
23 Jahre nach und 18 Jahre nach den vergangenen „28“-Filmen steht uns endlich „28 Years Later“ ins Haus. Produziert, geschrieben und inszeniert von Danny Boyle sowie Alex Garland, die bereits den ikonischen Erstling verantworteten, zeigt man uns eine Welt, in der das Wut-Virus jahrzehntelang wütet und sich kleine Gemeinsschaften unter ihnen bildeten. Gut Ding, will sehr viel Weile haben? Unsere Filmkritik zu „28 Years Later“ verrät es Euch.
2002 war ein recht bewegtes Jahr. Brasilien schoss sich zum Fußball-Weltmeistertitel, Harald Schmidt lockte jeden Spätabend Millionen von Zuschauer:innen mit seiner Late-Night vor die Glotze und im Kino lief bei sommerlichen Temperaturen ein gewisser „28 Days Later“ an, der sich anschickte das damals tote Zombie-Genre wiederzuwecken. Dies gelang. Einerseits wegen der kompromisslos harten Darstellung von Gewalt innerhalb einer dystopischen Welt, in der Gesetze und Regeln neu verhandelt werden und andererseits wegen der kleinen Änderung in Sachen Schnelligkeit der Infizierten. Sie rennen. Statt stumpf durch die Welt zu schlurfen, bewegen sie sich instinkthaft und gehen hierbei äußerst brutal vor. Der Erfolg von Boyle’s Film sorgte nicht nur für einen andauerenden Hype des Horror-Subgenre, welcher sich in Zack Snyders „Dawn of the Dead“-Remake niederlegte sondern auch seriell mit „The Walking Dead“. Hier bediente man sich sogleich am Einstieg des Films. Der Nachschlag „28 Weeks Later“ setzte hingegen mehr auf Terror als Fortführung der Geschichte rund um das Ragevirus.
Nun mussten Fans und die gesamte Zuschauerschaft also zwei Jahrzehnte darauf warten, dass sich Boyle und Garland einmal mehr zusammentun um einen dritten Teil zu schaffen. Wie der Titel schon sagt verlagert „28 Years Later“ die Geschehnisse zeitlich weit nach vorne. Die Welt erklärte England sowie die umliegenden Inseln zur einheitlichen Quarantäne-Zone. Überlebende werden sich selbst überlassen. Die Welt draußen läuft demnach normal weiter. Im Fokus stehen Jamie (Aaron-Taylor Johnson) und sein Sohn Spike (Alfie Williams). Beide leben in einer Gemeinschaft auf einer Insel, die per Damm verbunden mit dem Festland steht. Bei einem Ritual soll Spike seinen ersten Infizierten töten. Erschwerend dazu kommen die wellenartigen, der kaum noch ansprechbaren Mutter Isla (Jodie Comer). Eine Diagnose fällt wegen fehlenden Ärzte schwer. Dann entdeckt Spike einen Überlebenden, der laut anderer Dorfbewohner in der früheren Zeit Mediziner war. Dann fasst er einen Entschluss mit unschätzbaren Folgen. Die Storyline von „28 Years Later“ gehört, um es kurz zu machen, nicht zu den Stärken. Braucht es auch nicht. Vielmehr ist die Welt mit ihren neugestalteten Parametern unglaublich interessant und oftmals überraschend gestaltet, dass man sich an saftig grünen Wiesen und teils wahnsinnigen Panoramen nicht satt sieht.
Der Trailer sorgte im Vorfeld für einen absoluten Hype. Er gewann sogar bei den Golden Trailer Awards als beste Vorschau ausgezeichnet. Das hier zu hörende Gedicht „Boots“ ist an Eindrücklichkeit nicht zu überbieten und kommt auch im Film vor. Boyle und Garland nutzen die erste Hälfte um erstmal mit einem harten Einstieg (Stichwort: Teletubbies) für bekannten Terror und eine kritische Ebene an altmodischen Mustern in früheren Jahrhunderten. Sei es die auf Frauen abgegebene Care-Arbeit oder ein patriarchalisch geprägtes Weltbild, wo Muskeln Empathie samt Treue ersetzen. Mutig, dies in einem Blockbuster in der Meta-Ebene anzusprechen, jedoch auch Garland-typisch. Im weiteren Verlauf merkt man „28 Years Later“ den Willen zum Neustart an. Während „28 Days“ und „28 Weeks“ hier auf eine dreckig, dystopische, dunkle Grundatmosphäre setzen, spielt der neue Teil weitesgehend bei Tageslicht und die Bedrohlichkeit der Infizierten sinkt immer ab. Wenngleich, sie nicht keine Bedrohung darstellen, besonders im Rudel. Die FSK 18-Freigabe ist hinsichtlich äußerst expliziten Szenen fraglos richtig gewählt.
Der Cast überzeugt hier mit seiner sichtlichen Spielfreude. Ganz vorne ist der Zwölfjährige Alfie Williams zu nennen, der hier eine Heldenreise beginnt, die wunderbar gespielt ist. Anfangs noch ängstlich, getrieben von den Maßstäben seines Vater, entwickelt sich die Figur im weiteren Verlauf stark. Comer holt alles aus ihrer eindimensional geschriebenen Rolle raus. Taylor-Johnson spielt den muskelbepackten Hünen wie man ihn aus anderen Filmen kennt. Aufgrund der Tatsache, dass „28 Years Later“ der Auftakt einer Reihe darstellt, deren zweiter Teil bereits abgedreht und im Januar nächsten Jahres startet, darf man hier vermutlich mehr schauspielerische Interaktion erwarten. Der im Film spät aufschlagende Ralph Fiennes spielt jedoch in einer anderen Liga.
- FSK 18
- Murphy, Cillian, Huntley, Noah, Harris, Naomie (Schauspieler)
- Boyle, Danny(Regisseur)
Technisch ist noch eine Besonderheit zu nennen – er setzt wieder auf ein untypisches Aufnahmegerät. Boyle nahm 2002 noch die grobkörnige Canon XL1, die kleiner und leichter als herkömmliche Filmkameras war. Hier nutzte er stattdessen das iPhone 15 Pro Max. Natürlich mit Unmengen von Aufsätzen, Linsen und anderen Halterungen versehen. Dies schafft eine klare, wennauch hektische Optik. Subjektiv war es mir sogar einen Tick zu unübersichtlich. Audiovisuell lohnt sich der Gang in eine Dolby Atmos-Vorstellung vortrefflich.
Wer „28 Days Later“ auswendig kennt, wird sich in „28 Years Later“ stellenweise heimisch fühlen aber muss sich neuen Gegebenheiten öffnen. Die dystopische Düsternis weicht einer fast schon abgeklärten Gesellschaft, die sich mit dem Virus arangierte und selbst die Infizierten bewegen sich (teilweise) nicht mehr rasend zu den Lebenden. Vieles wirkt zudem hoffnungsvoller. Alles in allem ist die neue Herangehensweise an die vom Wutvirus beherrschende britische Insel anders, aber nicht schlecht. Sozusagen Brexit mal anders.
28 Years Later. USA/England 2025. Verleih: Sony. Regie: Danny Boyle. Mit Jodie Comer, Aaron Taylor-Johnson, Alfie Williams. Genre: Horror / Drama. 115 Minuten. FSK: Ab 18 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Vielen Dank an den Traumpalast für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „28 Years Later“ gibt es hier.
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