South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe im Test
Nach dem überaus gelungenen Rollenspiel-Einstand von Studio Obsidian übernimmt nun Ubisoft selbst das Steuer und beweist mit „South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe“ viel derben Humor und verbessertes Gameplay. Doch, wie auch in jedem Superheld, gibt es auch hier Schattenseiten. Unser Test.
Erfolgreiche Serie = Lizenz-Dreck?
South Park ist zweifellos einer der popkulturell wichtigsten Comicserien überhaupt. Gestartet mit mehr als fragwürdigen und bis dato noch nie gehörten Vielzahl an Ausdrücken in einer formell eher an Kinderformaten gerichtete Sendung. Man sah zwar vier Viertklässler namens Kyle, Stand, Kenny und Cartman hörte jedoch Gespräche sowie Themen von über 18 jährigen. Kein Wunder lief in den Anfangsjahren meist versteckt im Abendprogramm von MTV oder sogar RTL. Vielleicht kam dieser Sendeplatz der Serie hierzulande zu Gute, da auf Schulhöfen (übrigens bis heute) einschlägige Sprüche von Cartman und Co. rausgehauen werden. Erfahrene Gamer wissen: Ist eine TV-Serie erfolgreich kommt bald ein Lizenzspiel um die Ecke. So auch hier. Mit „South Park“ versuchte man einen Ego-Shooter auf N64 und PS1, „South Park Kart“ war ein mieser Mario Kart-Abklatsch usw. Es sollte bis 2014 dauern, dass es augenscheinliches erfahrenes Studio ein gutes Lizenzspiel entwickelt. Nach dem Genre-Wechsel ins Rollenspiel wurde „Der Stab der Wahrheit“ entsprechend gut aufgenommen und überzeugte mit knallhartem Humor sowie einer frei begehbaren Open World. Zudem waren die Macher Matt Stone und Trey Parker von Anfang in der Entwicklung dabei und schrieben das Skript. Nun wechselt man von Mittelalter ins Superhelden-Setting, ob sich diese Zeitreise gelohnt hat?
Die Handlung steigt mitten in „Der Stab der Wahrheit“ ein. Während die anderen Kinder noch gegen Drachen kämpfen, ist Cartman als „The Coon“ in die Zukunft gereist und möchte die vermisste Katze „Scramples“ finden. Und ein Multi-Milliarden Franchise á la Marvel aufbauen. Als neues Kind in der Stadt lässt uns Cartman vorerst mit tragischer Vorgeschichte als Sidekick mitspielen und unser Abenteuer mit Lapdance-Auftritten und einer gefährlichen Verschwörung beginnt. Wer den Vorgänger spielt, weiß dass sich die Geschichte noch weiter aufbaut bzw. Wendungen in Petto hat. Wir treten Cartman´s Franchise „Coon and Friends“ bei und erledigen typisch Story-Mission. Vor Beginn entscheiden wir unser Aussehen mit vielen Frisuren und Optionen. Kleidung dürfen wir jederzeit wechseln. Im Bergwerk-Städtchen dürfen wir uns frei bewegen und nahezu alle bekannten Häuser besuchen. Hier hat Ubisoft wenig Änderungen vorgenommen. Zum Glück, denn auch der zweite Ausflug motiviert und lässt keinen Gag aus. Ob Insider oder wunderbar selbstironische Seitenhiebe auf Marvel und DC. Als weiterer großer Pluspunkt kommt die deutsche Lokalisierung in „South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe“ zum tragen. Nun haben fast alle Bewohner ihre Serien-Synchronisation. Kleinere Änderungen zum Trotz. Die Gags zünden hier genauso gut, wenn nicht ein Fünkchen besser als im Original. Ähnlich wie im Vorgänger sammeln wir allerlei Zeugs. Wir plündern Schubladen sowie Zimmer. In kleinen durchaus herausfordernden Minispielen kacken wir zum Klomeister auf den Toiletten in South Park. Und doch hat das Spiel spürbare Längen. Gerade zu sadistisch werden wir vom einen Ende der Stadt zum anderen Geschickt. Das Schnellreise-System von Jimmy ist zwar hilfreich aber zu gering frequentiert. Also trotten wir los und müssen mit kleinen aber eben Ladepausen zwischen Bereichen in Kauf nehmen. Das hemmt den Spielspaß mit der Zeit. Unsere Superkraft sind übrigens Fürze und dazu wäre schon alles gesagt.
Aktives Kampfsystem gegen Stripperinnen und Co.
Das Gameplay hat eine Überholung erhalten bietet mehr Interaktionen mit NPC´s. Wir können nun jederzeit hauen oder eben Darmwinde freisetzen. Gespräche werden oftmals mit kleineren Nebenmissionen belohnt, die aber nur auf „Finden und sammeln“ oder kleinen Multiple-Choice Aufgaben herauslaufen. Diese sind teils überaus witzig und gleichermaßen kritisch angelegt. Beispielsweise müssen wir bei Vertrauenslehrer Mr. Mackey unser Geschlecht mit sexuellen Vorlieben entscheiden und werden danach, egal bei welcher Auswahl, von Hinterwäldern angegriffen. Kämpfe sind nun deutlich anspruchsvoller. Wie auf einem Schachbrett darf sich unsere Figur auf markierten Feldern bewegen. Mit drei und einem Spezialangriff bringen wir Feinde zu Fall. Auch müssen wir aktiver als im Erstling sein, weil wir nach gegnerischen Angriffen Gesundheit regenerieren dürfen. Als Held stehen uns mehrere Klassen zu Auswahl, die sich von „Assassine“ bis gar „Cyborg“ erstrecken. Mit jedem Angriff bestimmen wir den Ausgang sodass blutende Gegner früher aufgeben als gelähmte. Kleinere Kämpfe sind rund fünf Minuten lang, während Story-Partien durchaus über 10 Minuten dauern können. Nervig wird es, wenn wir bei langen Auseinandersetzungen vorzeitig dahinraffen und den gesamten Kampf nochmals von vorne beginnen müssen. Die Checkpoints sind nicht hier nicht gerade fair verteilt. Jedoch finden wir viele Komponenten mit denen wir per Smartphone-App Heiltränke craften können. Daneben können wir unser Kostüm verändern oder bestimmte Verbesserungen anbringen wie gefundene Talismane.
Ich musste persönlich sehr schmunzeln als zu Anfang die Einblendung von „Powered by Snowdrop“ erschien. Keine Frage, „South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe“ sieht hervorragend aus und spielt sich wie eine interaktive Folge der Grundschüler aber bombastische Effekte á la Division dürft ihr nicht erwarten. Das Spiel läuft mit 1080p und 60fps auf der PlayStation 4 und Xbox One. Ruckler gibt es so gut wie nicht zu beanstanden und kleinere Grafikbugs wie durch Wände gehende Feinde sind in ihrer Seltenheit zu verschmerzen. Nur die Steuerung hat ihre Macken. Kommt man in Haus laufen wir nach vorne, obwohl wir nach rechts bzw. links lenken. Ubisoft sollte dringend nachpatchen um frustige Momente zu vermeiden. Trotz der Einfachheit des Stils selbst gibt hochaufgelöste Texturen und scharfe Modelle zu bestaunen. Die Musik lehnt sich hörbar an die Hans Zimmers dieser Welt an und kommt mit ihrer epischen Art wunderbar in der Satire zur Geltung.
Unser Fazit zu South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe
Ganz einfach. Wenn mich ein rundenbasiertes Rollenspiel länger als eine Stunde an der Konsole hält, macht „South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe“ etwas verdammt richtig. Es macht mit Spaß Abenteuer mit „The Coon & Friends“ zu bestreiten, Mikroaggressionen bei PC Principle zu erlernen und bei Morgan Freeman Zeitreise-Furz-Kräfte zu erlernen. Die Welt reißt jeden, der entfernt etwas mit South Park anfangen kann, gnadenlos rein und lässt ihn vielleicht die mitunter lustigsten Stunden mit einem Videospiel verbringen. Nur durchaus überraschend, dass die USK den Titel ab 16 Jahren freigegeben hat. Auch wenn Backtracking herrscht und Fußwege an der Tagesordnung stehen.
Entwickler: Ubisoft – Preis: 69,99 Euro – Für PlayStation 4, Xbox One und PC – USK: ab 16
South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe (PlayStation 4)
Spielspaß - 90%
Gameplay - 82%
Grafik - 85%
Technik - 85%
86%
Ausgezeichnet!
Zweiter durchgeknallter Ausflug nach South Park, der mit motivierender Story und aktiverem Gameplay punktet.