Der zweite Kinoausflug von Deutschlands wohl bekanntestem Büroekel Bernd Stromberg entpuppt nach näherer Betrachtung wie eine Abrechnung von Autor und Miterfinder Ralf Husmann mit seinem Publikum sowie deren Erwartungen und zugleich finsterer Komödie, die ihren (Anti-)Helden ab der zweiten Hälfte mehr oder minder alleine lässt um ein Umdenken gar eine Katharsis einzuleiten. Christoph Maria Herbst brilliert einmal mehr in seiner Paraderolle während manche Drehentscheidungen zwar Zugeständnisse an den Zeitgeist darstellen, jedoch nur Abziehbilder bieten anstatt ernsthaft das Thema anzupacken. Unsere Kritik zu Kino-Neustart „Stromberg – Wieder alles wie immer“.
„Büro ist wie Achterbahn fahren, ein ständiges Auf und Ab. Wenn man das acht Stunden machen muss, täglich, dann kotzt man irgendwann.“oder „Probleme sind wie Brüste! Wenn du sie anpackst, macht’s am meisten Spaß!“ so ulkte und kalauerte sich Herbst als fiesester Chef Deutschlands durch die unteren Etagen der Capitol Versicherungen. Der Humor nah an der Grenze der absoluten Geschmacklosigkeit. Gerade deswegen so nötig. Husmann hatte und hat bis dato ein sehr feines Gespür für treffende Pointen abseits der plattgetretenen Pfade. Mit „Stromberg“ etablierte er 2004 dank ProSieben den hierzulande kaum gesehenen Cringe-Humor in Form einer Mockumentary, die sich andererseits der britische Comedian/Autor Ricky Gervais samt seinem Kumpel Stephen Merchant ausdachten um die Massen zu belustigen. Nach einem Rechtsstreit kam es zur Einigung und während Bernd’s britischer Kollege David Brent nach nur zwei Staffeln samt eigenem Film im Jahre 2016 sein Ende fand, verschlug das rheinländische Pendant in gleich fünf Staffeln in verschiedene Stationen seinen Lebens. 2014 markierte man mit dem „Film“ zum Ende der televisionären Serie. Jetzt 11 Jahre später kehrt man nochmal zurück und zieht eine Zwischenbilanz.
Das Publikum im örtlichen Multiplex repräsentiert genau das Publikum was man sich bei einer strittigen Satire-Figur vorstellt. Paare und der Typus an Bürohengsten, die einerseits die Sprüche gar nahtlos rezitieren können und sich zeitweise wie der Ochse im Hühnerstall benehmen. Denn „Stromberg – Wieder alles wie immer“ beginnt mit einem Fake-Trailer für die anstehende „Reunion“-Show nach zehn Jahren auf Heimatsender ProSieben. Wie erging es Tanja, Ulf, Jennifer „Schirmchen“ oder Ernie? Fast alle sind beruflich aufgestiegen und machen etwas anderes – Husmann drückt in der ersten Hälfte stark auf die inszenatorische Bremse und lässt der Exposition den Vorrang. Ulf und Tanja sind dank Adoptivkind „Marvin“ noch ein Paar. Während Sie mittlerweile Abteilungschefin in der Capitol ist, pennt sich Ulf weiterhin als Sachbearbeiter durch den Tag. Bernd Ex-Flamme Jennifer ist jetzt mit einem Content namens „Julian G.“ verbandelt. Ernie ist jetzt Antimobbing-Trainer und versucht sein Buch „Du bist kein Opfer!“ unter das Volk zu bringen. Nur Bernd Stromberg ist ganz woanders gelandet…
Nämlich in der „Alpha“, einer hypermodernen Versicherungsagentur mit Diversity-Standards samt eigener Doppelsiebkaffee-Maschine und Wasserzapfanlage für jeden Mitarbeitenden. Wie schaffte das Büroekel nur dort hin? In 100 Minuten Lauflänge versuchen uns Regisseur Arne Feldhusen und Autor Ralf Husmann diese Umstände zu erklären. Wegen der reinen Handlung schaut hier niemand zu. Sie dient nur um wieder Möglichkeiten zum Dialog zwischen allen Beteiligten zu schaffen, dessen Gags krachen immerhin verlässlich im Minutentakt. Gerade, wenn „Papa“ Stromberg gnadenlos über jede Figur oder Situation wegfetzt, dennoch gerät das Wiedersehen schnell zum Desaster, weil sich neben verkleideten Ultra-Stromberg Fans auch Demonstranten untermischen und diese Show verhindern wollen.
Erfreulich zu sehen wie Husmann sich selbst und seine Figur immer wieder ohne Tabus hinterfragt, in dem jene Ultras zwar in ähnlicher Tonlage die bekannten Sprüche nachäffen und es Bernd sichtlich unangenehm wird sie nochmals zu hören. Ab der 2. Hälfte kommt es einem glatt so vor als hätte zwischenzeitlich Enfant Terrible Lars von Trier die Produktion übernommen, denn neben purer Eskalation gerät der Film gar zum Abgesang seiner Kultfigur. Gerade, wenn ihm eine frühere weibliche Bekanntschaft ihm „Du bist ein Fehler!“ vor den Latz knallt, ist vom unbekümmerten Flow der Serie sowie des ersten Kinofilms nichts mehr übrig. Herbst ließ zum Kinostart verlauten, man mache es selbst den Fans nicht einfach. So werden die Allermeisten besonders in der 1. Hälfte oftmals Gelegenheit für kräftige Lacher bekommen – wird es zum Finale düsterer als ein Tunnel ist.
Stromberg – Wieder alles wie immer. Deutschland: 2025. Verleih: Brainpool. Regie: Arne Feldhusen. Mit Christoph Maria Herbst, Bjarne Mädel, Oliver Wnuk. Genre: Komödie. 100 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Ja.
Disclaimer: Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Stromberg – Wieder alles wie immer“ gibt es hier.
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