Filmkritik zu „Es“
Der gruseligste Clown Pennywise treibt sein Unwesen erstmals auf der Kino-Leinwand. Grund genug ihm (un)freiwillig einen Besuch zu verpassen und zu schauen, ob der Hype aus Amerika berechtigt scheint. Unsere Filmkritik zu Stephan Kings „Es“.
Mit Herzrasen im Kinosaal
Ein mit Flüssigwachs bestrichenes Papierboot plätschert seelig die Straße entlang. Im Schlepptau ein kleiner fröhlicher Junge im blendend gelben Regenanzug, der mit Lachen und Glucksen diesem Frohsinn hinter eilt. Dicke Regentropfen platschen auf den Asphalt, Nachbarn stellen vorsichtig Blumenkästen ins Haus. Plötzlich ändert das Boot seinen Weg auf die andere Straßenseite und fällt in den Schacht. Georgie, der kleine Junge, schaut hoffnungsvoll hinein. Ein clownartiges Wesen hält Papierstück und spricht auf Georgie ein. Bedrohlich und doch irrer werden die ausgesprochenen Sätze. Bis der Schrecken seinen Lauf nimmt. Die Eröffnungssequenz von „Es“ hatte Regisseur Andrés Muschietti mit Bedacht 1:1 übernommen. Kaum anders kannst du dem Publikum mit Zeit und Härte einen Bösewicht wie Pennywise einführen. Ja, 2017 ist das Jahr der Stephan King-Verfilmungen. Wie in der Vergangenheit variiert die Qualität. Ebenfalls von Warner Bros. wurde „Der dunkele Turm“ aufs Publikum losgelassen. Mit deutlichen Mankos. Eine 9-teiliges Epos bzw. Buchreihe in rund 90 Minuten abzuhandeln ist gelinde gesagt beschissen. Trotz Starpower von Idris Alba und McConaughey blieb der „Wow“-Effekt aus. Bei „Es“ steckt aber auch Warner mit weitaus besserem Händchen. Laufzeit deutlich über 2 Stunden, gute Trailerpolitik mit View-Rekord und tollem Cast. Anders als im Fernseh-Mehrteiler von 1990 und dem Buch unterscheidet sich die Story.
Im „Kapitel Eins“ wird ausschließlich die Geschichte der Kinder erzählt. Zeitlich angesiedelt im Jahr 1989 spielt die Story in Maine, Derry. Im verschlafenen Städtchen haben gerade die Sommerferien begonnen und Bill (Großer Bruder von Georgie) hat das Verschwinden seines Burder immer noch verdaut bzw. nicht hingenommen. Mit seinen Freunden, die allesamt aus Ausgestoßenen bestehen will selbst ernannte „Club der Loser“ einen unvergesslichen Sommer leben. Nur dumm, dass ausgerechnet Henry Bowers und seine Schlägertypen es auf sie abgesehen hatten. Schon bald wächst die Gruppe und dazu gesellen sich bald die hübsche Beverly Marsh, der introvertierte Ben sowie der afroamerikanische Junge Mike Hanlon. Nach und nach begegnen sie Pennywise. Mit Absicht habe ich gewisse Teile der Handlung verschwiegen, um nicht zu spoilern. „Es“ wird zwar als Horrorfilm verkauft, ist jedoch ein „Coming-of-Age“-Drama mit vereinzelten Horror-Elementen. Sichtlich an, ebenfalls von King geschriebenen, „Stand by me“ erleben wir diesen Sommer der wunderbar gecasteten Kinder/Jugendlichen. Jede Figur ist toll ausgearbeitet und geizt auch nicht mit pointierten Gags. Alleine Gespräche unter den Kindern sind teils so reich an Wortwitz, dass in diesem Horrorfilm wahrscheinlich mehr gelacht wurde als in generellen Komödien.
Von Teenie-Comedy zum bitterbösen Schocker
Jedoch beherrscht „Es“ die Kunst von lustigen Sequenzen ins Horror-Genre zu wechseln. Krachende Geräusche, verdächtige Schatten und verzerrte Jahrmarktsmusik pressen mit ihrer Intensität mühelos in den Sitz. Hier muss man „Pennywise“-Darsteller Bill Skarsgård explizit loben. Er versucht gar nicht erst Tim Curry nachzuahmen sondern präsentiert eine Figur, die irrer als der Joker und kompromissloser zu seien scheint. Allein, wenn er auf seine Opfer einredet, ist dies maßlos überzogen und gerade deswegen so furchterregend weil unberechenbar. Make-Up und CGI tun ihr Übriges. Der Rest des Casts ist perfekt. Jaeden Lieberher als stottender Bill ist glaubwürdig und mitunter wichtigster Teil der Gruppe. Die anderen Darsteller spielen ebenfalls auf verdammt hohem Niveau. Überraschend bleibt, dass in „Es“ wirklich Kinder die Hauptfiguren sind. Erwachsene sind eher Beiwerk.
Der Score untermalt mit schrecklich-guten Stücken die Szenen. Mal genauso überraschend wie Auftritte von Clown Pennywise ist der Score gestaltet. Im Horror-Genre klassisch bekommen wir meist orchestrale Melodien zu Gehör. Komponist Benjamin Wallfisch hatte sichtlich schon Erfahrungen wie „Lights out“ oder „A Cure of Wellness“. Das Bild ist sauber geraten auch wenn hier mit einem leichten Filter gearbeitet wurde, dass das Bild etwas sepia einfärbt. Wahrscheinlich um den Past-Effekt einzufangen.
Unser Fazit zu „Es“
Stephan King hatte mit „Es“ schon Anfang der Neunziger Millionen von Kindern mit Schrecken ins Bett geschickt oder in den nächsten Zirkus. Hier wird es nicht anders sein. An aktuelle Sehgewohnheiten angepasst, überrascht Muschietti´s Machwerk mit Retro-Einflüssen langsamer Erzählart und höllischen Schockeffekten. Beruhigend, dass „Es 2“ schon für 2019 angesetzt ist. Der Horrorfilm im Jahr 2017, den man im Kino gesehen haben sollte.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Es“ gibt es hier.