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Filmkritik zu „The Running Man“ – Rasant clevere Mediensatire rund um den Rausch der Quote

Bundesweiter Kinostart: 13. November 2025

The Show must go on! „Baby Driver“-Regisseur Edgar Wright inszeniert mit „The Running Man“ eine rasant wie clevere Mediensatire. Zielsicher wurde die grundlegende Prämisse einer Menschenjagd in heutige Zeiten getragen. Wie weit darf Unterhaltung gehen, wie viel Fiktion ist moralisch anwendbar, um die Quote in autoritären Gefilden zu steigern? „Running Man“-Glen Powell vertritt Arnold Schwarzenegger ebenbürtig. Unsere Kritik zu „The Running Man“.

Schaut man sich um in der aktuellen Medienlandschaft von Deutschland um, wird eines relativ schnell klar. Die Programmfarbe „Reality“ ist stark vertreten. Mehr unbekannte als bekannte Persönlichkeiten werden irgendwo eingepfercht, um sich entweder gegenseitig verbal und manchmal sogar tatsächlich an die Gurgel zu gehen oder gemeinsam das Bett beben zu lassen. Alles gnadenlos von Regie sowie Produzenten gefilmt oder sogar befeuert. „The Running Man“ von Edgar Wright ergründet seinen Ursprung zwar durch seinen Roman von Stephen King von 1982, ist jedoch deutlich früher in gewisserweise aufgekommen. Nämlich 1970 in Westdeutschland. Das vom legendären Fernsehautor Wolfgang Menge gespenstische wie visionäre Fernsehspiel „Das Millionenspiel“ zeigt die gierhafte Jagd nach der stärksten Quote, in dem ein Mann mit Aussicht auf eine Million D-Mark von Killern (u.a. Didi Hallervorden) eine Woche lang durch die Republik gescheucht wurde. Besonders interessant: Alles was in der Neuverfilmung von Wright zu sehen ist, nahm Menge gar vorweg. Da gab es einmal den schmiergen Moderator, statt Dieter Thomas Heck ist es in diesem Falle Colman Domingo, oder den ärmlichen Kandidaten hier in Form von Glen Powell. Reality-TV mit Totalüberwachung lange vor „Big Brother“ oder „Dschungelcamp“ war hiermit ein klassisches Gedankenexperiment – nur ohne den vereinbarten Faktor des Todes von Kandidaten.

Im Zentrum von „The Running Man“, dem neuen Film von Edgar Wright, steht ein autoritärer Staat, der nicht (mehr) mit eiserner Hand regiert – sondern mit Kameras, Industrie und Quotenschnüfflern. Glen Powell ist Ben Richards: Nach unzähligen Jobs aufgrund Ungehorsam arbeitslos mit kranker Tochter. Selbst eine normale Grippe kann aufgrund schwieriger Medikamenten-Verfügbarkeit der Tod sein. Seine letzte Chance – Kandidat in einer mörderischen Reality-Show. Der Clou: Während er um sein Leben rennt, wird er zur Projektionsfläche einer Gesellschaft, die nicht mehr groß zwischen Spiel und Menschenleben unterscheidet. Josh Brolin zeigt als skrupelloser Produzent Dan Killian die Maschinerie hinter dem Spektakel und Colman Domingo brilliert als semi-irrer Moderator Bobby T., dem das Blut-Quoten-Mix-Gefühl über alles geht. William H. Macy hat zwar nur eine kleine Nebenrolle, bleibt jedoch im Kopf. Michael Cera hingegen hätte mehr Exposition vertragen. Wright verwebt temporeiche Verfolgungsjagden mit cleveren satirischen Einwürfen über Medien, KI-Technologie und herrschender Klassenlage – und unterlegt das Ganze mit einem Soundtrack, der vibriert. Eine Gesellschaftsanalyse mit Adrenalin, die uns fragt, ob wir zuschauen – oder mitlaufen.

Inhaltlich spielt „The Running Man“ in einer nicht näher benannten nahen Zukunft der Vereinigten Staaten, in der das Leben für viele zwischen Armut und Hoffnungslosigkeit pendelt. Wrights Adaption setzt stärker auf Echtzeitflucht in aufwendiger Art und urbane Jagd als auf Arena-Spektakel – und spiegelt damit unheimlich aktuell eine Gesellschaft, in der Medien- und Technologie-Konvergenz, Deepfakes und Live-Stream-Kultur keine Zukunft mehr sind, sondern Realität. Die frühere Erstverfilmung von Paul Michael Glaser aus 1987 ist sogar mit einigen Elementen vertreten, so prangt der damalige Hauptdarsteller Arnold Schwarzenegger als Konferfei auf den New Dollar-Scheinen.

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Technisch und inszenatorisch überzeugt das Remake nicht nur mit temporeichen Verfolgungsjagden, sondern mit einer sauber getakteten Montage wie sie nur Edgar Wright schafft samt überleitenden Schnitten und einem Soundtrack, der wie ein Puls durch die Bilder zieht – wie es bereits frühere Arbeiten des Regisseurs erahnen liessen. Hiermit sei „Baby Driver“ von 2017 löblich erwähnt. Das Budget von 110 Millionen US-Dollar ist ersichtlich. Glen Powell zeigt, dass er mehr drauf hat als ein sympathischer Muskelbody zu sein – als Ben Richards ist er belastbar, chronisch wütend und durch seine Haltung glaubhaft unter die Räder des unfairen Systems geraten. Die Produktion nutzt eine dichte Atmosphäre von Überwachung, Kälte und Bewegungsdruck – das dystopische Umfeld wird nicht mit großen Worten angekündigt, sondern durch Alltagsdetails wirksam. So ist sich Ben niemals sicher, ob Fremde ihm helfen oder gegen Belohnung verpfeifen. Doch so sehr „The Running Man“ in seiner Konstruktion funkt, so sehr lassen wenige Zwischenräume Zeit: Figurenentwicklung von Nebencharakteren bleibt etwas auf Strecke – Stephen King war in einigen Phasen der Handlung expliziter.

The Running Man 4K UHD [Blu-ray] [Region A & B & C]
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  • Arnold Schwarzenegger führt diesen spannenden Action-Blockbuster auf großem Bildschirm an, der für sein 35-jähriges Jubiläum auf 4K UHD mit HDR-10 und Dolby Vision besser aussieht als je zuvor
  • In einem dystopischen Los Angeles 2019 angesiedelt – jetzt ein Polizeistaat nach dem totalen Zusammenbruch der Weltwirtschaft – "The Running Man" ist die am heißesten bewertete Reality-Wettbewerbsreihe, in der verurteilten Kriminellen eine Chance auf Freiheit erhalten, indem sie durch einen Handschuh schwer bewaffneter Mörder, bekannt als "Stalker", laufen
  • Wenn ein Ex-Polizist (Schwarzenegger) fälschlicherweise wegen eines Gewaltverbrechens verurteilt wird, findet er sich in der Serie in Begleitung anderer Gefangener "Kandidaten" wieder

Im direkten Vergleich zum klassischen 1987er-Film beziehungsweise zur Vorlage von Stephen King legt dieser neue „Running Man“ mehr Wert auf politische Dringlichkeit und visuelle Schärfe. Er verzichtet auf die reine Actionmaskerade und fokussiert sich stattdessen auf ernstgemeinte Systemkritik, ohne jedoch die Popcornmechanik zu verleugnen. Dennoch sei ein Kinogang in einen Dolby Atmos ausgestatteten Saal oder gleich ins Dolby Cinema zu empfehlen. Wir sahen „The Running Man“ im Traumpalast Esslingen und waren von der technischen Präsentation überaus angetan. Damit steht er zwischen ernsthafter Gesellschaftsparabel und unterhaltsamem Blockbuster – eine Gratwanderung, die nicht immer gelingt, aber mutig angelegt ist. Wer also erwartet hatte, dass der Film nur ein bloßes Nachtreten der Arnie-Version sein würde, sieht sich angenehm überrascht: Dieser „Running Man“ läuft anders, er denkt anders – und er unterhält anders.

The Running Man. USA 2025. Verleih: Paramount Pictures. Regie: Edgar Wright. Mit Glen Powell, Josh Brolin, Katy O’Brien. Genre: Action. 135 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren.

Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.

Disclaimer: Vielen Dank an den Traumpalast Esslingen für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „The Running Man“ gibt es hier.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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