Nach langen Jahren des Wartens fliegt der wohl mächtigste Superheld wieder über die weltweiten Leinwände – niemand als „Guardians of the Galaxy“-Regisseur James Gunn nahm sich des Stoffes an und zeigt im 2025 wie spektakulär unterhaltsam eine Comicverfilmung noch sein kann. Der Cast u.a. aus Nicholas Hoult, David Corenswet und Rachel Brosnahan trägt zum positiven Gesamteindruck bei – unsere Review zum Blockbuster.
James Gunn hat es geschafft. Nach monatelanger Skepsis, hitzigen Online-Diskussionen und nostalgischer Verklärung alter Superman-Inkarnationen legt der Regisseur mit seinem „Superman“ einen ebenso respektvollen wie frischen Neubeginn für den ikonischsten aller Superhelden vor. Dabei verzichtet Gunn auf den genretypischen Knalleinstieg und entscheidet sich stattdessen für eine leise, fast meditative Eröffnung, in der der Mann aus Stahl nicht in glänzender Rüstung, sondern blutend röchelnd im Eis liegt. Es ist ein Bild von Fallhöhe, von Verwundbarkeit – und der bewusste Bruch mit dem übermenschlichen Mythos. Gunn zeigt von Anfang an: Dieser Superman ist zutiefst menschlich. Der neue DC-Boss trat ein ebenso übermenschliches Erbe an – nämlich nach dem Ende des DCEU (DC Extended Universe) den Neustart des DCU. Obwohl Konkurrent Marvel zuletzt auch so manches Tief hinnehmen musste (siehe „The Marvels“) gelang es Warner Bros. wiederum nicht, trotz Box-Office Hits wie „Aquaman“ oder „Wonder Woman“ hier entsprechend aufzurücken – vielmehr verrannte man sich in kleinteiligen Problemen wie ständig Kurswechseln oder Jahresplänen. Ausgerechnet bewusste gegensätzliche Werke wie „Joker“ von 2019 kamen bei Arthouse- wie Mainstream-Publikum am besten an. Doch wie schaut es mit dem neuen Mann aus Stahl aus?
Hauptdarsteller David Corenswet verkörpert Kal-El/Clark Kent mit einer sympathischen Mischung aus Altbekanntem und Neuem. Sein Spiel ist sensibel, vielschichtig, ohne je aufgesetzt zu wirken. Er trägt das große „S“ nicht als Superheldenklischee, sondern als moralisches Versprechen gegenüber den Menschen. Besonders in den Szenen mit Rachel Brosnahan, die eine kluge, unerschrockene und pointiert geschriebene Lois Lane spielt, entwickelt der Film jene emotionale Dichte, die Vorgänger meist vermissen ließen. Brosnahan gibt ihrer Figur nicht nur eine Stimme, sondern eine Haltung. Es ist ihre investigative Entschlossenheit, die den Dialog mit Superman auf Augenhöhe führt – etwas, das sowohl Richard Donners Klassiker als auch Zack Snyders Visionen nicht vollends einlösen konnten. Zudem erhält Metropolis endlich eine Identität nicht als x-beliebige Großstadt sondern durchgeknallte Megacity mit quietschbunten Einfällen.
Die erste Hälfte des Films widmet sich vorrangig dem Worldbuilding. Lex Luthor, diesmal gespielt von Nicholas Hoult, wird nicht als größenwahnsinniger Karikaturen-Bösewicht gezeichnet, sondern als charismatischer Technokrat mit gefährlich ruhiger Stimme. Hoult legt Luthor als eine Art Silicon-Valley-Diktator an – eiskalt und zunehmend unberechenbarer. Im weiteren Verlauf agiert er brutaler und verkörpert das unfassbare Böse, das nicht vor Mord und anderen Taten zurückschreckt um seine Ziele zu erreichen. Düstere Parallelen zum reichsten Menschen der Welt in unserer Gegenwart werden nicht zufällig gesetzt. Gunn gelingt es, einen Superman zu erschaffen, der nicht über den Menschen steht, sondern durch sie wächst. Das ist, bei aller Opulenz der Bilder, vielleicht der mutigste Schritt dieses Films.
Was Gunns Superman besonders macht, ist seine klare politische Lesart. Wo frühere Versionen den Helden oft in patriotischer Glorifizierung verankerten, verhandelt dieser Film ganz andere Themen: Nutzung von Fake News, Medienmanipulation und gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein. Gunn stellt seinen Superman bewusst in ein geopolitisches Spannungsfeld – zwischen Staatenbünden, Militärinteressen und öffentlicher Wahrnehmung. Dies offenbart sich auch in der Storyline. Der Anfang besteht nämlich aus Texttafeln. Sinngemäß wird uns mitgeteilt: Vor 300 Jahren tauchten die ersten Metamenschen mit übermenschlichen Kräften auf. Vor 30 Jahren kam Kal-El als Baby auf die Erde – heute kennt man ihn als Clark Kent. Vor drei Jahren zeigte sich Superman der Welt. Vor drei Wochen griff er in den Konflikt zwischen Boravia und Jarharpur ein. Vor drei Stunden erschien über Metropolis der „Hammer von Boravia“. Und vor drei Minuten verlor Superman zum ersten Mal. Lex Luthor (Hoult) besitzt mit seiner Militäreinheit „Planetwatch“ eine Macht um Superman zu stoppen, was irgendwo dann doch stutzig macht, weil er doch das mächtigste Wesen im Universum ist.
Gunn zügelt sich spürbar
Verglichen mit der pathetischen Schwere der Snyder-Filme wirkt Gunns Handschrift fast verspielt, ohne zu kindisch zu werden. Ähnlich wie in seinen „Guardians of the Galaxy“-Filmen gelingt ihm der Spagat zwischen Ernst und Leichtigkeit. Der Gunn-Humor ist hier deutlich zurückgeschraubt, wohl um auf Nummer sicher zu gehen und Neulinge im DC-Universum nicht zu verprellen. Dennoch sorgt Krypto, Supermans unerzogen-quirliger Hund für manchen Schmunzler. Zudem schickt Gunn mit Figuren wie Hawkgirl (Isabela Merced), Green Lantern (Nathan Fillion) und Mr. Terrific (Edi Gathegi) gleich mehrere Nebencharaktere in den ersten Blockbuster nach DCU-Neustart. Dank amüsanter Sprüche, nicht störend, ist es übrigens Letztgenannter, der für eine der besten Actionszenen im Film sorgt. Hier merkt man Gunn an, dass er die Zügel locker lassen und weitgehend seinem filmischen Stil fröhnen durfte.
Optisch gelingt Gunn und Kameramann Henry Braham ein erstaunlich eleganter Balanceakt: Die Action ist wild, die Bildsprache farbenreich und weit entfernt vom bleiernen Grau vieler Superheldenfilme der letzten Jahre. Gut, für über 200 Millionen US-Dollar Budget darf man mehr Farbe erwarten. Besonders hervorzuheben ist die fast klassische Komposition der Szenen – kein Schnittgewitter, sondern klar strukturierte Sequenzen, die die Figuren atmen lassen. Szenen oder Emotionen der Figuren werden ausgehalten. Heutzutage keine Selbstverständlichkeit. Die Kamera sucht den Blickkontakt mit den Menschen, nicht nur mit den Effekten. Ein Unterschied, den man spürt. Wir durfen ihn auf der größten IMAX-Leinwand der Welt im Traumpalast Leonberg erleben und in 3D war es schlichtweg einer der spektakulärsten cineastischen Erfahrungen seit vielen Jahren. Quasi mit dem ersten „Avatar“ von 2009 gleichzusetzen. Falls ihr die Möglichkeit habt – sucht euch die größte Leinwand in eurer Umgebung. Auch musikalisch setzt der Film markante Zeichen: Der Score von John Murphy (28 Days Later) verbeugt sich mit dezenten Zitaten vor John Williams’ ikonischem Superman-Thema, entwickelt aber dank E-Gitarren Sound ein eigenes Klangbild, das Hoffnung nicht (nur) als bombastische Fanfare, sondern als anhaltende Melodie versteht.
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- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Am Schluss der kurzweiligen 130 Minuten Lauflänge steht ein Film, der kein Reboot um des Reboots willen ist, sondern eine ernst gemeinte Rückbesinnung auf das, was Superman ausmacht: Hoffnung, Mitgefühl und innere Haltung. Gunn ist kein Zerstörer alter Mythen, sondern ein feinfühliger Weitererzähler. Er versteht Superman nicht als gotthaftes Wesen, sondern als Mensch mit alltäglichen Problemen und auch Ängsten – samt großer Verantwortung.
Superman. USA 2025. Verleih: Warner Bros. Regie: James Gunn. Mit David Corenswet, Rachel Brosnahan, Nicholas Hoult. Genre: Action. 130 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Ja.
Disclaimer: Vielen Dank an den Traumpalast Leonberg für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Superman“ gibt es hier.
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