The Outer Worlds im Test – Galaktischer Kapitalismus
Das Studio Obsidian Entertainment kehrt mit „The Outer Worlds“ zu seinen „Fallout: New Vegas“-Wurzeln zurück und entfacht ein Sci-Fi Abenteuer mit geschliffenen Dialogen und kompakten Storyfäden, die sich über mehrere Planeten erstrecken. Unsere Review zum Action-Rollenspiel.
Fallout + Weltall = The Outer Worlds
Im Alltag passiert oft etwas Dummes. Mal fällt der Toast, natürlich, mit der Marmeladen-Seite auf den Boden. Der Bus kommt später als geplant oder entfällt komplett. Noch schlimmer wird es, wenn das Kolonisten-Raumschiff erst als verschollen und dann viele Jahre zu spät wieder auftaucht – aber machthungrige Konzerne schon ebenjene Planeten kaputt gewirtschaftet haben. Mit unterschwelligem Sarkasmus auf unsere Gesellschaft lässt sich das neue Spiel der „South Park: Der Stab der Wahrheit“-Entwickler zusammenfassen. Gerade von Fans der Reihe vergötterten „Fallout: New Vegas“ bewiesen sie mit klug gestalteten Quests sowie humorvollen Dialogen, wie schön die atomare Apokalypse doch sein kann. Lustigerweise kopiert man im neuesten Werk „The Outer Worlds“ die gesamten Elemente angefangen bei Gesprächen mit Dialogoptionen bis hin zu aufgeschreckten Banditen in geschlossenen Gebäude. Das Spiel lebt den „Fallout“-Traum und misst sich selbst mit Teil 4.
Fischkonserven und Vitaminmangel
Wie schon oben angedeutet geht es im Sci-Fi Abenteuer um Kolonien und deren Bürger, die mal oder weniger mit ihrer Situation zufrieden sind. In einem weitentlegenen Sonnensystem haben sich die Menschen in Form der Halycon-Kolonie angesiedelt. Regierungen oder Militär existieren nicht, der Bund besteht aus acht hyperkapitalistischen Unternehmen, deren Management die alleinige Kontrolle über jeden Aspekt der Bewohner hat. Wochenenden sind nur noch Mythen, Krankheiten gelten als Ungehorsam und jeder ist verpflichtet, selbst in normalen Gesprächen Produkte der Firmen anzupreisen. Wir schlüpfen in die Rolle eines x-beliebigen Passagiers, der leider das Pech hatte an Bord des um Jahre verspäteten Raumschiffs zu sein. Phineas Welles, seines Zeichens leicht durchgeknallter Wissenschaftler, holt uns aus dem Cryoschlaf und setzt uns nahe der runtergewirtschafteten Kolonie Emerald Vale aus. Ähnlich wie im Pedant Fallout lebt die Handlung von unseren Erkundungen. Zum Glück setzt Obsidian hier nicht auf eine unnötig große Open-World sondern weitläufige in sich geschlossene Gebiete. Alleine die herrlich pointierten Dialoge, deren Wortwitz und reichlichem Sarkasmus perfekt ins Deutsche, wenn auch nur textlich, übersetzt wurden sind das Spielen wert. Nach dem technisch wie inhaltlich desolaten „Fallout 76“ ist es regelrecht erfrischend ein Action-RPG zu erleben, was mit richtigen Handlungsfäden aufwartet. Beispielsweise stellen wir Emerald Vale schnell fest, dass es zwar eine sichere Stadt samt Fabrik gibt. Diese fertigt Fischkonserven, deren Vitaminmangel jedoch regelmäßig die Arbeiter dahinraffen lässt. Einige Arbeiter fliehen und errichten nicht weit weg eine neue Gemeinschaft, die sich von natürlichen Ressourcen ernährt. Da wir nur an der Energiezelle interessiert sind, kommt es schlussendlich dazu, dass wir eine davon zerstören. Entweder mit Gewalt oder verbaler Taktik treffen wir die Entscheidung.
Diplomat oder Revolverheld
Wo wir gerade dabei sind – die Dialoge in „The Outer Worlds“ könnten nicht authentischer bzw. natürlicher sein. Nur in manchen Momenten erhält man den Eindruck etwas zu konstruierten Gesprächen zu lauschen. Hierbei hilft unser sprachliches Talent. Aus guter Tradition gestalten wir Hautfarbe, Frisur und Parameter bei Fähigkeiten selbst. Egal, ob eloquenter Revolverheld oder dumpfer Schläger mit kurzer Zündschnur ist jeder Spielablauf völlig anders. Zumal nahezu jeder Auftrag verschiedene Möglichkeiten bietet. Spielerisch erkunden wir die Gebiete, die sich von Welt zu Welt stark unterscheiden. Auf „Terra 2“ herrscht hohe Vegetation und während manche Planeten wüstenähnlich sind. Dank moderater Spielzeit von bis zu 25 Stunden wird der Spieler nicht von Content erschlagen. Wobei das Gameplay sich einmal mehr an Bethesdas Hausmarke orientiert. Wir sammeln Waffen, deren Einheiten mehr Schaden anrichten. Man trifft auf Personen mit denen sich sogar im Gespräch neue Aufträge ermöglichen. Technisch merkt man aber das Budget nahe der Schmerzgrenze teilweise an. So gibt es innerhalb von Dialogen keine Kameraschwenks oder sonstige cineastischen Effekte. Die gute Vertonung ist nur auf Englisch verfügbar. Aber Bugs oder gar Abstürze konnten wir im Test nicht feststellen. Frameratedrops hingegen schon auf PS4 Pro. Die Grafik ist okay reißt aber auch keine Bäume aus. Figurenmodelle sind von Krachern wie „Death Stranding“ ebenso weit entfernt – aber zweckmäßig.
Unser Test zu „The Outer Worlds“
Die Entwickler von Obsidian scheinen lange für ein Sci-Fi-Fallout gekämpft zu haben. Bethesda wollte nicht, also entwickelte man mit bekannten Zutaten die Mischung selbst und beweist, dass Open-World kein Muss für unterhaltsame Spiele sind. Herrlich verfasste Gesprächszeilen halten trotz manchesmal uninspirierte Hol-und-Bring-Missionen den Spielspaß. Insgesamt sollte jeder Sci-Fi-Fan diesen Trip erlebt haben.
Entwickler: Obsidian Entertainment | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 16
The Outer Worlds (PlayStation 4)
Spielspaß - 92%
Gameplay - 84%
Grafik - 79%
Technik - 82%
84%
Empfehlung!
Gewitztes Sci-Fi-Rollenspiel, dass sich mühelos als kurzweilig beschreiben lässt.