KinoKritiken

Filmkritik zu „Blood & Sinners“ – Überleben bis zum Morgengrauen

Bundesweiter Kinostart: 17. April 2025

Die Luft ist staubig, schmeckt so salzig wie Schweiß und draußen tobt die sprichwörtliche Hölle – „Blood and Sinners“ entpuppt sich als positive Überraschung. Der recht eigenwillige Mix aus Gangsterfilm in den südstaatlichen 30er Jahren von Amerika und recht harschem Horror weckt Erinnerungen an ikonische Genregrößen vermengt sich jedoch mit fantastischen Einfällen, die man in derartiger Form wohl selten bestaunen durfte. Unsere Kritik zum neuen Film von Ryan Coogler.

Es herrscht eine Bullenhitze in der kleinen Kirche in Clarksdale, Mississippi. Das mehrheitlich von der Black Community bewohnte Plantagenstädtchen ist ein Mikrokosmos wie es ihn zuhauf während diesen Zeiten in den Südstaaten der Vereinigten Staaten gibt. Leben voller harter Arbeit und Unterdrückung durch die weiße Bevölkerung stecken den dort lebenden Menschen tief in den Knochen. Glaube und Musik lässt sie jedoch weitermachen. Wie auch den Sohn des örtlichen Predigers, idealerweise auch „Precherboy“ genannt, der in seinem jungen Alter bereits an harte Feldarbeit gewöhnt ist, aber dank seines musikalischen Talents mehr vom Leben will. Und so erzählt Regisseur Ryan Coogler eine in vielerlei Hinsicht spannende originäre Geschichten rund um den gar mystischen Blues sowie die Verbindung zum Gangstertum. Dafür sorgt nämlich Michael B. Jordan, hier in Doppelrolle, der als Brüder Stake und Smoke im weitegelegenen Chicago im Dunstkreis von Al Capone etwas Geld machten, nun in ihr Heimatstädtchen zurückkehrten und eine Jule-Bar in einem alten Sägewerk eröffnen wollen. Dies war zumindest der Plan bis zum Anbruch der Nacht.

Besonders hervorzuheben ist die Tatsache: Coogler nimmt sich extrem viel Zeit für die Exposition seiner Figuren. Die Lauflänge von happigen 138 Minuten wirkt in keiner Weise irgendwie künstlich gezogen sondern schafft Tiefe für die Figuren. Motivation sowie Vergangenheit. Gerade in der ersten Stunde wirkt „Sinners“ (Originaltitel) wie ein Gangsterdrama mit komödiantischen Momenten. Es wird geradezu explizit deutlich. Da gibt es beispielsweise ein Gespräch von Stake und Precherboy über gelungenen Cunnilungus oder Smoke schießt zwei Halunken, die gerade einen Transporter ausrauben wollen in Kniescheibe und Hintern. Das alles vor der Kulisse Anfang der 1930er Jahre. Staubig, brutal und großkörnig. Coogler verwendete übrigens kein digitales Material sondern fotografierte auf Film, was die Bilder herrlich altmodisch und hochwertiger erscheinen lassen. Zumal Michael B. Jordan zeigt wie stark sein Charisma als Gentleman-Gangster ist und auch zu Taten fähig ist, denen man ihm anfangs nicht zutraut.

Radikale Kursänderung in der zweiten Hälfte

Die Faszination des Films entwickelt sich nicht aus der womöglich simpel gehaltenen Storyline, vielmehr sind es die mitunter vielschichtigen Figuren, die spätestens in der düsteren zweiten Filmhälfte den Unterschied machen. Neben den Brüder kommt Hailee Steinfeld als „Mary“ ein besondere Rolle zuteil, die als Weiße unter Schwarzen anerkannt ist und zur nicht blutsverwandschaftlichen Familie gehört. Oscarwürdig war die Darstellung von Delroy Lindo als Musiker „Delta Silm“ – er versprüht väterliche Zähigkeit. Coogler verzichtet zwar nicht auf Jump-Scores setzt sie jedoch clever ein um eine ohnehin wirre Atmosphäre zu verstärken. Denn am Eröffnungsabend tauchen nach einer optisch beeindruckenden Sequenz rund um den Blues, der Ire „Remmick“ (Jack O’Connell) auf. Um Spoiler zu vermeiden – er lässt die Hölle auf die Gäste des Tanzschuppens los. Dies gestaltet sich ab diesem Punkt wie eine Art „From Dusk Till Dawn“ als Blaxpoitation-Version. Der Bodycount schnellt gehörig nach oben und die FSK 16-Freigabe wird blutrünstig genutzt. Dennoch verfällt Coogler nicht dem Wahn durch Brutalität seine Handlung voranzutreiben, es ist vielmehr die Erklärung für das Seelenheil der Figuren.

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  • Dieser Artikel hat Deutsche Sprache.
  • Jordan, Michael B., Stallone, Sylvester, Thompson, Tessa (Schauspieler)
  • Coogler, Ryan(Regisseur)

Optisch wie technisch wie „Blood & Sinners“ ein großer Genuss. Dank Ultra Panavision 70mm hat der Film bisweilen einen herrlich grobkörnigen Look und in Verbindung mit den altmodischen Kameraperspektiven könnte der Film problemlos aus den 70ern stammen. Nolan, dafür seit jeher bekannt so zu drehen, beriet zusammen mit Ehefrau Emma Thomas ihn während der Produktion was man in so einigen Momenten spürt. Musikalisch kommt der Horrorthriller auch nicht alltäglich daher – kein Geringerer als Oscar-Preisträger Ludwig Göransson (Oppenheimer) kreierte einen so unglaublich guten, weil durchdachten Score, der typische Blues-Sound mit elektronischen Beats vermischt um dadurch eine stimmige Melange zu schaffen. Die Immersivität ist erstaunlich. Wir sahen „Sinners“ gestern auf einer Samsung Onyx Leinwand im Traumpalast Esslingen. Falls ihr die Wahl habt – geht in einen solchen Saal. Die Technik ist wie OLED-Fernseher gestochen scharf und präsentiert Kontraste in Perfektion. Zudem empfehlen wir den Film in Dolby Atmos zu schauen. Ryan Coogler beweist mit diesem selbst geschriebenen Film zwei Dinge: Das originäre Autorenkino Hollywoods ist nicht ausgestorben und Kino beherrscht heute noch frische Faszination.

Sinners. USA 2025. Verleih: Warner Bros. Regie: Ryan Coogler. Mit Michael B. Jordan, Hailee Steinfeld, Jack O’Connell. Genre: Action / Horror. 138 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren.

Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Ja.

Vielen Dank an den Traumpalast Esslingen für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Blood & Sinners“ gibt es hier.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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