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Frustpost: Ein Buch ist keine Software und bleibt ein Buch

Ein paar von euch haben ja sicherlich mitbekommen, dass ich das letzte Jahr in einem Verlag gearbeitet habe, genau dieser Verlag hat sich diese Woche nun nach einem „langen und schwierigen Prozess“ überlegt seinen Standort nach Berlin zu verlegen um so seine Synergien mit der angegliederten Holding besser zu bündeln zu können. Zudem stößt man einige (durchaus) rentable Verlagsteile ab um sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren zu können.

Klingt ja alles ganz gut, doch das eigentliche Problem ist damit noch nicht behoben, denn nicht das Produkt ist das Problem, sondern der Wandel in der Gesellschaft und der damit verbundene Wechsel des Lesers hin zu eBooks. Im letzten halben Jahr habe ich einfach mal versucht ein wenig Missionarsarbeit zu leisten und den klassischen Verlegern das Thema „eBook“ nahe zu bringen. Teilweise mit kleinen Erfolgen, teilweise allerdings auch mit für mich durchaus verwunderlichen Reaktionen.

Das für mich daraus erkannte Problem ist wohl, das die klassischen Verleger wohl nicht vom Buch als Medium das Informationen oder eine Geschichte transportiert trennen wollen, aber genau dieses Trägermedium ist das, was der Leser mehr und mehr ablehnt, sicherlich wird es immer noch Individualisten/Rebellen geben die sich von „ihrem“ so geliebten Buch nicht trennen wollen, aber auch diese Gruppe hat eine gewisse Berechtigung.

Man kann es historisch sehr gut nachverfolgen, das sich über Jahrtausende hinweg Informationen auf unterschiedliche Art und Weise verbreitet haben, war es am Anfang nur die gesprochene Sprache, die kein Trägermaterial benötigte, entwickelten sich daraus Symbole die in Stein gehauen wurden. Von Stein ging man über zu anderen Materialien wie Rinde, Ton oder Schiefertafeln die mit Kreide beschrieben wurde, bis irgendwann mal jemand den Vorgänger unseren heutigen Papiers erfand. Nachdem zuerst das geschriebene Wort nur in Klöstern in dicke Bücher geschrieben wurde, kam Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts mit seiner Druckmaschine um die Ecke und machte das Buch somit Massentauglich. Die Definition „Buch“ jedoch beschreibt nur das eigentliche Transportmittel in dem Informationen dauerhaft von A nach B transportiert und analog gespeichert werden können. Das ganze hat sich eigentlich eine Ewigkeit nicht geändert, nur die Technik, wie das Trägermedium befüllt wird verarbeitet wird hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Bücher werden heutzutage nicht mehr am Setzkasten erstellt, wobei es hier richtiger wäre zu sagen „die Daten im Buch“. Das Buch als solches ist das gleiche wie vor hunderten/tausenden von Jahren – Papier das sich zwischen zwei Buchdeckeln befindet. Der Duden definiert „Buch“ wie folgt:

Eine Definition lautet dabei wie folgt:

aus gebundenen, gehefteten o. ä. Seiten bestehender, mit einem festen Deckel oder kartoniertem Einband versehener Gegenstand unterschiedlicher Größe und Verwendung

Selbst der altehrwürdige Duden spricht also mit keiner Silbe davon, dass die Seiten bedruckt sein müssen. So kann man eigentlich vermuten, dass die Information nicht wichtig ist, und hier sitzt genau der Fehler, den ich in der ganzen Sache sehe. Nicht das Buch ist das wichtige an der ganzen Sache sondern der Inhalt, wiedereinmal gilt hier Content ist King. Der Leser kauft sich das Buch, weil er sich für den Content interessiert und nicht weil das Buch chlorfrei gedruckt ist und einen Ledereinband hat! Da hat wohl einer nicht den Knall gehört. Zumindest noch nicht realisiert was das für die Verlage bedeutet. Auch hier gibt es in gewisser Weise verschiedene Arten die Information zu transportieren als ein Beispiel nenne ich hier nur einmal den Hardcover und das Taschenbuch, gleicher Inhalt, unterschiedliche Träger. Warum tun sich also die Verlage so schwer, nur einen kleinen Schritt von ihrem alten Weg abzuweichen und ihre eigentlichen Schätze auf die verschiedenen Träger zu bringen?

Meine knappe Antwort lautet hier eigentlich nur: „Die kennen nur Papier“. Und genau an diesem Papier halten die altwürdigen Verlage sich zwanghaft fest. Wie schon bereits gesagt, das gleiche konnte man schon mehrfach beobachten, in der Musikindustrie z.B. hat es mit Schallplatten angefangen, dann ging es über zu Tonbändern, Kasetten, CDs und heute wird der größte Teil nur noch mit den digitalen Daten der Musik gemacht die in das mp3-Format gebracht werden und so dank des Internets weltweit und zeitglich zur Verfügung stehen und der Konsument selbst kann sich entscheiden wie & wo er sich die Musik anhört, sei es auf einem iPod, einem Handy oder zuhause auf seiner Stereoanlage. Der logische Weg für die Verlage wäre also sich weg von der festen Bindung an das angestaubte Medium Buch zu lösen und sich auf den Content zu konzentrieren und diesen in eine Form zu bringen bei der sich der Leser selbst entscheiden kann wie er sie konsumieren möchte. Das habe ich soweit in meiner Mission bereits teilweise geschafft in manchen Kopf zu bringen, wobei dann immer gleich das Buzzword „eBook“ gefallen ist.

Das ganze ist aber ebenfalls nur teilweise eine Lösung, den in den Köpfen ist ein eBook dann immer damit verbunden, dass man sich sorgen macht, die unterschiedlichsten Reader die auf dem Markt sind zu bedienen bis dahin, dass der Heilsbringer „App“ genannt wurde. Das ist FALSCH!

In einem Verlag gibt es kaum noch dazugehörige Druckereien die Bücher drucken, das ganze wird an externe weitergegeb, die sich mit soetwas auskennen. Das theoretische Know-How ist zwar vorhanden damit das Buch am Ende dann aussieht wie man es sich vorstellt, jedoch glaube ich kaum, dass ein Setzer eine Druckmaschine bedienen kann. Genau das ist das, was den Verlagen aus meiner Sicht den Hals bricht, sie beginnen sich selbst über irgendwelche waghalsigen Stunts beizubringen um eBooks in allen möglichen Formaten herzustellen. Sie versuchen also ihren eingefahrenen Weg zu verlassen und in Panik selbst die eBooks zu erstellen. Wenn wir uns nun noch einmal die Definition des Wortes „Buch“ zurückerinnern, müssten sie eigentlich auch das Gerät das den Inhalt darstellt erfinden, und das macht keiner. Sie verlassen sich alle auf die größen Player und das ist auch gut so. Ein Verlag der in den Ebook Markt einsteigen möchte hat eigentlich gar nichts spektakulär neus zu tun, er muss nur seine Daten die er zum drucken eh anlegen muss, etwas modifizieren um daraus ein eBook zu bekommen, oder diese Aufgabe einem Dienstleister übergeben, bis er selbst das entsprechende Know-How aufgebaut hat. Also wo ist das Problem?

Die Verlage sehen in meinen Augen ihre Felle wegschwimmen und wollen nun ganz schnell auf den Zug aufspringen und verlassen so ihren angestammten Weg und machen Setzer zu „Software-Entwicklern“ den genau die müssen nun die Daten in ein Format bringen, dass z.B. auf einem kindle gelesen werden kann. Auch das ist in meinen Augen falsch, da einem Setzer der unterschiedlichen Datenformate eigentlich vollkommen Schnuppe sein müsste, alles was er eigentlich zu beachten hatte das er das Format/Layout nicht zu sehr mit den Content vermischt, den dass Darstellungsformat ist von eReader zu eReader nunmal verschieden und kann durch Benutzereinstellungen sogar noch ins Absurde geführt werden (z.B. durch eine andere Schriftart bzw. Schriftgröße die eingestellt werden kann). Theoretisch kann also nur ein Programmierer mit den Daten richtig umgehen, da er die Eigenheiten verschiedener eReader kennt. Somit reden wir nun von „Software“ die per Definition kein „Buch“ ist. Die Schnittstell von beidem ist wohl die Information die transportiert wird – Buchstaben, Zahlen, Wörter, Sätze, Bilder.

Es gibt noch so viele Gedanken die mir zu diesem Thema durch den Kopf gehen, Ideen die ev, einiges vereinfachen, aber ich glaube meine Sicht der Dinge und die Probleme (wie ich sie sehe) habe ich hier verständlich rübergebracht, eine perfekte Lösung gibt es einfach nicht, und daher finde ich es sehr bedauerlich, dass das Bibliografische Institut Mannheim (bekannter unter dem Namen Dudenverlag) sich „verschlankt“ und den Standort Mannheim aufgeben möchte. Ich selbst bin davon betroffen und glaube auch, dass wenn nicht ein radikales Umdenken passiert der Verlagsteil mit offenen Augen in eine Kreissäge rennt, denn der größte Teil des Umsatzes wird heute eigentlich nicht mehr mit den Büchern gemacht, sondern mit weiteren Services die sich um das Thema „Deutsche Sprache“ drehen, da die Kollegen in der Redaktion eigentlich Top sind. Der Content und das Wissen, das dort katalogisiert/digitalisiert wird ist vom Datenvolumen her echt unglaublich, jetzt müssen sie es nur noch richtig schaffen diese Informationen zu monetarisieren. Das in Verbindung mit dem richtigen Schritt in Richtung eBooks ist ist in meinen Augen der einzige sinnvolle Weg das Unternehmen zu retten.

Wenn man sich das ganze etwas distanzierter ansieht, kommen mir zwei „Regeln“ in den Sinn. Die eine lautet „History repeating„, denn der gleiche Wandel hat sich in der Musikindustrie über die letzten 10 Jahre hingezogen und als zweites „Content ist King“ denn der Inhalt ist wichtig, taugt der Inhalt nichts, kann das angestaubte „Buch“ noch so toll sein. Bitte liebe Verlage denkt einmal darüber nach und versteckt euch nicht hinter der Geschichte oder versucht eich als Softwareentwickler der mit den Daten zaubert, überlasst das den Fachleuten, ihr steht schließlich auch nicht an der Druckmaschine!

….Sorry für den langen Text und ich hoffe er ist verständlich, ich musste mir aber einmal den Frust der letzten Tage von der Seele schreiben. Wenn noch irgendjemand Fragen oder Jobangebote hat kann er sich gerne bei mir melden.

 

Torsten Schmitt (Pixelaffe)

Geboren 1976 im schönen Schwetzingen und nicht weggekommen. Ich habe somit den Aufstieg des Internet miterlebt und beruflich auch vorangetrieben. Hier schreibe ich über all die Technologien die mir auf meiner Reise durch das "Neuland" auffallen. Wenn ihr mir was für einen Kaffee oder neue Gadgets zukommen lassen wollt, könnt ihr das gerne über www.paypal.me/pixelaffe tun

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4 Kommentare

  1. Zum laienhaften Umgang mit neuen Formaten kommt noch etwas hinzu: Das Fremdeln derführenden Köpfe mit dem ach-so-neuen Medium Internet.

    Kann es ernsthaft jemanden wundern, dass die Umsätze rasant fallen, wenn man nach der Devise handelt „Hmm, Internetz.. Ich habs, wir geben erstmal alles was wir haben gratis raus, dann werden die Leute uns mögen und wieder unsere guten alten Bücher kaufen!“

    Genius!

  2. Zum laienhaften Umgang mit neuen Formaten kommt noch etwas hinzu: Das Fremdeln derführenden Köpfe mit dem ach-so-neuen Medium Internet.

    Kann es ernsthaft jemanden wundern, dass die Umsätze rasant fallen, wenn man nach der Devise handelt „Hmm, Internetz.. Ich habs, wir geben erstmal alles was wir haben gratis raus, dann werden die Leute uns mögen und wieder unsere guten alten Bücher kaufen!“

    Genius!

  3. Das ist glaube ich nicht einmal das Problem an der ganzen Geschichte. Wenn man sich einmal überlegt, dass duden.de eine Alexa Pagerank von 145 alleine in Deutschland hat, kann man sich sicherlich auch hochrechnen, dass die Besucherzahlen in die Millionen gehen.
    Wenn man allerdings seine Content komplett ohne Gegenleistung anbeitet z.B. durch eine Registrierung um Adressen pot, Kunden zu sammeln, grenzt es ja schon an Wahnsinn zu hoffen, dass man die Besucher „einfach so“ weil man so ein tolles Angebot hat zum kaufen animiert.
    Auch währen die Besucher eine weitere Möglichkeit das Angebot zu montarisierenm in dem man ev. Werbeflächen pot. Partnern Werbeflächen anbietet.
    Die kostenlos Mentalität in den Köpfen der User ist hier eine geniale Sache um Multiplikatoren zu finden. klar schrumpfen vermutlich erst einmal die Umsätze aber Wechselwirkungen oder Synergien können dadurch auf jeden Fall erzeugt werden. Nur beim Wort „Duden“ hat jeder wohl das Wörterbcuh im Kopf und nicht z.B. die Kinderbücher des es auch vom Verlag gibt. Das ist wohl das die Kehrseite der Medallie wenn man unter so einer Starken Marke abeirtet, die zu alle dem auch noch zum Gattungsbegriff/Synonym für „Wörterbuch“ bzw. „Rechtschreibung“ wurde.

  4. Das ist glaube ich nicht einmal das Problem an der ganzen Geschichte. Wenn man sich einmal überlegt, dass duden.de eine Alexa Pagerank von 145 alleine in Deutschland hat, kann man sich sicherlich auch hochrechnen, dass die Besucherzahlen in die Millionen gehen.
    Wenn man allerdings seine Content komplett ohne Gegenleistung anbeitet z.B. durch eine Registrierung um Adressen pot, Kunden zu sammeln, grenzt es ja schon an Wahnsinn zu hoffen, dass man die Besucher „einfach so“ weil man so ein tolles Angebot hat zum kaufen animiert.
    Auch währen die Besucher eine weitere Möglichkeit das Angebot zu montarisierenm in dem man ev. Werbeflächen pot. Partnern Werbeflächen anbietet.
    Die kostenlos Mentalität in den Köpfen der User ist hier eine geniale Sache um Multiplikatoren zu finden. klar schrumpfen vermutlich erst einmal die Umsätze aber Wechselwirkungen oder Synergien können dadurch auf jeden Fall erzeugt werden. Nur beim Wort „Duden“ hat jeder wohl das Wörterbcuh im Kopf und nicht z.B. die Kinderbücher des es auch vom Verlag gibt. Das ist wohl das die Kehrseite der Medallie wenn man unter so einer Starken Marke abeirtet, die zu alle dem auch noch zum Gattungsbegriff/Synonym für „Wörterbuch“ bzw. „Rechtschreibung“ wurde.

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