GTA: Trilogy im Test – Im Tal der Tränen von Liberty City
Keine gute Idee
Neben Schweiß und Tränen durchzog blankes Unverständnis unseren Test zur „GTA Trilogy – The Definitive Edition“ hinsichtlich des Verhaltens von Rockstar Games gegenüber langjährigen Liebhabern der originären Spiele. Selbst von Systemabstürzen auf Konsole blieben wir nach zig Updates nicht verschont – unser Urteil zum verhunzten Remaster.
Alte Erinnerungen
War die Freude Anfang Oktober dieses Jahr enorm groß bei sämtlichen Spielern, die in ihrer Jugendzeit zusammengezählt mehrere Monate mit dem Aufstieg allerlei Klischeegangster in den offenen Welten von Liberty, Vice City oder Los Santos verbrachten. Die schiere Freiheit, sich in weitesgehend allen Belangen kompromisslos ausleben zu dürfen, wie per Helikopter ferne Lüfte zu erreichen und mit Fallschirm irgendwo im County zu landen. Im Geschwindigkeitsrausch über Vice City’s Straßen zu heizen, im Ohr den herrlichen 80er Sound von Cutting Crew. Aber wie Claude (Protagonist aus „GTA3“) merken wir erst leider viel zu spät, dass wir derbe über’s Ohr gehauen wurden.
Lasst uns ein klares Wort darüber verlieren: Die „GTA Trilogy“ ist eines der lieblosesten Remaster-Collections, die seit Jahren erschienen sind. Teilt sich quasi die Stufe mit dem ebenfalls fragwürdigen „XII“-Remake von PlayMagic. Es steckt weder Liebe noch Hingabe für die wohl wichtigsten Meilensteine von Rockstar Games dahinter. Statt SELBST Hand an die Klassiker für eine technisch saubere Fassung anzulegen, übergibt man den Auftrag an Grove Street Games – bisher nur für Ports verschiedener Videospiele verantwortlich. Wobei erste Bilder der drei Spiele dank schicken Feuereffekten sowie klareren Details insbesondere bei Figuren wenig Grund zur Verunsicherung gaben. Alle drei Serienteile sind getrennt spielbar. Immerhin blieb uns die zeitlos gute englische Sprachausgabe mit all ihrer brachialen Art erhalten. „GTA3“ lebt von der Atmosphäre seiner rauen Großstadt. Nach einem Gefängnisausbruch muss sich der Kleinkriminelle Claude mit kleinen Aufträgen für Clubbesitzer sowie der Mafia wieder nach oben kämpfen. Inszenatorisch bildet das 3D-Abenteuer von Rockstar Games zwar das Schlusslicht, überzeugt jedoch umso mehr mit spielerischer Freiheit. Spiel-übergreifend haben die Entwickler:innen beispielsweise hübsche Explosionseffekte miteingewoben, beließen im Gegenzug teils menschenleere Straßenzüge. Höher aufgelöste Texturen von Waffen, Fahrzeugen und Straßen sehen in wenigen Momenten sogar relativ schick aus. GTA: San Andreas sei hier zu erwähnen. Aber was hilft eine verdammte 4K-Auflösung, wenn regelmäßig Objekte im Sichtbereich aufploppen oder Texturen viel zu spät nachladen oder die Umgebung nur aus untexturiertem Brei besteht und Autos darin versinken? Oder plötzlich Flugzeuge explodierend (!) vom Himmel stürzen? Die Gegner-KI erhielt leider kein Upgrade und reagiert noch genau so dämlich wie vor 20 Jahren.
Da Bilder oft mehr als 1000 Worte sagen, verlinken wir mal einen Clip der Kollegen von GameSpot:
Trotz Schonfrist wenig Spielfreude
In allen drei Spielen kam es zu nicht reagierenden Leveltriggern. Stell dich in den pulsierenden Kreis um Missionen zu starten – okay. Nichts passiert. Rockstar Games versprach im Vorfeld „Verbesserte Steuerung der Waffen und des Zielsystems, mit verbesserter Drive-by-Steuerung in GTA: San Andreas“ – ähm nein! Hakelig und ungenau ballern sich alle drei Protagonisten durch ihre Spielwelten. Trefferfeedback? Nicht vorhanden. So traurig es ist unsere einzige Motivation für’s weitere Durchspielen waren die kostbaren Erinnerungen der Originale. Zugegeben das Spiel erschien am 11. November und heute erscheint erst unser Test – aber diese Schonfrist gewährten wir, damit Updates unseren Eindruck verbessern. Dies geschah nicht. Beseitigte man die einen Bugs, kamen vorher ungesehene Probleme wiederum zum Vorschein. Grafisch macht Grove Street Games außer „besseren“ Modellen wenig aus der vielversprechenden Vorlage. Der neuartige comichafte Grafikstil ist klare Geschmackssache – nach einigen Spielstunden fällt er zumindest nicht mehr auf. Bestimmt, weil euch die teils absurd-gruseligen Charaktermodelle aus Knete den Rest innerhalb der Zwischensequenzen geben. Positiv sind wenigstens noch die neugesetzten Checkpoints zu erwähnen.
Am meisten von den augenscheinlich eher geringfügigen technischen Verbesserungen profitiert interessanterweise „GTA: San Andreas“. Hier halten sich störende Bugs tatsächlich noch in aushaltbaren Grenzen. Wobei sich nach den zwei vorherigen Serienteilen eine gewisse Toleranz aufgebaut hat. Ärgerlich ist an dieser gesamten Veröffentlichung – warum ließ Rockstar Games sowas zu? So desolate Fassungen trauen sich selbst kleine Publisher kaum rauszugeben. War der Wille auf schnelle Kohle vor dem Weihnachtsgeschäft größer als der gesunde Publisherverstand? Eigentlich tragen die GTA-Klassiker kaum Mitschuld. Sie sind und bleiben verdammt gute Klassiker. Damals liefen sie auch immerhin gut genug für eine Vielzahl von berechtigen Awards. Zumal prägten einige Spielmomente bis heute unsere Jugendzeit. So viel ist klar: Mit der „GTA Trilogy – The Definitive Edition“ tat sich hier niemand einen Gefallen. Mein Gott. Warum nur?
Entwickler: Rockstar Games | Preis: 29,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC | USK: ab 18
GTA: Trilogy (PlayStation 5)
Spielspaß - 47%
Gameplay - 51%
Grafik - 34%
Technik - 49%
45%
Unterirdisch
Technisch und spielerisch sehr fragwürdiges Remaster dreier glanzvoller Klassiker der Maßstäbe setzenden GTA-Reihe.
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