Jazzopen Stuttgart 2019: José James, Aloe Blacc & Emeli Sandé
Nach der überraschenden Absage von Sting schmiedeten die Veranstalter an einem mehr als ebenbürtigen Ersatz-Line-Up – trotz grauem Wetter gelang Emeli Sandé und ihren Kollegen ein hervorragendes Konzerterlebnis.
Absage als Chance
Absagen sind selten gut. Inwiefern sollte ein abgesagtes Abendessen leichter wiegen als das Nichterscheinen von Weltstar Sting? Eine Kehlkopfentzündung zwang den britischen Musiker seine Stimme zu schonen und nicht am gestrigen Donnerstag in Stuttgart aufzutreten. Die recht plötzliche Absage, 40 Stunden vor dem geplanten Konzert, wies die Veranstalter zu einem komplett neuen Line-Up an. Mehr als ebenbürtig vertraten die Pop & Soul-Musiker José James, Aloe Blacc & Emeli Sandé den ehemaligen „Police“-Frontmann. Statt im kurzen Hemd war wetterfeste Kleidung angesagt, denn der wolkenverhangene Himmel ließ nur herbstliche Temperaturen zu. Zudem war bis zuletzt nicht klar, wie viele Zuschauer zum geretteten Gastspiel kommen. Gegen 18:30 Uhr betrat der US-amerikanische Jazzsänger José James die Bühne und legte sich trotz noch überschaubarem Publikum so ins Zeug, dass man meinen könnte er spiele vor 100 Mal so vielen Zuschauern. Neo-Jazz gemischt Freestyle und Hip-Hop. Eingängige Melodien verleiteten nicht wenige schon groovig mitzuschwingen. Als wäre es perfekt abgestimmt beendet der jugendliche wirkende James mit „Ain’t No Sunshine“ von Bill Withers seinen sonnendurchflutetes Set.
Die kleinen Pausen zwischen den Acts nutzten viele um sich im Innenraum neu zu positionieren, um bessere Blicke auf die großangelegte Bühne samt hintergründigen LED-Screen zu erhaschen. SWR 1-Moderatorin Stefanie Anhalt führte gewohnt charmant durch den Abend. Fast schon wie ein exklusives Open-Air anmutend schritt Aloe Blacc begleitet von seiner Band Richtung Zuschauerraum. Lässig mit weißer Hose, schwarzem Jackett und Piloten-Sonnenbrille begrüßte er die aufgeweckten Zuschauer. Der durch den Song „I need a Dollar“ bekannt gewordene Blacc lieferte großartig abgewandelte Jazz-Versionen seiner Hits ab. Die immens erfolgreiche Dance-Pop-Hymne „Wake Me Up“ geriet hier schon mal zur Uptempo-Nummer mit fluffigem Rhythmus. Spätestens ab diesem Moment wurde es im Innenraum deutlich voller und die Tribünen ließen trotz manchem freien Platz die Menschen tatsächlich enger zusammenrücken.
Emotionale Momente
Umarmungen in unzähliger Form waren während „Love is the Answer“ erwünscht. Zumal die Live-Kamera nur zu gerne verliebt dreinschauende Pärchen auf die LED-Wand projizieren wollte. Der Pop-Jazz Abend mit Blacc endete schließlich hochemotional mit einem Cover von Elton John’s „Your Song“ – Gänsehaut vorprogrammiert. Nachfolgend war die Pause hilfreich um das Gesehene kurz sacken zu lassen. Mit einem kraftvollen Beginn beginnt die stimmgewaltige R’n’B & Soul-Sängerin Emeli Sandé ihren Abend. Mit sieben anderen Bandmitgliedern und vier Background-Sängerinnen hörte das Publikum feinsten Pop-Jazz mit dem gewissen Etwas. Ob am Klavier mit ihrer kommenden Single „Shine“ oder dem längst bekannten Radio-Hit „Read All About It“ – jeder Song traf den Nerv. Je länger der Abend dauerte, je dunkler und intimer wurde das Konzert. Nahezu komplett leise empfingen die Anwesenden ihre ruhige Ballade „Clown“. Das Outfit von Sandé war leuchtend rot, zudem sie fast schon gegensätzlich einen weißen Rock trug. Die gespielten Song erinnern oftmals an 70er-Jahre-Jazz aus New Orleans. Anders als beispielsweise Bob Dylan verrät sie zu jedem Stück aus welchem Grund sie diesen Song nun singt. Mit dem kraftvollen „Next to Me“ beschließt Sandé einen vielleicht anders geplanten aber dafür umso wertvolleren Konzertabend.
Wie sagte schon Jazztrompeter Quincy Jones: „Shut up & listen“.
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