Assassin’s Creed Odyssey im großen Test
Auf ins alte Griechenland! Mit „Odyssey“ baut Ubisoft auf die Stärken des Vorgängers auf und inszeniert ein tragisches Familiendrama mit guten spielerischen Aspekten. Wie sich das neue „Assassin´s Creed“ sonst schlägt, lest ihr im Test.
Gleiches Spiel nur in Griechenland?
Kaum 12 Monate sind vergangen und schon erwartet die Spieler ein frisches „Assassin´s Creed“. Erinnere mich dunkel als ich ebenfalls zum Test für „Origins“ eingeteilt wurde und doch recht überrascht von den neuartigen Aspekten war. Sei es das flottere Kampfsystem, horizontaler Kompass statt Minimap und dem starken Rollenspiel-Einschlag. Zumal man statt zeitlich vor nun deutlich zurück zu den titelgebenden Ursprüngen der Assassinen-Bruderschaft bzw. dem Beginn hiervon geführt wurde. Hauptprotagonist Bayek besaß zwar eine recht ordentlich erzählte Vergangenheit konnte jedoch nicht bei allen Spielern punkten. Wie gewohnt stand Ezio Auditore aus „Assassin´s Creed 2“ über allen Charakteren. Spielerisch war der Neustart der Serie interressant und trotz einiger Schwächen hinsichtlich öder Open-World freute ich mich sehr auf eine Fortsetzung.
„Assassin´s Creed Odyssey“ schließt keineswegs an seinen letzten Serienteil sondern darf eine völlig eine Handlung präsentieren. Bevor wir starten entscheiden wir über das Geschlecht unserer Figur – hinsichtlich gibt es keine Unterschiede zur Story. Im Kern geht es um den Söldner/in Alexios/Kassandra in 342 v. u. Z.. Dieser verdingt sich auf der kleinen Insel Kefalonia unter seinem Freund Marko als Söldner. Doch seine Familiengeschichte sucht ihn nach einem fehlgeschlagenen Auftrag heim und erfordert den Weggang der Insel. Alexios muss sich in ein umkämpftes Griechenland der Spartiaten und Athener zu stürzen. Aus Spoilergründen halten wir mit Absicht die Storyline vage und verraten wenig. Ubisoft inszeniert hier einen wendungsreiche Historien-Blockbuster, der ab Sekunde 1 weiß zu fesseln. Seit langem packte uns diese Reihe storytechnisch und der Drang sie Stück für Stück aufzudecken war selten größer. Leider bremsen sich die Entwickler hier oft selbst aus, da das Spielprinzip die Oberhand behält. Alleine die unzähligen Referenzen und historischen Figuren wie Herodotes oder Aristoteles die Alexios auf seinem Abenteuer begegnet passen wunderbar ins Geschehen. Über die abstruse Gegenwartsstory hüllen wir den Mantel des Schweigens.
Unnötige Bremsklötze
Problematisch wird das Ganze, wenn wirklich Tempo in die Story kommt und Ubisoft uns erstmal teils unnötige „Geh nach A und dann zu B“-Quests auferlegt, um durch die Blume mitzuteilen, doch mal unseren Level zu erhöhen. Hätte man darauf verzichtet, wäre zwar die mitunter 30-35 stündige Kampagne nur halb so kurz – hätte aber davon profitiert. Wo wir gerade bei Level waren: Wieder setzt man auf Rollenspiel-Elemente dazu kommen auch sammelbare Ausrüstungen und Waffentypen. Letztere stehen mit fünf Kategorien zur Auswahl: Schwert, Speer, Dolche, Keulen, Schwere Klingen und Bögen. Je nach Level und Seltenheitswert bieten diese mehr Schaden oder extra Kampf-Werte. Negativ: Nur im Hauptmenü lassen sich Pfeile herstellen. Leider reißt einen das immer wieder aus der Immersion. Das Gameplay ist ohne Schild sogar einen Tick flotter geraten. Selbst deutlich stärkere Feinden lassen sich mit verschiedenen Taktiken niederstrecken. Zusätzlich schalten wir im Talentbaum eine Vielzahl von Spezial-Angriffen frei – sprich aufgeladene Attacken etc. Wie im Vorgänger können wir Festungen und Behausungen auch klammheimlich infiltrieren. Macht deutlich mehr Spaß. Büsche und Wände bieten hier ausreichend Schutz. Die Gegner-KI reagiert teils realistisch teils übernatürlich, wenn uns beispielsweise Gegner aus 700 Meter erkennen und sonst nicht. Offene Gefechte ziehen den Schwierigkeitsgrad spürbar an, das Spiel teilt euch jedoch genau mit, ob ihr bereit für dieses Gebiet seid oder nicht. Zudem ist es möglich besonders starke Feinde per Niederschlag für seine Schiffscrew anzuheuern.
Nach dem rund zweistündigen Intro dürfen wir übrigens jedes Gebiet auf der Map mit unserem Schiff der Adrasteia bereisen. Doch Vorsicht! Seeschlachten sind hier normal und eine Flucht nur schwer möglich. Es wirkt fast als hätten die Entwickler die Schwere aus diesen Kämpfen herausgenommen – Seitenwechsel fühlen sich fluffig an und deutlich fixer. Nur die heftigen Framedrops ist das Dorn im Auge. Unsere Mannschaft singen wieder Seemannslieder, was unweigerlich die Atmosphäre beflügelt. Im Menü dürfen wir das Schiff ausbauen: Rumpf verstärken, mehr Pfeile hinzufügen und die gewonnenen Mitglieder auf Positionen setzen. Lockert den Spielablauf auf.
Sex im alten Athen
An zwischenmenschlichen Beziehungen wurde auch geschraubt – so ist nun möglich Liebschaften einzugehen. Doch das Studio versteht Sex eher als Gag und kommt an eine ernsthafte Beziehung in „The Witcher 3“ nicht mal halb hin. In Gesprächen ist es meist wie im Kampf – diplomatisch oder kämpferisch? Je nach Gesprächspartner wird darauf anders reagiert und so um wenige Sequenzen verkürzt. Wenn ihr zu Anfang den sogenannten „Entdecker-Modus“ gewählt habt, werden euch keine Questmarker gezeigt und ihr müsst die Ziele ohne Hilfe finden. In solchen Unterhaltungen erhaltet ihr meist drei Hinweise auf den Ort. Dennoch anspruchsvoll. Die Spielwelt von Odyssey ist herrlich detailiert und voller kleiner Geheimnisse. Felder voller schönster Blumen, das schäumende Meer oder nur der Marktplatz mit dynamischen Tag-Nacht-Wechsel all das macht extrem viel her. Spielerisch sind die Missionen mal mehr oder weniger gelungen – zwar versucht man von den gewohnten Standards mit einigen verschiedenen Kniffen auszuweichen aber letztendlich bleibt man bei typischen Aufträgen. Bedeutet nichts schlechtes – im Gegenteil es macht sogar großen Spielspaß. Gerade, weil die packende Story den Spieler in seinen Bann zieht und so über unnötig in die Länge gezogene Quests vergessen macht. Den größten Schwachpunkt bilden leider die Dialoge, die mal zwischen Spiegel-Bestseller und Arztroman-Niveau wechseln. Schade, denn hier wäre definitiv mehr drin gewesen.
Bevor wir zur Technik kommen. Ja. „Assassin´s Creed Odyssey“ beeinhaltet Microtransaktionen aber absolut JEDEN Gegenstand könnt ihr mit Ingame-Währung kaufen. Diese einmaligen Zahlungen bedeuten runtergebrochen nur bloße Zeitersparnis. Technisch ist der neueste Teil der Meuchel-Reihe Ubisoft-typisch nicht perfekt aber auch nicht unspielbar. Es sind die ewigen Probleme wie Tearing, heftige meist sekundenlange Framedrops weil der Abschnitt nicht fertig geladen ist, spät nachladende Texturen oder auch Abstürze in Missionen. Mit dem aktuellen Update 1.02 wurden derartige Schwierigkeiten nicht aus der Welt geschafft. Bei Ubisoft kennt man es mittlerweile auch nicht anders. Der Score bedient sich dem klassischen Theme der „Assassin´s Creed“-Serie und unterstützt sie durch griechische Klänge. Ohne Klagen gut.
Unser Fazit zu „Assassin’s Creed Odyssey“
Alexios Odyssee übertrifft die Reise von Bayek um Längen. Hier packt einen die humorvolle Geschichte ohne beschwerende Tragik sofort. Da „Assassin´s Creed Odyssey“ während „Origins“ entwickelt wurde und beide die gleiche Grafik-Engine verwenden sind die Paralellen zwar zahlreich aber doch unterscheidbar. Griechenland ist um einiges interressanter gestaltet – allein die Vielzahl der ordentlich geschriebenen Nebenquests sind hier lobend zu erwähnen. Schwache Dialoge sind fallen deswegen doppelt negativ auf und die eingebauten Bremsen zugunsten der Rollenspiel-Elementen sind einfach unnötig. Technisch ist ebenso der Wurm drin. Trotzdem macht hier Ubisoft hier vieles verdammt richtig und kann auf diesen Aspekten weiter aufbauen.
Assassin’s Creed Odyssey (PlayStation 4)
Spielspaß - 91%
Gameplay - 87%
Grafik - 89%
Technik - 76%
86%
Ausgezeichnet!
Große komplexe Welt, die sinnvolle Neuerungen einführt aber mit herben technischen Macken kämpft.