God of War im großen Test
Kriegsgott Kratos feiert nach über 5 Jahren seinen Einstand auf der PlayStation 4! Mit mutigem Perspektivenwechsel und einer emotionalen Handlung metzeln wir uns diesmal durch die nordische Mythologie. Mit Sohn und neuer Waffe könnte sein neuestes Abenteuer nicht gewaltiger sein – unsere Review zu God of War.
In einer alten verschneiten Hütte…
Das Ende von „God of War 3“ war ein wahrer Cliffhanger. Nachdem sich Krieger Kratos in drei Teilen durch unzählige Gegner sowie Götter geschnetzelt hat, nahm er im Finale blutige Rache an Zeus. Schwer verwundet und dem Tod nahe robbte er sich in Sicherheit. Damals war es äußerst fraglich, ob er nochmals zurückkehren sollte. Die Entwickler von Santa Monica Studio haben sich zum Glück genug Zeit gelassen, um heutige Spielestandards auf ihre Reihe zu übertragen. Gestartet als temporeiches Hack´n´Slay zwischendurch mit findigen Rätseln kombiniert, präsentiert sich der aktuelle Ableger als storybasiertes Abenteuer mit klaren „The Last of Us“-Anleihen. Zum einen sehen wir hier keinen rachedürstenden Mann, der alles verloren hat und umso verbissener nach Absolution sucht, sondern einen altersmilden fast schon nach Ruhe suchenden Vater. Richtig gehört. In „God of War“ sind wir erstmals nicht alleine unterwegs, unser junger Sohn Atreus begleitet und kämpft an der Seite von Kratos mit. Dies weckt unweigerlich Erinnerungen an Ellie. Zumal es die Macher hier deutlich ruhiger als in den Vorgänger angehen lassen. Das cineastische Gameplay reiht sich mühelos in geschickt inszenierte Zwischensequenzen ein. Zudem ist das Spiel ein „One Take“ – kommt also ohne einen Schnitt aus. Hierdurch entfaltet sich eine Sogwirkung, die wir nur selten so gespürt haben.
Kratos deutlich gealtert, lebt mit Sohn Atreus zurückgezogen im Norden. Das Spiel setzt nach dem Tod von Faye, Kratos Frau und Mutter von Atreus, ein. Nach einer traditionellen Verbrennung soll die Asche zum höchsten Berg gebracht werden, so der Wunsch der Verstorbenen. Kratos möchte ihn erfüllen, scheitert jedoch am fehlenden Wissen von Atreus. Er schlicht noch nicht soweit. Doch als plötzlich ein ominöser Fremder Kratos in einen Kampf verwickelt überschlagen sich die Ereignisse und so müssen Vater und Sohn ihre Beziehung auf gefährlichen Wegen unter Beweis stellen. Um nicht unabsichtlich zu spoilern handelt diese Inhaltsangabe nur von den ersten zwei Spielstunden. Direkt nach dem Einstieg wird klar, dass dieses „God of War“ relativ wenig mit den alten Teilen zu tun hat. Hier sind nicht mehr die Kämpfe der Mittel zum Zweck sondern die gut geschriebene Handlung. Die bemerkbar schwerliche Beziehung zum Sohn bildet hier den Kern. Kann ausgerechnet Kratos Trauer oder bedingungslose Liebe empfinden. Wie reagiert er auf kindlichen Humor? Lässt er Gnade vor Recht walten? In diesem rund 20 stündigen Treiben machen alle Figuren eine Entwicklung durch. Realistisch und nicht zu übertrieben eingearbeitet. Der Übergang zur nordischen Mythologie ist ebenso clever. Um nicht zuviel zu verraten – wird Odin eine gewichtige Rolle spielen. Wir steuern noch immer Kratos jedoch mit starken Veränderungen. Die Kamera nutzt nun die Schulterperspektive – somit ist die Action direkter und kann durch unsere neue Axt brachial wirken. Etwas zu nah für unseren Geschmack, da ausschließlich Pfeile hier vor Gegenangriffen warnen. Gute Entscheidung der Entwickler nicht auf die allseits bekannten Chaosklingen zu setzen. Zumal wir die Axt jederzeit werfen können. Ist das befriedigend! Angriff per Axt, Wurf Richtung Gegner und am Schluss eine Schild-Attacke. Nach einigen Konfrontationen hat man den sprichwörtlichen Dreh raus. Selbst, wenn die Zahl der Angriffe nur begrenzt sind, macht die kreative Nutzung den größten Spaß aus. Mit gewonnenen XP schalten wir neue Attacken im Upgrade-Baum frei.
Ein eigener Kratos
Auf unserer Reise lernen wir zudem zwei Zwerge kennen, die einerseits für Rüstungen und Waffen spezialisiert sind. Wie in einem Rollenspiel werten wir mit Währung „Hacksilber“ bestimmte Attribute wie Stärke, Vitalität und Bewegung aus. Jeder Schulter, Hüft- oder Brustpanzerung bietet Vor- und Nachteile. Mit der Zeit erschaffen wir unseren eigenen Kratos, der bei jedem Spieler anders aussieht bzw. Stärken aufweist. Das Ganze ist sicherlich durchdacht, kommt aber etwas zu komplex daher, weil auch Atreus dieses System hat. Wir hätten uns die Einfachkeit von Orbs wie in den Vorgängern gewünscht. Im gleichen Menü findet sich auch die Karte der Spielwelt. Keine Angst, „God of War“ ist kein weiteres Open-World Spiel geworden. Man kann es mit „Rise of the Tomb Raider“ vergleichen – weitläufige Gebiete mit Truhen, die sich erst später mit erhaltener Fähigkeit öffnen lassen. Truhen gibt es immer noch. Nur finden wir hier keine Gesundheit oder Magie sondern Rüstungsteile oder „Aanen-Äpfel“ zur Erweiterung unserer Lebensenergie. Die Mischung aus dynamischen Kämpfen und geschickt eingestreuten Rätseln erinnern fast an den Schatzjäger Nathan Drake. Während manche kleine Kopfnüsse sind, erfordern andere nur ein Seil zu kappen. Das Gameplay ist also recht ordentlich geraten und überaus intuitiv. Und doch merkt man die Zurückhaltung der Macher bei deutlich größeren Gegnern. Im letzten Teil konnten die Feinde nicht groß genug sein, hier sollten die Vorstellungen zurückgeschraubt werden. Es gibt noch große Fights, aber pointierter gesetzt. Gut: Feinde sind abwechslungsreich und mutieren im härtesten Schwierigkeitsgrad.
„God of War“ sieht fantastisch aus! Ich würde sogar behaupten, dass es bis dato das schönste Spiel auf einer PlayStation ist. Alleine die grafischen Details sind besonders in 4k herausragend. Scharfe Texturen wie bei Felsen oder deutlich sichtbare Fußabdrücke im Schnee könnten das Wort „Eyecandy“ neu definieren. Partikeleffekte sind hier lobend zu erwähnen, wie die ansehnlichen Animationen der Figuren. Wobei es doch kleinere Kritikpunkte gibt. In manchen Momenten wirken die Bewegungen von Kratos etwas zu hakelig, aber sonst überzeugt die Technik. Achtet nur mal beim Spielen auf die physikalisch richtig schwingende Axt. Großartig. Matschige Texturen oder gar Abstürze konnten wir nicht feststellen. Die Weitsicht ist klasse. Alleine für diese überragende Grafikpracht ist dieses Spiel ein absoluter Kaufgrund. Doch muss man Kompromisse eingehen – noch kein Spiel hat es geschafft, den Lüfter unserer PS4 Pro-Testkonsole so zu beanspruchen wie dieses Spiel. Der Score von Bear McCreary orientiert sich an alten Klängen setzt jedoch mit orchestraler Untermalung frische Akzente. Gerade in gefühlvollen Szenen kann der Score die Stimmung gut unterstützen ohne zu melodramatisch zu wirken. Gleiches gilt bei Kämpfen.
Unser Fazit zu „God of War“
Wer ein altes GoW mit vielen Hack´n´Slay-Kämpfen erwartet liegt hier falsch. Vielmehr bekommt ihr ein wahres Feuerwerk an guten Dialogen, brachialen Kämpfen und einer herrlichen Grafikpracht. Santa Monica Studio hat hier großen Mut bewiesen. Die Geschichte ist mit der nötigen Ruhe inszeniert, kleinere Querverweise auf seine Zeit in Griechenland sind vorhanden. Der Twist nun mit einem Kind solche Abenteuer durchzustehen klammerte uns förmlich ein. Auch, da Atreus nicht nervig ist, sondern humorvoll agiert und für spannende Momente sorgt. Es ist ein wahres Meisterwerk geworden, dass jeder PlayStation-Besitzer gespielt haben sollte.
Entwickler: Santa Monica Studio – Preis: 69,99 Euro – Für PlayStation 4 – USK: ab 18
God of War (PlayStation 4)
Spielspaß - 94%
Gameplay - 90%
Grafik - 97%
Technik - 86%
92%
Ausgezeichnet!
Packendes Action-Abenteuer mit gefühlvollen Momenten und brachialer Gewalt.
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