ich 24 Stunden am Stück in der Virtual Reality verbringen. Da habe ich natürlich mehrere Shooter gespielt. Auffallend: du schießt fast nie auf Menschen. Und wenn, wie in „Bullet Train“ sind diese sehr individualisiert fast schon Roboter artig. Das zeigt, dass die Entwickler einen Gewissen Respekt vor dieser Peripherie und damit verbundene Immersion haben. Es könnten trotzdem brutale Spiele für Virtual Reality auf den Markt kommen, die wieder Debatten anstoßen. Ich denke VR legt die Debatte, was man darf und nicht darf, auf eine völlig neue Ebene.
Spielekultur: In Bezug auf GTA 5 – kann Gewalt mit mehr satirischen Einflüssen und Ironie besser verdaut werden?
Schiffer: Ich mag Gewalt. (lacht) Ich bin ein großer Fan von Tarantino, der in seinen Filmen eine übertriebene Gewalt in allen Facetten zeigt, dass man es nicht mehr ernst nehmen kann. Gewalt kann auch ästhetisch sein. Ironie und Ästhetik wären Mittel mit der Gewalt besser umzugehen, das dem Medium etwas gibt. Gewalt in Computerspielen ist immer noch sehr konventionell und langweilig.
Spielekultur: Was ist dein Lieblingsspiel?
Schiffer: Ich bin ein Fan der Fallout-Serie. Wahrscheinlich Fallout: New Vegas von Obsidian. Leider sehr unterschätztes Studio mit frischen und guten Ideen. Die Kombination aus 50er Jahre und Endzeit ist eine große Stärke der Reihe. Fallout 4 fand ich wiederum auch sehr gelungen, kleine tolle Geschichten mit viel Liebe zum Detail.
Vielen Dank für das Gespräch.
Heute Abend könnt ihr alle drei Teile der sehr gelungenen Doku-Reihe „Killerspiele“ von Christian Schiffer in einem Rutsch schauen. ZDF Info zeigt ab 21:45 den ersten Part „Killerspiele – Der Streit beginnt“. Oder folgt ihm auf Twitter oder Facebook.
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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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