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12. Winterbach Zeltspektakel 2022 – Helge Schneider – King of Schabernack

Sommer, Sonne, Dauerwurst

Helge Schneider kam, witzelte, sang und bespielte Klavier wie das Winterbacher Publikum in bravuröser Weise – zu den finalen Festivaltagen des Zeltspektakel im sonnigen Remstal durfte sich der experimentierfreudige Entertainer mit seiner Crew austoben – wie uns der Schabernack gefiel, lest ihr hier.

Wundertüte im Zelt

Kreative Programmtitel á la „ene mene mopel!“, „LASS KnACKEN OPPA!“ oder „20 Jahre Katzeklo Evolution“ bietet Helge Schneider gewohnt massig – dennoch bleibt es bis kurz vor Beginn und weit darüber hinaus eine echte Wundertüte was der umtriebigste Extrem-Kabarettist in Deutschland, der 1972 mit 17 Jahren zum ersten Mal in Berlin war, auf der Bühne überhaupt veranstaltet. Eine wilde Mischung aus geistreichem Klamauk und authentischer Leidenschaft für die Musik ist oftmals das Ergebnis, was sich über 1.700 Zuschauer:innen beim 12. Winterbach Zeltspektakel nicht entgehen lassen wollten – während der bayrische Satiriker Gerhard Polt normalerweise diesen Spot innerhalb des Line-Up ausfüllt, durfte dieses Jahr mal Helge ran. Im mollig warmen knapp „91 Grad heißen“ Zeltinneren sind am gestrigen Abend Besucher jenseits der 40 im Vorteil, weswegen Kleinkunst-typisch eine Erfrischungspause zwischen seinen zwei Sets eingebaut wurde.

Brennender als die Tage zuvor möchte der ohnehin schon anstrengende Sommer im Remstal seine komplette Stärke demonstieren, sodass die an diesem Nachmittag anwesenden Biergartengäste kühlenden Schatten unter den großflächig zu findenden Sonnenschirmen suchen. Muse für Kaffee und Kuchen war vielerorts trotzdem. Während die zahlreichen Helfer:innen der Kulti (Kulturinitiative Rock – Winterbach e.V.) sich beherzt um verschiedene Anliegen der Besucher:innen kümmern, sieht man den fleißigen Ehrenamtlichen kaum die kräftezehrenden letzten Festivaltage an. James Blunt, Milow oder gleich drei Konzerte zur „Magic Blues Night“ sind wahrlich kein Zuckerschlecken. Zwischen Riesling, Falafeln und Weltstars bildet das Winterbacher Zeltspektakel eine kulturelle Rarität. Gerade weil es mindestens einen Abend mit Fokus auf Humoresken in Prosa gibt wird nicht bloß eine bestimmte Schicht an Festivalgehern angelockt.

Im Klamauk liegt die Kraft

Der an diesem Abend komplett bestuhlte Innenraum des geschätzt 20 Meter hohen weißspitzigen Zeltes wird gegen 18:30 Uhr zur umgewandelten Sprintstrecke für die besten Plätze Richtung Bühne – solche Szenen erinnerten fast schon an Öffnung der 2. Kasse im Supermarkt. Schals, Flaschen und gar Gürtel bilden Markierungen zwecks Beanspruchung, warum niemand ein Badetuch dabei hatte, überrascht dann doch. Tradiionell eröffnete der 1. Vorsitzende Vorsitzende Steffen Clauss den Abend während er auf die tatkräftige Unterstützung von über 460 Ehrenamtlichen verwies, die den sommerlichen Konzertmarathon erst möglich werden ließen. Kurz darauf erschien der Humor-Großmeister persönlich und spielte, quasi als beruhigende Maßnahme für das aufgeregte Publikum, kein ulkiges Lied sondern typischen Jazz am Piano. Doch spätestens zur Begrüßung, in der er Winterbach mit dem „Paris vor Stuttgart“ verglich, waren einige Lacher sicher. Zur Unterstützung standen ihm, der an Gandalf erinnernde „Meisenmann“ mit regelmäßigen Teeportionen und seinem Stammgitarristen Sandro Giampietro, welcher von Lightspot-Kind „Bärchen“ oft ins Visier genommen wird, wenn er nicht gerade Butterbrote isst. Helge schneidet Grimassen, rast wie ein Ritalin-durchsäuertes Duracell-Häschen über die dunkel ausgeleuchtete Bühne und posiert sogar für kniende Fotografen. Kultige Klassiker wie „Katzenklo“ oder „Fitzefatz“ fehlen ebenso wenig wie seine einzigartige Fähigkeit aus bloßen Worten dank Betonung das Zelt regelmäßig zum Gackern zu bringen.

Sammlung Schneider: Musik & Live-Shows: inkl. bisher unveröffentlichtem Material
  • Audio-CD – Hörbuch
  • Schneider, Helge(Autor)
  • 08/20/2015 (Veröffentlichungsdatum) - Roof Music (Herausgeber)

Wie schon Tausende andere Kollegen vor mir – bringen simple Rezitierungen seiner nüchtern betrachtet merkwürdigen Erzählungen nichts. Das begnadete Improvisationstalent Helge Schneider spielt brachiale Schlagzeug-Soli, singt absurde Lieder über Dauerwurst, traf fast mal Duke Ellington in Berlin und leckt am Verstärker-Kabel. Am Ende ist Unterhaltungskünstler schlichtweg ein Erlebnis – aber nicht erklärbar.

Infos und Tickets zum Zeltspektakel findet ihr unter: https://zeltspektakel.com.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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