Sekiro: Shadows Die Twice im Test
Beinhart, unverzeihlich und gnadenlos – trotz Publisherwechsel zu Activision bleibt sich Studio FromSoftware treu und zelebriert mit „Sekiro: Shadows Die Twice“ einen wilden Mix aus Samurai-Action und besonderer Erzählweise – bedeutet Top-Wertung im Test?
Ehre. Für einen Samurai ist Ehre nicht mit Gold, Platin oder gar Macht aufzuwiegen. Ist diese beschmutzt oder sogar so stark in Ungnade gefallen, dass jegliche Menschen sich von ihm abwenden ist es für ihn die oberste Bestimmung diese wieder herzustellen. FromSoftware verlässt die breitgetretenen gothischen Pfade der „Dark Souls“-Reihe und „Bloodborne“ um sich neuen Gefilden zu widmen. Im alten fernöstlichen Japan ist man fündig geworden. Waren es früher enge steinige Gassen voller Dunkelheit, erstrecken sich heute weitläufige Täler mit schmucken Holzhütten im Tal auf unserem erleutenden Weg. Trotz Publisherwechsel zum doch überraschenden „Call of Duty“-Herausgeber Activision dürfen Fans von Hardcore-Rollenspielen bei einem Aspekt beruhigt sein: „Sekiro: Shadows Die Twice“ ist verdammt schwierig. Ohne Gnade oder Mätzchen. Auch verabschiedete man sich vom Rollenspiel-Element insofern, dass anfangs kein Editor mehr zur Verfügung steht sondern wir die Geschichte eines geschriebenen Helden erleben dürfen. Erzählerisch vielleicht der größte Fortschritt des Studios.
In Gestalt des „einarmigen Wolfs“, einem Samurai, gilt es nichts nicht weniger als unsere verlorene Ehre wiederherzustellen. Wieso unsere Ehre abhanden gekommen ist, lässt die Story zu Beginn weitgehend im Dunklen. Dennoch haben wir unser Leben einem kleinen Mädchen verschrieben, dass durch eine List entführt wird. Also gilt es sie zu befreien und nebenher noch die mysteriöse Krankheit namens „Drachenfäule“ einzudämmen, die jegliche Bewohner befällt. FromSoftware stellt uns keine vorgefertigte Welt mit zahlreichen Gegnern mehr hin sondern wollen mit „Sekiro“ eine Geschichte zum blutigen Verrat erzählen. Die rund 40 stündige Storyline (je nach Frust bei Bosskämpfen) ist durchweg von Melancholie erschlossen. Die Welt lebt von ihrer fernöstlichen Art wie umherwehende Kirschbaumblätter oder Holzhütten mit Tee-Service im Inneren. Desweiteren heben die Entwickler unser Movement-Niveau sofort nach oben, wenn dem „einsamen Wolf“ bereits im Prolog die Hand abgeschlagen und von einem hilfsbereiten Bildhauer durch eine Prothese ersetzt wird mit der wir per Enterhaken höhergelegene Stellen erreichen können. Gerade diese Neuerung erfrischt ungemein und beweist, dass dieses Abenteuer kein schnödes „Ninja Souls“ ist.
Kein Ninja Souls
Okay, der Schwierigkeitsgrad ist FromSoftware typisch fordernd bis gefühlt unfair gehalten. Oft scheitere ich an simplen Gegnern mit ihren flotten Angriffsmustern oder kämpfe mich zum Obermotz durch und verpasse einen Konterangriff um dann das Zeitliche zu segnen. Also fast. Eine weitere Besonderheit ist dass der Tod nicht endgültig ist – haben wir genügend Feinde ausgeschaltet bekommen wir die Chance weiterzumachen. Vorausgesetzt die halb aufgefüllte Energieleiste macht uns nichts aus. Statt Bonfire ruhen wir nun an einer Buddha-Statue, an der wir Rasten sowie neue Gegenständen mit erbeuteten XP kaufen dürfen. Nach längerer Spielzeit sehen uns neben der Katana auch eine Axt sowie kleine Flammenwerfer zur Verfügung. Heilen funktionert per Kürbisflasche, die ebenso aufgewertet werden kann. Deutlich mehr freundlich gesinnte Figuren erwarten uns in „Sekiro“ oftmals wechseln wir in komplett deutscher Lokalisierung einige Worte oder haben eine Aufgabe für uns. Die Synchro ist ordentlich und überzeugt mit der Auswahl zwischen Englisch und Japanisch. Das Gameplay geht für „Souls“-Veteranen schnell in Fleisch und Blut über. Parieren bzw. ausweichen ist in Kämpfen überlebensnotwendig und wird bereits im Tutorial gepredigt. Spielerisch ist der Anspruch weit oben – so weit oben, dass selbst für frustresisitente Spieler hier Probleme auftreten können. Es sei denn Masochristen möchten mal wieder neues Futter für ihre Konsole.
Technisch überzeugt der Ausflug in feudale Japan – von verschneiten Pfaden, deren Wegesränder tote Samurai säumen, bis hinauf zu einem Tempel in der Flanke eines Berges, der lichterloh in Flammen steht – jedes Fleckchen dieser Welt ist hochgradig individuell. Dennoch nutzt auch „Sekiro: Shadows Die Twice“ die gleiche Grafik-Engine wie die von „Bloodborne“ und „Dark Souls 3“ – wenngleich aufgebohrter. Was sofort auffällt – die Hauptfigur bietet deutlich mehr Bewegungsanimationen. So kommt neben dem Einsatz von cinesatischen Zwischensequenzen unweigerlich der Eindruck auf, dass FromSoftware zukünftig am Triple-A-Niveau anderer Story-Games orientiert. Trotzdem macht das Spiel anhand wenigen Technik-Problemen wie Tearing einen überaus guten Eindruck. Nur in hektischen Situationen saust die Framerate spürbar runter. Der Score hält sich im Hintergrund und trumpft erst bei den Bossfights auf. Asiatischen Klänge passen perfekt ins Gesamtbild.
Unser Fazit zu „Sekiro: Shadows Die Twice“
FromSoftware liefert einmal mehr einen Garant für anspruchsvolle Actionspiele ab. „Sekiro: Shadows Die Twice“ hüllt den Spieler sofort in eine ganz bestimmte Atmosphäre ein, die aus gutem Storytelling und rauschartigem Gameplay besteht. Das Gameplay leicht erlernt aber schwer zu meistern springen wir dank Enterhaken von Baumkrone zu Dach und töten Feinde mit gezielten Attacken. Deutlich flotter laufen Kämpfe ab, die wegen ihrer Schwierigkeit manchmal zu unfair wirken. Die grandios inszenierten Bosskämpfe sind jedoch eine klares Musterbeispiel für grafisch ansprechende Openings. Die Technik bis auf kleine Mankos auch. Alles in allem war unser Preview der Gamescom 2018 in jenem Punkt richtig, dass die Entwickler neue Pfade betreten wollen. Und es auch geschafft haben.
Entwickler: FromSoftware | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 18
Sekiro: Shadows Die Twice (PlayStation 4)
Spielspaß - 91%
Gameplay - 87%
Grafik - 92%
Technik - 89%
90%
Ausgezeichnet!
Anspruchsvolle Samurai-Action, die mit bildschönen Gebieten beeindruckt.