
„Rage 2“ im großen Test
Doom-Gameplay mit Open World? Das verspricht zumindest Entwickler Avalanche Studios mit „Rage 2“ – hält anhand von lebloser Spielwelt und langweiligen Figuren nur wenig davon ein. Ob sich der wahnsinnige Trip ins Ödland dennoch lohnt, sagen wir euch im Test.
Neuer Trip ins Ödland
Könnt ihr euch noch an den actionreichen aber eher sinnfreien „Triple X“ von 2001 mit Vin Diesel erinnern? Diesel spielt hier einen muskelbepackten Extremsportler, der sich von Brücken mit dem Motocross-Bike hinunterstürzt, reihenweise Frauen flachlegt und dann von der NSA mit einem Geheimauftrag betraut wird. Quasi – die Proll-Version von Bond und Jason Bourne mit humorvollen Spitzen. 2017 versuchte man eine Fortsetzung in der alles noch „witziger“, die Frauenbilder noch schlimmer dargestellt wurden und man generell den Film bunter gestaltete. Was hat das jetzt mit Rage 2 zu tun? Sehr viel. Der erste Teil von „Rage“ entstand 2011 und wollte mit schnörkellosen Shooter-Gameplay und offenen Gebieten punkten. Zusätzlich ergänzten kleinere Rennspiel-Elemente das Gesamtwerk. Durch herbe technische Fehler sprang der Funke hier nicht in der gewünschten Vielzahl über. Das dreckig braune Ödland war viel zu uninteressant um richtig zu fesseln und die Storyline ebenfalls nur Durchschnitt. Erst mit dem Reboot von „DOOM“ im Jahr 2016 konnten die Entwickler von id Software wieder punkten. Was lag also näher als mit dem zeitlos schnellen Doom-Gameplay und die kreative Ader von „Just Cause“-Macher Avalanche die Marke „Rage“ mit einer Fortsetzung neu zu beleben?
Shooter-Bruder von 2016
Die Handlung von „Rage 2“ bleibt auch heutzutage eher nur Beiwerk. Kurz zusammengefasst: Der namenlose Ranger „Walker“ will den Tod seiner Ziehmutter die Anführerin der sogenannten Waldläufer rächen, in dem er vier Verbündete zusammen bringen muss um das mächtige „Project Dagger“ zu aktivieren. Das von gefährlichen Mutanten bzw. wahnsinnigen Goons bewohnte Ödland stellt den Abzug von Walkers Waffen auf eine harte Probe. Bevor ihr euch ins Gefecht stürzt, gibt euch Bethesda die Wahl ob ihr als männliche oder weibliche Figur spielen wollt. Große Storyänderungen müsst ihr nicht befürchten. Rein stimmlich ist die Wahl nur entscheidend. Die Synchro der Figuren ist hier gelungen und wirkt absolut hochwertig. Das rettet aber die kaum vorhandene und lustlos inszenierte Story nicht. Dazu kommt eine fulminant unbrauchbare Open World, die zwar groß aber leblos ist. Lust auf Entdeckungen verspürten wir im Test nicht. Also rasen wir minutenlang durch die verstaubte Canyons an Banditenunterschlüpfen vorbei, die jedoch per Copy & Paste-Verfahren trapiert wurden und schießen wuchtig die Gegner nieder. id Software kümmerte sich bei „Rage 2“ einzig um das Shooter-Gameplay. Das merkt man. Genauso wie in DOOM schießen wir uns durch Horden, lassen Benzintanks explodieren und sorgen für Chaos. Leider erreicht „Rage 2“ niemals diesen typischen Flow wie im großen Shooter-Bruder von 2016. Dazu sind Gebiete zu weiträumig und zu viele KI-Aussetzer an der Tagesordnung.
Mad Max lässt grüßen
Wo wir gerade beim Gameplay sind – nach etwas Einarbeitung flutscht es und gerade geschlossene Level bieten hier den größten Spielspaß. Auch löblich sind die aus dem Vorgänger übernommenen Rennspiel-Abschnitten. Hier rasen wir per Bugs durch enge Abgründe und müssen dank Boost als Erster die Ziellinie überfahren. Im Test konnten wir uns gut ein eigenes Spiel zu diesem Aspekt vorstellen, Sonst bewegen wir uns von A nach B – sprechen mit uninspirierten Nebenfiguren, die allesamt aus dem „Mad Max“-Universum stammen könnten. Der oftmals „In your Face“-Humor ist doch gewöhnungsbedürftig und könnte nicht jedermanns Geschmack sein. Gewalt ist in „Rage 2“ ein fester Bestandteil, da man bei explodierenden Köpfen oder abtrennbaren Gliedmaßen keine Kompromisse macht. Die Nebenaufträge überzeugen kaum. Meist gilt nicht weit entfernte Feind-Basen von Feinden zu säubern. Das Arsenal an Waffen ist klassisch mit Gewehren, Raketenwerfern und Pistolen vertreten. In sogenannten Archen finden wir neben neuen Fähigkeiten wie dem „Krav-Sprung“ (Doppelsprung) auch frische Waffen um für ordentlich Wirbel zu sorgen. Zudem dürfen wir uns mit gefundenem blauem Feltrit diese um bessere Stats verbessern. Mit der anderen Währung Dollar kaufen wir neue Autoteile oder gleich ein fabrikneues Gefährt. Waffen an Bord sind hier Pflicht. Trotz recht guter Ideen entfaltet sich nur in seltenen Fällen das erwartete Spielgefühl.
Unser Fazit zu „Rage 2“
„Rage 2“ ist okay. Nicht mehr und nicht weniger. Es wird kein Spiel für die Ewigkeit und viele andere Aspekte wurden gar nicht erst aufgenommen. Was uns im Test bitter aufgestoßen ist, dass tatsächlich das immense Potenzial der Reihe nicht ausgeschöpft wurde. Dafür wird uns eine rund fünf stündige Storyline serviert, deren einziger Zweck darin besteht uns ins Getümmel zu stürzen. Das Gameplay ist erstklassig, funktioniert jedoch nur in geschlossenen Räumen. Wie oben mit „Triple X“ beschrieben – während der Erstling dreckig ernst war ist die Fortsetzung zwar bunter aber deshalb nicht unbedingt besser. Alles in allem ist Teil 2 von „Rage“ spaßig, hält den Spieler jedoch nicht lange.
Entwickler: id Software/Avalanche Studios | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 18
Rage 2 (PlayStation 4)
Spielspaß - 78%
Gameplay - 77%
Grafik - 75%
Technik - 69%
75%
Durchschnittlich
Flotte Shooter-Action mit irren Ideen - trotzdem fehlt die Langzeitmotivation.