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„Starfield“ im großen TEST – Fallout in Space Odyssey

Eine Reise zu ungewissen Sternen...

Über 25 Jahre Arbeit. 1000 Planeten. Weit über 100 Stunden Spielzeit. Bethesda erzählt mit seinem Sci-Fi Rollenspiel-Epos „Starfield“ eine faszinierende Geschichte rund um die menschliche Existenz und deren neugieriges Bestreben in komplex ausgearbeiteten Sternensystemen nach Antworten zu suchen. Der klassische Mix aus Erkundung, Shooter und Rollenspiel bietet neben lichtintensiven Seiten auch einige mit deutlichen Schatten. Unser großer Test zum heißerwarteten Bethesda-Titel.

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der USS Techkrams. Nach über 50 Stunden läuft nun also kurz nach zwei Uhr nachts der Abspann. Was habe ich gerade erlebt? Hat es sich gelohnt? Und noch wichtiger: Würde ich es euch empfehlen? Nach unserem reinen Sichtungstermin auf der diesjährigen Gamescom direkt bei Xbox war ich gelinde gesagt sehr gehypt. Ich wollte mir sofort den Controller greifen und in die Sterne rasen, ohne Unterlass, um jeden einzelnen begehbaren Flecken zu erforschen. Im rund 15 minütigen Clip drückte die PR von Bethesda auch die richtigen Knöpfe – bestehend aus kurzen, trailerhaften Zusammenschnitten und längeren Storypassagen. So saß ich vor zwei Wochen zuhause da und spielte das seit 25 Jahren in Entwicklung stehende Werk aus der Feder von Studio-Urgestein Todd Howard, für das manche Fans bereits vor Release ein 400 Seiten-kräftiges Werk mit allen relevanten Infos herausbrachten. Kurzes Bekenntnis: Ich habe VIEL gesehen aber längst nicht alles von Starfield. Aber da, laut den Entwickler:innen, jeder sein eigenes Abenteuer erlebt, ist das nicht weiter tragisch.

In Sachen monumentale Anfänge hält sich das Weltraum-Rollenspiel vornehm zurück. Wir starten als Minenarbeiter/in und kommen nach einem kurzen Plausch mit unserer Vorarbeiterin Kim mit einem merkwürdigen Artefakt in Berührung, das uns direkt ohnmächtig weghaut. Perfekter Zeitpunkt unseren Charakter zu designen – das Studio ließ es natürlich nicht nehmen zig verschiedene Anpassungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Von Bartlänge über Augenabstand bis hin zur millimetergenauen Nasenkrümung lässt der reichhaltige Editor kaum Wünsche offen. Interessanter sind da schon die Perks – also Eigenschaften mit positiven oder negativen Auswirkungen. Beispielsweise bietet „Alien-DNA“ bessere Ausdauer samt Energie aber Med-Kits helfen nicht mehr so stark. Bei „Kinderkram“ drücken wir regelmäßig Kohle ab, werden aber von ihnen an Bord unseres Raumschiff besucht und bieten nette Dialoge. Haben wir uns entschieden finden wir uns wenig später im Kampf gegen fiese Weltraumpiraten wieder – nur um danach in New Atlantis zu landen, da uns ein Mitglied der „Constellation“, einer Gemeinschaft aus Abenteurern, in die Gruppe holen will. Wir schließen uns mal an, weil wir natürlich Antworten auf das ko(s)mische Artefakt erfahren wollen und vielleicht das komplette Sternensystem bereisen wollen. Ab diesem Zeitpunkt lässt uns Starfield freie Hand – ob wir der Konstellation beitreten oder einer anderen Fraktion welche wir auf unseren Abenteuern kennenlernen, bleibt uns überlassen. Wir können auch ziellos auf Abenteuer hoffend durch die Systeme reisen. Ob zu Zweit oder Alleine ist uns vorbehalten.

Trotz der im Grundrauschen spürbaren Atmosphäre packt einen Starfield trotz des wirklich spannenden Settings anfangs kaum. Zu eindimensional wirken die farblosen Charaktere, zu unspektakulär sind die Aufträge und das spezielle „Mach du mal wie du denkst“-Konzept ist zwar Entwickler-typisch aber man merkt dem Ganzen sein grundlegendes Potenzial an. Bleibt man jedoch unbeirrt am Ball..ähm Controller und fuchst sich in die anspruchsvolle Mechanik aus Schnellreisen, Upgrades und Gameplay hinein, entwickelt Starfield in seinen besten Momenten einen verdammt starken Sog. Quasi im Minutentakt reisen wir von Planet zu Sternensystem um einer intergalaktischen Schnitzeljagd zu folgen, in der uns viel von der Hauptstory abzulenken versucht. Dies gelingt mit zweifelsohne gut geschriebenen Dialogen, man verlässt auch gerne mal die abgetretenen Pfade und sinniert mit Mond-Bewohnern für polizeiliche Gewalt bei Strafen. Übrigens keimt nach einigen Spielstunden mit plötzlicher Entführung und abschließendem Undercover-Einsatz in der gefährlichen „Crimson Fleet“, dahinter verbergen sich blutrünstige Piraten, um genügend Beweise bzw. Straftaten für deren Verhaftung aufzuspüren. Dies passiert hier so herrlich unvermittelt, dass diese eigentliche Nebenquest zu den best ausgearbeiteten Geschichten von Starfield und insgesamt einem Großteil aller Rollenspiele avanciert. Währenddessen plätschert die Hauptstory bis auf wenige Highlights vor sich hin.

Die Welt von Starfield wird zwar als Open Space verkauft aber ist nüchtern betrachtet eine Vielzahl an weitläufigen Levels mit festgesetzten Landepunkte also nichts mit überall auf dem Planeten landen wie es Bethesda vor geraumer Zeit mal versprach. Zudem macht der Weg ins Cockpit oftmals keinen Sinn, da man sowieso per unglückliche fummeliger Schnellreise-Karte zu jeweiligen Planeten reisen kann. So landen wir in New Atlantis – eine Art Washington der United Colonies im Alpha Centauri-System. Hier ist unser Bett und Lager. Zudem werden uns Aufträge erteilt und wir sprechen mit anderen Constellation-Mitgliedern. Die aus Glas- und Metall-Architektur überzogene Stadt wirkt sehr steril, was sich leider im gesamten Spiel auch auf anderen Planeten zeigt. Bethesda traut sich beispielsweise nur in „Neon“ einer Stadt, die wie „Cyberpunk 2077“ entsprungen aussieht, mal bewusst rougher und dreckiger zu werden. Doch Vorsicht: Schlechtes Verhalten wird schießwütigen Naturen sofort mit Kopfgeld im jeweiligen Sternensysten bestraft und endet gerade anfangs mit Game Over. Im weiteren Spielverlauf offenbaren sich auch die ärgsten Probleme bei Starfield – es ist schlichtweg in gewissen Punkten veraltet. Beispielsweise sind Reise immer mit Ladepausen verbunden. Egal, ob kurze Abstecher ins All um sich mit feindlichen Raumschiffen anzulegen oder einen Sprung auf Neptun – alles geschieht mit kurzen aber spürbaren Ladezeiten. Selbst in größeren Stadtgebieten. Ebenso lähmt es den Flow ständig wieder persönlich zurück zu Questgebern zu müssen damit es weitergeht. Obwohl die stark weiterentwickelte Creation Engine 2 als Grafik-Motor zum Einsatz kommt, sind die Gesichtsanimationen erschreckend emotionslos. Man könnte glatt von „Starefield“ reden. Die Vielzahl der gut geschriebenen Dialogzeilen mit verschiedenen Ansätzen wie diplomatisch oder sarkastisch wischt darüber etwas hinweg.

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Aber neben all diesen Schwächen stechen dann diese grandiosen und fast unwirklichen Momente durch. Mutig landet man auf einem unerforschten Mond und steht plötzlich in einer steinigen, kargen Wüste. Kaltweißes Gestein. Über einem das pechschwarze Nichts des Weltalls. Direkt daneben ein riesiger Planet. Dazu der melancholisch-spährige Score von Komponist Inon Zur. Sowas bleibt unweigerlich im Kopf. Manches Mal erwischte man sich dabei längere Zeit den Blick über die Weite hin zum Horizont schweifen zu lassen. Das Gameplay erinnert dank so mancher Eigenheit wie dem Inventar und Waffenrad an vergangene Studio-Titel, sodass „Fallout“-Cracks hier keinerlei Probleme haben. Beginnen wir zunächst mit einem Laser, finden sich wenig später stärkere Waffentypen bestehend aus Gewehre, Strahlengewehre, Schrotflinten, Pistolen und selbst
Äxte dürfen im Nahkampf nicht fehlen. Jede Waffe bietet eigene Specs und vier Qualitätstufen für weitere Effekte, die durch erledigte Aufgaben in Kämpfen freigeschaltet werden. Deutlich flüssiger als in „Fallout 4“ ist Bethesda das Gunplay gelungen, wenngleich die Gegner-KI mal wieder dämlicher nicht sein könnte. Einzig ihre Rüstung und die Vielzahl machen sie gefährlich. Wild herumrennend oder komplett den Dienst quittierend in Wänden glitchen. Well… Es ist zwar ein Bethesda und ein Rollenspiel aber ich hätte mir übrigens gerne eine automatische Aufnahme von Munition etc. gewünscht. Aus „Fallout“ importierten die Entwickler:innen übrigens direkt das Skill-System und schaffen fünf Skillbäume (Physisch, Sozial, Kampf, Forschung und Technologie) mit insgesamt 82 Fähigkeiten. Zwischen Umweltkonditionierung, Nahrungseffektivität bei Ernährung und Schiffsbefehl für die Erweiterung unserer Crew empfehlen wir ab Start den Kauf eines Boosterpack-Training um euch in Kämpfen sowie Erkundung deutlich agiler zu bewegen.

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Bis auf wenige Ausnahmen, um Spoiler zu vermeiden erwähne ich nur „Sternengeborene“, bleibt sich der Mix aus Erkundung und Quest erledigen weitesgehend treu, was einerseits natürlich total klassisch ist aber gerade bei diesem Prestigeprojekt mit über 25 Jahren Entwicklungszeit halt zu einfach wirkt. Neue IP aber fehlender Mut wirklich etwas Neues zu schaffen. Kleiner Hinweis: Starfield bietet tatsächlich 1000 begehbare Planeten aber nur ein Bruchteil davon handgefertigt. Todd Howard ließ verlauten – Mods werden kommen aber erst 2024. Kommen wir zur Technik: Die Texturen sind nicht gerade scharf aufgelöst, dafür überzeugt auf der Xbox Series S die Weitsicht und die recht stabile Framerate von 30fps. Bei hauseigenen Bethesda-Titeln sich über Bugs wie Glitches, Abstürze oder Tonprobleme zu echaffieren ist wie in indischen Restaurants sich über den Geschmack von Curry zu beschweren. Kürzen wir es ab: Es gab nur einen Komplettabsturz, der Rest waren Features.

Unser Fazit zu „Starfield“

Lange, sehr lange hat Bethesda mit der Veröffentlung ihres neuen Sci-Fi Rollenspiels gewartet. Zu lange? Anhand der teilweise stark veralteten Gameplay-Mechaniken möchte ich das fast schon bestätigen. Dann schickt mich Starfield auf mehrere Tour de Force’s durch sämtliche Sternesysteme des geschaffenen Weltalls um mich doch zu besänftigen. Hat man sich einmal mit den (technischen) Umständen abgefunden, entfaltet Bethesdas Weltraum-Abenteuer einen gewaltigen Sog, den man sich trotz nächtlicher Stunde und müden Augen kaum entziehen möchte. Was geschieht wohl auf dem Planeten? Was verbirgt die verlassene Raumstation? Was will die rufende Person von Mir? Starfield stellt mehr Fragen als es mir Antworten gibt und trotz technischen Mankos fliege ich trotzdem neugierig im Raumschiff zum nächsten Abenteuer. Auf meine beginnende Frage zurückzukommen: Ja, es ist eine Empfehlung.

Entwickler: Bethesda Game Studios | Genre: Sci-Fi Rollenspiel | Preis: 79,99 Euro | Für Xbox Series und PC | USK: ab 16

Starfield (Xbox Series S)

Spielspaß - 88%
Gameplay - 80%
Grafik - 82%
Technik - 76%

82%

Empfehlung!

Bethesda serviert ein Sci-Fi Epos mit gigantischen Ambitionen. Das Gameplay erinnert an frühere Genrevertreter während die Story zwar unterhält aber keine Maßstäbe setzt - grafisch und technisch bleibt man im Mittelmaß.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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