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Call of Duty: WWII im großen Test

Entwickler Sledgehammer Games stellt die Uhr zurück und erweist mit „Call of Duty: WWII“ der Serie eine Wohltat. Statt „Schneller, höher, weiter!“ bekommen wir den vielleicht besten Multiplayer sowie eine cineatisch atmosphärische Kampagne geboten. Also Helm auf und ab in den Test!

Zurück in die Vergangenheit

Mit „Call of Duty: WWII“ gleitet die populäre Shooter-Serie ins 14. Jahr seiner Fortsetzungen. Gewissermaßen an die Wurzeln seiner Handlung in den Zweiten Weltkrieg zurück. Als Activision gemeinsam mit Studio „Infinity Ward“ die Reihe 2003 startete waren Shooter noch recht einfach gestrickt. Außer, dem seiner Zeit vorauseilenden, „Half-Life“ gelangen Arcade-Ballerei wie „Serious Sam“ hohe Verkaufszahlen. Mit „Medal of Honor“ Dreamsworks Interactive änderte sich dies, der Weltkriegshooter versetzte den Spieler an realistisch nachgeahmte Orte wie Ohama Beach oder Städte wie Berlin zu Zeiten des 2. Weltkriegs. Für damalige Verhältnisse ein frisches Setting. Knapp drei Jahre danach entwickelten wiederum Ex-Mitarbeiter von Dreamworks ebenfalls an einem Ego-Shooter mit Weltkriegs-Szenario. „Call of Duty“ setzte sogleich auf mehr Bombast und Storyline im Tenor „Private James Ryan“. Nach drei Hauptteilen und kleineren Spin-Offs war der Markt spürbar übersättigt, Activision nutzte die Gunst der Stunde und versetzte Krieg in die Gegenwart und später in futuristische Zukunftssettings. Mit jedem Jahr wurden die Rufe nach einer Rückkehr zu historischen Ereignissen. Initialzündung könnte „Battlefield 1“ gewesen sein, die sich sogar spielerisch in den ersten Weltkrieg trauten. Begeistert nahm die Spielerschaft die Ankündigung zu „Call of Duty: WWII“ auf. Zu recht?
Da „Call of Duty: WWII“ auf drei großen Säulen erbaut wurde – gliedern wir in diesem Test. Diese sind Kampagne, Multiplayer und Nazi-Zombies.
In der rund acht stündigen Solo-Kampagne begleiten wir bis auf wenige Ausnahmen den jungen Soldaten Red Daniels. Dieser kommt frisch in Armee und freundet sich mit drei anderen Soldaten an. Stiles, Aiello und Zussman. Gerade letzterer wird zu einem guten Freund. Im Platoon unter der Leitung Sergeant Pierce und Turner geht es für den unerfahrenen Daniels rau zu. Neben den immer lebensgefährlicheren Einsätzen an der Front scheint insbesondere Pierce langsam den Verstand zu verlieren. Bereits die allererste Mission beginnt mit einem Tribut von Studio „Sledgehammer Games“ an die Reihe. In gewohnt cineastischer Optik beginnen wir am D-Day in der Normandie und versuchen dem Geschützfeuer der Deutschen auszuweichen. Spielberg hätte diesen Abschnitt nicht besser inszenieren können. Die durchaus langen Level wurde als Episodenform gehalten, das unterstützt den Charakter einer Serie „Band of Brothers“. Neben wirklich emotionalen Momenten konnten es sich die Entwickler leider nicht verkneifen auf Michael Bay-eske Hardcore-Action zu verzichten. Beispiel: Wir müssen einen Zug mit darauf bestückten Panzern aufhalten. Anstatt dies mit realistischem Entgleisen darzustellen, fliegen dem Spieler minutenlang Wrackteile über den Kopf hinweg. Grafisch eindrucksvoll – nur der sonst hohe Realismus wird damit gedämpft. Oder müssen wir per Flak feindliche Piloten vom Himmel holen und zwar gleich Dutzende. Gerade in diesen Aspekten wäre weniger mehr gewesen. Völlig andere Wege geht „CoD“ in einer speziellen Mission, in der wir in die Haut einer französischen Spionen schlüpfen. Statt Waffen lassen wir Worte sprechen und dürfen mit falscher Identität nicht auffliegen. Lockert auf und sollte in kommenden Teilen weiterverfolgt werden. Deutlich weniger „HOORAH“-Patriotismus stattdessen menschliche Charaktere mit eigenen Sichtweisen. Deutsche Lokalisierung trägt dazu bei, die Sprecher wurden gut ausgewählt und bringen jeweilige Stimmungen realistisch rüber. Dies ist bis zum Schluss motivierend und erweist sich als fast gelungenste Kampagne der komplette Serie.
Trotz einiger Neuerungen wurde das Gameplay nicht wesentlich verändert. Zwar sind wir nicht im Exo-Skelett unterwegs, können jedoch sprinten und Feinde aus größeren Distanzen töten. Die recht unterschiedlich gestalteten Areale wechseln sich mit Grabenkämpfen, zerstörten Dörfern/Städten und Anlagen ab. Zudem können wir bestimmte Mitglieder im Platoon um Medi-Kits, Munition und Granaten bitten. Richtig gehört, in „Call of Duty: WWII“ gibt es wieder einen Lebensbalken und keine Auto-Heilung. Frontstürmer haben wir keine großen Chancen. Oft müssen wir Deckung suchen oder mit Zeit Gegner an MG´s erwischen. Mindert vielleicht das Tempo bisheriger Teile, birgt jedoch mehr Spielspaß. Wohl wissend lassen die Entwickler Spieler von einer waghalsigen Aktion in die nächste stürzen. Von Bodengefechten zur Panzerfahrt plötzlich ab in die Luft und zu guter Letzt sitzen wir hinterm Lenkrad eines Jeeps. Spielerisch große Klasse.

„Du bist weit weg von zu Hause, Bauernjunge!“

Mehrheitlich der beliebteste Abschnitt ist sicherlich der Multiplayer. Bereits die Konsolen-Beta konnte mit dem „Back to Basic“-Gameplay überzeugen und wollte uns gar nicht mehr loslassen. Unzählige Stunden haben wir online verbracht um euch insbesondere den neuen „War Zone“-Mode näher zu bringen. Die Klassiker „Team-Deathmatch“, „Stellung“ und „Capture the Flag“ bedarfen keine Erklärungen mehr. Bis auf wenige Ausnahmen lief das Matchmaking problemlos. Auch konnten wir mit anderen Spielern zusammenschließen. „War-Zone“ bzw. „Krieg“ ist ein missionsbasierter Modus. In jeweils drei Phasen gilt es das feindliche Team daran zu hindern Panzer auf unsere Seite zu holen oder wir müssen dies schaffen. In „Operation Griffin“ müssen wir ab Mitte der Map Benzin aus dem feindlichen Lager holen. Gerade dieses Katz & Maus-Spiel ist herrlich unverbraucht. Zwar gab es andere Spiele mit gleichem MP-Prinzip, jedoch kommen „CoD-Spieler hier zum ersten Mal damit in Berührung. Neulinge sollten damit beginnen, um XP für bessere Waffen zu grinden. Ähnlich wie Destiny 2 bietet „Call of Duty: WWII“ ein begehbares Social Hub. Ideal um neue Spieler kennenzulernen oder Nebenaufträge beim Major abzuholen. Das in diesem Herbst bestimmende Thema „Lootboxen“ darf auch hier nicht fehlen. Spieler können zwar mit Echtgeld In-Game Währung kaufen um sogenannte „Vorratskisten“ zu öffnen, braucht es aber nicht. Zudem erhalten vergibt Activision hier nur XP-Boosts und optische Skins. Vielmehr ist die Art der Verteilung bemerkenswert. Kein schnödes Menü sondern im Social Hub quasi vom Himmel fliegen die Kisten. Spieler drumherum sehen somit erstandene Gegenstände. Clever! Mit jedem erreichtem Level steigen wir auf und können jeweils neue Waffentyp sowie Gadgets kaufen. Klassiker wie die „1911“ sind ebenso wie Karabiner an Bord. Statt „Spezialisten“ wird zeitgenössisch in Divisionen „Airborne, Mountain, Infantry, Armored und Expeditionary“ unterteilt. Allesamt mit charmanten Vorstellungsclips. Technisch überzeugt der Multiplayer weitestgehend mit kleinen Macken. Gerade bei Stürmung des Omaha Beach sind feindliche Spieler an ihren MG´s teils zu stark und dominieren. Gewehre wie die Doppelläufige Shotgun könnte auf längere Distanz schwächer sein.
Beschließen wir unseren Test mit dem deutlich ernsteren Zombie-Modus hier „Nazi Zombies“ genannt. Genauso wie bei „Wolfenstein 2: The New Kolussus“ wurden alle verfassungsfeindlichen Symbolen wie Hakenkreuze oder ähnliches entfernt. Gewalt ist aber ungeschnitten. Sogar mit einleitenden Prolog wird die rund 4 stündige Nebenhandlung der Monuments Man in einem bayrischen Dörfchen inszeniert. Diese wollen Kunstwerke vor den Nazis schützen und landen sogleich über dem Labor eines Nazi-Wissenschaftlers. Dieser wollte tote Soldaten zum Leben erwecken, um eine Niederlage des Kriegs zu verhindern. Experimente gingen schief und wir müssen aufräumen. Gewohnt prominent besetzt mit Schauspieler Ving Rahmes nehmen wir mit bis zu drei anderen Kampf auf. Nach jeder erledigten Gegenerwelle erhalten wir „Schocks“, damit kaufen wir neue Waffen und öffnen langsam die Spielwelt. Diese steckt voller kleiner Rätsel und weiß durch gezielte Jump Scares zu fesseln.
Technisch verkauft sich „Call of Duty: WWII“ trotz schon in die Jahre gekommener „IW-Engine“ noch immer gut. Durch spezielle „Photogrammetrie“ sehen Texturen und Gesichter überraschend detailreich aus. Gesichtsanimationen könnten an manchen Stellen mehr Feinschliff gebrauchen, was aber wirklich negativ ins Auge stach waren die mitunter völlig übersteuerte Sprachllautstärke mancher Figuren. Nur in den ansehnlichen Zwischensequenzen waren diese gut abgemischt. Hier muss dringend nachgepatcht werden. Gut hingegen ist für den Score verantwortliche Orchester – jedes Stück passt zur Situation. Wiederholend gar nervend wird sie niemals.

Unser Fazit zu „Call of Duty: WWII“

Mit Leidenschaft und Seele wurde hier ein waschechtes „Call of Duty“ geschaffen. Eben die großen Unterschiede zu einer Story-Kampagne von 2003 bis heute sprechen Bände. Während damals es erzählerisch gereicht hat drei Sätze am Ende der Mission zu offenbaren, wird die Handlung mit stetig kleinen Gesprächen bei der Stange gehalten. Meinungen werden hinterfragt und Figuren sind nicht gut oder böse. Zusammen mit dem wirklich angenehmen Gameplay wo es nicht auf Schnelligkeit sondern echte Skills ankommt, macht die Reihe Spaß wie seit Jahren nicht mehr. Noch mehr Mut hätten wir uns in Sachen „andere Wege“ gewünscht, es gab Ansätze aber dabei blieb es auch. Insgesamt ist WWII ein richtig guter Jahrgang mit nur kleinen Schwächen im Abgang.
Entwickler: Sledgehammer Games – Preis: 69,99 Euro – Für PlayStation 4, Xbox One und PC – USK: ab 18

Call of Duty: WWII (PlayStation 4)

Spielspaß - 91%
Gameplay - 92%
Grafik - 83%
Technik - 80%

87%

Ausgezeichnet!

Back to the Roots! Cineastische Kampagne trifft auf klassischen Multiplayer und formt daraus einen der besten Ableger der Reihe.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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