Kino

Filmkritik zu „100 Dinge“

Eine deutsche Komödie, in der rund 20% davon die nackten Hintern von Schweighöfer und Fitz zu sehen sind. „100 Dinge“ möchte kritisch und liebenswert sein und scheitert dabei etwas.

Viel versprechende Ausgangslage

Florian David Fitz ist einer der besseren deutschen Filmemacher. Er scheint es ohne große Mühe zu schaffen Tragik und Humor spielend miteinander zu verbinden. Beispielsweise war seine Tragikkomödie rund um einen schizophrenen jungen Mann weitab vom Schuss eines Schweiger, dass Deutsches Kino auch wunderbare Geschichte ohne Klischees erzählen kann. Nun hat sich Fitz mit seinem Kumpel Matthias Schweighöfer zusammen getan, um „100 Dinge“ in die Lichtspielhäuser zu bringen. Dabei wirkt die Storyline recht erfrischend, man geht anfangs vom Eigentum einer jeden Generation aus. So besaßen unsere Großeltern im Durchschnitt rund 500 Dinge, unsere Eltern schon 2000 Dinge und wir dürfen 10000 Dinge beherbergen. Dazu zählen Smartphone, Kleidung, Deko und Möbel. Dabei wird einem gegen Ende des Films doch eines schnell klar. Menschen, die voll im Leben samt gut bezahltem Job stehen können sich auf die Prämisse des Streifens problemlos einlassen.

100 Dinge
© Universal
Nach einem recht spaßig inszenierten Pitch, bei dem Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer) ihre KI-App an ein großes US-Unternehmen für mehrere Millionen verkaufen, lassen sie sich auf eine verrückte Wette ein. 100 Dinge ohne ihr Eigentum. Beziehungsweise ein „Ding“ pro Tag geht wieder an die Besitzer zurück. Am nächsten Morgen das böse Erwachsen – als Wetteinsatz haben sie ihren Mitarbeiten gewaltige Beträge versprochen aus eigener Kasse. Nun heißt es durchziehen und prompt verguckt sich Toni in die hübsche Nebenmieterin Lucy (Miriam Stein) ihrer Miet-Garagen. Nun ist es für gut situierte Menschen sicher schwierig ohne ihr Eigentum, wobei Hartz 4 wahrscheinlich täglich so zurecht kommen müssen. Wobei leben die auch nicht in schicken Berliner Lofts. Zum anderen setzt Fitz auf eine recht, im Kontext, unpassende Liebesgeschichte, die den versucht kritischen Kern von „100 Dinge“ aufweicht. Der Cast ist mit Schweighöfer und Fitz gut gewählt. Beiden nimmt man die Figuren ab. Wobei schon fraglich ist, weshalb Fitz & Schweighöfer auf dem Filmplakat, im Teaser und letztendes im fertigen Film zu 20% pudelnackt rumrennen müssen? Positiv: Ein unnötiger Instagram-Sepia Filter ist zum Glück nicht vorhanden. Jedoch ein launiger Jazz-Soundtrack, der Hits wie „Faith“ von George Michael herrlich munter, die ansonsten als „Feel-Good“-Movie zugrunde liegende Atmosphäre, unterstreicht.

Film für Besserverdiener

Die Nebenrollen sind ebenso top-besetzt. So darf Hannelore Elsner als ständig quarzende Mutter von Paul Gefühl in die Sache bringen, während die große Katharina Thalbach ihre Rolle als Oma mit dem gewissen Esprit präsentiert. Und Wolfgang Stumpf als früher rebellischer Zonen-Bewohner sorgt wohl für die meisten Schmunzler. Insgesamt ist „100 Dinge“ ein unterhaltsamer Film, der jedoch unter einigen Längen leidet und locker 15 Minuten weniger vertragen hätte. Der Soundtrack ist wie bereits erwähnt frisch und verspielt. In der Meta-Ebene schwingt unweigerlich der Fakt mit, dass es gerade ein Film für Besserverdiener mit 80.000€ Nettoverdienst im Jahr. Denn: Hartz 4-Empfänger leben vielleicht nur mit annährend 100 Dingen und zwar jeden Tag. Und muss man sich am Schluss fragen, ist die absolut verständliche Kritik an unserem Konsum hier auf den Punkt oder vielleicht doch zu lasch geraten?
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „100 Dinge“ gibt es hier.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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