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Metro Exodus im großen Test

Raus aus dem Moskauer U-Bahn-Tunnel – rein in den apokalyptischen Roadtrip! „Metro Exodus“ stellt einige Elemente der Serie grundlegend um, dunkle Gänge weichen offenen Open-World Gebieten im Freien. Ist der lang erwartete Shooter mit seiner beeindruckenden Grafik ein Pflichtkauf? Unser Test.

Gibt es da draußen mehr?

Videospiele nach einer Buchvorlage haben meist besondere Schwierigkeiten. Ein Buch erzählt im besten Fall Geschichten packend und große Teile davon ereignen sich im sprichwörtlichen Kopfkino. Gesichter werden hier personalisiert ausgedacht, Gefühle der Figuren anders wahrgenommen – selbst die Motivation derer. Entwicklerschmiede 4A Games nahm sich deshalb vor einige der gekonnt gesellschaftskritischen Werke von Autor Dmitry Glukhovsky als Videospiele zu veröffentlichen. Bereits mit dem Erstling „Metro 2033“ wollte man durch stark reduziertes HUD sowie cineastischer Präsentation neue Maßstäbe setzen. Damals noch unter der Flagge des längst pleitegegangenen Publishers THQ. Die Abenteuer von Titelheld Artjom und seinem Leben im Moskauer Untergrund nach einer verherrenden Atomkatastrophe innerhalb von Russland, war stark storygetrieben. Was dem Studio in ihrem Konzept nur recht war. Der Nachfolger „Metro Last Light“ wollte mehr sein und verband seine Shooter-Mechaniken mit offeneren Gebieten draußen an der verseuchten Oberfläche. Wenn auch, nur für kurze Zeit.
„Metro Exodus“ beginnt grafisch wirklich beeindruckend sowie altbekannt in einem schmierig-engen U-Bahn-Tunnel. Hauptprotagnist Artjom wird auf seinen alltäglichen Ausflügen an der Oberfläche Zeuge wie eine Dampflok durch Moskau rast. Zusammen mit seiner Frau Anna beginnt die Verfolgung um sogleich zu merken, dass weitaus mehr hinter alljenen Befehlen der Offiziere steckt. Für die komplette Spartaner-Truppe beginnt nun eine Odyssee durch Russland voller Geheimnisse. 4A Games etabliert in den ersten 10 Minuten bedrückende Momente. Langsam bewegen wir uns vorsichtig durch die langgezogenen Räumlichkeiten. Schatten huschen bedrohlich von rechts nach links. Die unangenehme Soundkulisse bestehend aus undefinierbaren Geräuschen sowie abartigen Lauten verstärkt den Grusel. Leichen am Boden werden auf wenig Munition geplündert. Plötzlich ein Schusswechsel mit mutierten Tieren. Ja, das Opening von „Metro Exodus“ ist bereits allein schon großartig inszeniert. Wenig später finden wir uns schon auf der Dampflok Aurora wieder. Von hieraus erreichen wir neue Reiseziele, wie gefährliches Ödland oder das kaspische Meer. Dennoch ärgert man sich, dass Artjom noch immer nicht sprechen kann bzw. will. Ob im Gameplay oder Zwischensequenzen bleibt unser Charakter stumm was zunehmend an Immersion einbüßt. Nur Tagebucheinträge innerhalb von Ladezeiten werden von Artjom laut vorgelesen. Wobei die deutsche Lokalisierung hier wirklich gute Arbeit leistet. Zahlreiche Stimmen sind sauber und gewissenhaft ausgewählt worden.

Anspruchsvolles Gunplay

Nur damit ihr euch nicht wundert, die Metro-Reihe ist nicht mit anderen Shootern zu vergleichen. Reduziertes HUD gibt euch keinen Aufschluss darüber, wie viele Patronen noch in eurer Waffe stecken. Die Mechanik ist wahrlich anspruchsvoller und erinnert mit seinem recht trostlosen Setting an STALKER. Auch steuert sich Artjom um einiges behäbiger als beispielsweise eure Figur in „Far Cry 5“. Durch die weitläufigen Gebiete darf man zudem schleichend feindlich gesinnte Gegner per Wurfmesser aus dem Weg räumen. Offensive Naturen können jederzeit auch ihre Waffen sprechen lassen. Bedenkt, trotz Auto-Aim ist das Gunplay kein Zuckerschlecken. Runtergebrochen besteht das Gameplay aus Erforschen der Spielwelt, kleinen Shooter-Einlagen und dem Suchen von Rohstoffen. Diese braucht ihr dringend um neue Munition, Filter für eure Atemmasken und Waffen herzustellen. Viele Missionen führen euch in Bunker oder generell in den Untergrund. Hier spielt „Metro Exodus“ seine besten Karten aus. In klaustrophobischen Gängen gelingen herrlich fies-intensive Momente, die an Survival-Horror fast nicht zu überbieten sind. Auch springen euch eure Gegner nur zu gerne in den Rücken. Zudem ist der Artstyle der humanoiden Mutanten mehr als erschreckend. Nervig wird es wenn Sprungpassagen bewältigt werden müssen – die Kletterabfragen sind mehr als schwammig. Da hilft nur es mehrmals zu springen, was zweifelsohne lächerlich im ernsten Setting anmutet. Der mittlerweile obligatorische Fotomodus darf nicht fehlen.
Technisch ist „Metro Exodus“ das schon viel zitierte zweischneidige Schwert. Grafisch wird nahezu alles aus der Konsole rausgeholt. Details wie Bodentexturen sind scharf und die Gesichter weisen gut einzuordnende Emotionen auf. Weitläufige Areals bieten eine hohe Weitsicht. Dennoch hat der Glanz eindeutige Schwächen. Zum einen werden die angepeilten 30fps zwar in ruhigen Momenten gehalten, brechen jedoch in hektischen Situationen ein. Dazu kommen erst spätnachladende Texturflächen z.B. im Menü. Von Clipping oder auch Pop-Ups wollen wir erst nicht anfangen. Was mich jedoch am meisten geärgert hat sind die wirklich miesen Ladezeiten. Kommt ihr frisch ins Spiel müsst ihr über 3 Minuten warten bis ihr Artjom steuern dürft. Dann kann es passieren, dass die Hälfte der Steuerung nicht funktioniert. Also die Konsole neustarten und auf das Beste hoffen. Zudem sind die meist fairen Rücksetzpunkten teilweise so unübergelegt gesetzt – so landet ihr gerne in einer ausweglosen Situation mitten im Feuergefecht. Gerade an solchen entscheidenden Punkten hätte 4A Games wirklich nochmal ansetzen müssen. Es behindert schlichtweg den Spielfluss. Sobald wir uns im Flow befinden, reißen derartige technische Makel sofort aus der Immersion. Schade.

Unser Fazit zu „Metro Exodus“

Exodus bedeutet „Auszug“. In der Geschichte ist damit oft die Flucht eines Volkes gemeint, das verfolgt und aus seiner Heimat vertrieben wurde. So ergeht es auch Artjom und seiner Crew. Bloß, dass sie nur auf ihrer Flucht gleichzeitig auf der Suche nach der Wahrheit sind. Der Roman von Dmitry Glukhovsky diente als Vorlage, wurde jedoch nur stichpunktartig beherzigt. Was Entwickler 4A Games jedoch wunderbar gelingt ist Atmosphäre zu schaffen. Allein durch dunkle Korridore mit ständiger Angst von grausigen Kreaturen angegriffen zu werden. Hier zeigt „Metro Exodus“ seine Stärken. Leider nerven die technischen Fehler sowie die groben Schnitzer wie viel zu lange Ladezeiten zu arg, um gänzlich zu überzeugen.
Entwickler: 4A Games | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 18

Metro Exodus (PlayStation 4)

Spielspaß - 89%
Gameplay - 84%
Grafik - 87%
Technik - 66%

82%

Empfehlung!

Schöne neue Apokalypse! "Metro Exodus" ist offener, schöner und leider von kleinen Problemen geplagt.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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