Jazzopen Stuttgart 2019: Bob Dylan in Concert
Seit über zwei Jahrzehnten zählen die „Jazzopen“ in Stuttgart zu den attraktivsten Festivals weltweit. Für ganze 10 Tage verwandelt sich die Stadt in einen pulsierenden Kessel voller Musik. Gestern verzauberte Bob Dylan das Publikum mit zeitlosen Songs.
Gefühlvolle Poesie
„Ich bin schon seit den 70er Fan von ihm. Bei „Blood on the Tracks“ bin ich ihm verfallen.“ erzählt mir Petra freudestrahlend am Schloßplatzspringbrunnen an gestrigen späten Nachmittag. „Hatte die Karte geschenkt bekommen – durfte ihn schon dreimal sehen.“ jeweils in drei verschiedenen Dekaden, fügte die ältere Dame hinzu. Das weltweit bekannte „Jazzopen“-Festival dauert bereits sechs Tage an und verwandelt das sonnendurchflutete Stuttgart in einen Schmelztiegel aus Jazz, Pop und Rock. Gestern erreichte das Musikfest einen der vielen Höhepunkte. Der ewige musikalische Poet Bob Dylan fand sein großes Publikum im Vordergrund des neuen Schlosses. Bereits die vom Großmeister selbst ausgewählte Support-Musikerin Julia Biel spielte melancholisch-einfühlbaren Soul um jeden Zuschauer mit sanften Tönen willkommen zu heißen. Langsam füllt sich das ausverkaufte Konzert, die letzten Besucher flitzen noch schnell zum begehrten Getränkeausschank um ausreichend kühles Nass für kommende 100 Minuten zu haben. Dass dieses Konzert anders als die übrigen im Rahmen des Festivals und wahrscheinlich in ganz Deutschland ist – veranschaulicht eines – Fotos oder gar Videos sind nicht erlaubt. Dylan gilt als rigoros in diesem Punkt, zumal er deshalb schon Zuschauer wütend ermahnte. Zur Sicherheit wurden die Hinweise alle 2 Minuten nochmal groß auf der LED-Wand gezeigt.
Pünktlich wie man ihn kennt betritt Bob Dylan um 20:15 Uhr nach seinen Musikern die Bühne. Kein Intro. Keine spezielle Bühnenshow. Nur das Klavier an dem er sitzen und die meisten seiner Stücke präsentieren wird. Kommentarlos beginnt der Friedensnobelpreisträger im Bereich Literatur mit „Things Have Changed“. Statt dem lakonischen „Ghhhhh“-Ton stimmt er pulsierenden Blues-Rock an. Mitwippen war hier eindeutig erwünscht. Man merkt bereits nach wenigen Minuten, der Künstler des Abends ist gut aufgelegt. Ob es an der Stadt liegt? Gefällt ihm der güldene Schein der untergehenden Sonne vielleicht? Auf all jene Fragen erhält das Publikum auch heute Abend keine Antwort. Dylan schweigt. Lächelt aber mehrmals milde, tauscht schelmische Blicke mit dem Innenraum aus. An das erwähnte Mitfilm-Verbot hält sich der Großteil aus Respekt. Vereinzelt erkennt man ab und zu erleuchtete Bildschirme. Währenddessen übergibt Dylan mehrmals seinem herausragenden Gitarristen das Scheinwerferlicht. Seit 1988 läuft seine beispiellose „Never Ending“-Tour mit knapp 100 Shows und begeistert von Honolulu bis Kilkenny die Zuhörer.
Ende ohne Hut
Obwohl die Musik für Bob Dylan Fans immer an erster Stelle stand, wurde seine Kleidungswahl fast so oft zitiert wie seine Texte. Hier geht er keine Risiken ein – Cowboy-Hut, geschmackvolles Jackett mit pechschwarzer Hose. Konzentriert bespielt er den Flügel für „Scarlet Town“ oder zieht die Kopfbedeckung im letzten Drittel des Gastspiels aus. Die lockige Frisur lässt ihn im Licht gar mystisch erscheinen. Es frischt ohne die wärmende Sonne merklich auf – umso besser ist nun die Bühne auszumachen. Mit dem rockigen-Gospel Song „Gotta Serve Somebody“ beendet er die eigentliche Show nur um kurz darauf samt Geigen-Begleitung eine abgewandelte Version des Welthits „Blowin‘ in the Wind“ den Abend zu beenden. Um 21:51 Uhr – ganze 9 Minuten vor dem eigentlichen Schluss.
Wie sagte schon Jazztrompeter Quincy Jones: „Shut up & listen“.
Mehr Informationen zu den Jazzopen in Stuttgart findet ihr hier.