Filmkritik zu Blade Runner 2049
Blade Runner 2049 ist in jeglicher Hinsicht ein besonderer Film. Zum einen Fortsetzung zu Ridley Scotts Meisterwerk, zum anderen möchte er bildgewaltiger Blockbuster sein. Ob diese gewagte Rechnung aufgeht, klären wir in der Filmkritik.
I’ve seen things…
Blade Runner. Quasi der Startschuss für das Science-Fiction Untergenre „Cyberpunk“. Es brauchte zwar die Überredungskünste von Hampton Fancher um den Vorlagengeber und Buchautor Phillip K. Dick davon zu überzeugen, dass seine Vorlage das Zeug zum Kinoknüller hätte. Nach einigen Problemen inszenierte schlussendlich Regisseur Ridley Scott den Film „Blade Runner“, der sich ungekannter Ruhe und nur wenig Action ins Kino wagte. Der Stil war eindeutig frisch. In einer dystopischen Großstadt spielend verfolgte man Detective Deckard, der als titelgebender „Blade Runner“ sogenannte Replikanten aufspüren und vernichten sollte. Der vom jungen Harrison Ford Charakter war ein insich gekehrter Mann. Anders als jene typischen Actionhelden in der damaligen Zeit. Keine großspurigen Macho-Ansichten oder den Drang im Mittelpunkt zu stehen. Mit denkwürdigen elektronischem Score von Vangelis bekam der Zuschauer Einblick in diese verruchte und von neonerstrahlte Stadt. Rudger Hauer war der geborene Anführer der aufsässigen Replikanten. Sein Monolog auf dem Dach nebst Ford gehört bis heute zu den großen Momenten der Filmgeschichte. Nun 35 Jahre später läuft in den Lichtspielhäusern der Republik die Fortsetzung. Nein, die Erweiterung des Erstlings. Lohnt sich das?
Vor 30 Jahre war Rick Deckard (Harrison Ford) ein Blade Runner, ein Sonderermittler, der geflüchtete Replikanten ausschalten sollte. Seit seinem letzten, verhängnisvollen Auftrag, vier dieser untergetauchten Androiden zu enttarnen, lebt er nun vollkommen zurückgezogen. Er will nichts mehr wissen von seinem einstigen Job – aus gutem Grund. Doch als der LAPD-Cop „K“ (Ryan Gosling) per Zufall ein sorgsam gehütetes Geheimnis aufdeckt, macht er sich auf die Suche nach Deckard. Möglicherweise kann ihm dieser als einziger helfen. Denn 2049 ist die Welt noch stärker geprägt vom rücksichtslosen Agieren großer Konzerne, die sich kein bisschen um Regeln, Gesetze und Moral scheren. Was „K“ bei seinen Ermittlungen entdeckt hat, bringt ihn und jeden, der ihm hilft, in größte Gefahr. Regisseur Denis Villeneuve erzählt seine Handlung mit viel Ruhe. In langen Sequenzen möchte er quasi ausschließlich die Leere seiner Welt veranschaulichen. Zwar kehren wir ab und an in die Großstadt zurück, jedoch dient dieser früher im Mittelpunkt stehende Schauplatz nicht mehr. Weite abgegraste Felder erstrecken sich bis zum Horizont. Unsere Erde ist seinen Rohstoffen beraubt. Der Großindustrielle Niander Wallace (Jared Leto) wurde dadurch mächtig, weil er Agrarprojekte finanzierte von dem die Menschheit heute lebt. Auch baute er eine neue Art von Replikanten, die nach der aus Teil 1 verbotenen „Nexus 8“-Reihe wieder legal fabriziert werden dürfen. Leider bleibt Leto in seiner Rolle mehr als blass und seine Motive nicht richtig erkennbar. Gosling hingegen, der mit rund 90& Screentime bedacht wurde, spielt mit jeweils zwei Gesichtsausdrücken relativ gelungen. Harrison Ford ist klarer Fan-Service und präsentiert sich er nach 130 von 165 Minuten Spielzeit dem Kinosaal.
Zumal „Blade Runner 2049“ für heutige Maßstäbe erstaunlich lange läuft. Knapp 165 Minuten verweilen wir im Kino. Solche Laufzeiten erlauben sich höchstens noch 007 Bond-Abenteuer oder Marvel-Buster. Warum ich auf diese 165 Minuten so beharre? Nüchtern betrachtet wird für diese Dauer relativ wenig gesprochen. Und wenn ist es nicht häufig über die Story. Während der Erstling durchaus Längen bewies, fragt man sich warum in dieser Zeit keine ikonischen Szenen gibt? Gut. Hauer mit seinem Monolog im Regen ist schwer zu toppen, aber in maximal fünf Jahren wird sich niemand mehr an Ryan Gosling im Schnee liegend erinnern, oder? Trotz seiner bildgewaltigen Eleganz, die zweifelsohne vorhanden ist und im Kinosaal bewundert werden sollte, ist dieser Film schwierig zu bewerten. So muss es auch der FSK ergangen sein, die mit einer Freigabe ab 12 den Vogel abgeschossen haben. Kopfschüsse mit Blutwolken, aufgeschnittene Bäuche und von Drohnen ermordete Menschen in Großaufnahme. Das hätte einen Paul Verhoeven heutzutage gefreut. Auch interessant, dass die FSK erst eine völlig andere Freigabe im Sinn hatte, bis Warner Bros. Einspruch einreichte.
Unser Fazit zu „Blade Runner 2049“
Am Ende bleibt Villeneuve´s Film ein Augenweide. Toller Bilder eingefangen mit bestechend großartigen Farbzusammensetzungen. Die Kamera bleibt meist ruhig und vermittelt den Eindruck des Beobachters. Die Figuren könnten an einigen Stellen mehr Persönlichkeit bekommen. Sie dienen hier nur als Mittel zum Zweck. Die Handlung würde auf zwei Seiten passen und verliert sich gegen Ende. Der Score orientiert sich am ersten Teil und Hans Zimmer versucht eigene Akzente zu setzen. Für Kenner von „Blade Runner“ durchaus ein Gang wert, alle anderen sollten diesen überdenken.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Blade Runner 2049“ gibt es hier.