Need for Speed Payback im Test
Need for Speed Payback: Nach dem schwachen Reboot möchte Studio Ghost Games Fehler ausmerzen und verlagert die Rennspiel-Reihe ins sonnige Nevada mit furiosen Einsätzen á la Blockbuster-Action. Weshalb EA mit Design-Entscheidungen patzt und der Motor eher stottert statt schnurrt, klären wir im Test.
Vergeigtes Reboot
„Boah! Lass uns´n Rennen fahren, damit du mir zeigen kannst wie tough du bist. Klar, Alter?!“ So oder so ähnlich stellte man sich im Jahr 2015 den Reboot einer der beliebtesten Rennspiel-Serien auf Konsole und PC vor. Mit pseudo-hippen Möchtegern-Gangstern in Live Action Zwischensequenzen durch die ewige Nacht brausen und Motoren aufheulen lassen. „Need for Speed“ sollte der Anbeginn einer neuen Ära sein. Etwas weg vom Burnout Gameplay der letzten Fortsetzungen hin zu launigen Tuning-Ausflügen und Rennen im Neonschein. Man sah damals regelrecht die „Wir-müssen-alles-besser-machen“-Art seitens der neu gegründeten Entwicklerschmiede „Ghost Games“ aus Schweden. Trotz Mitarbeiter von Criterion, EA Black Box und Playground Games vermochte dieser Beginn nicht wirklich zu zünden. Zu herzlos und „cool“ die Inszenierung, Rennen fanden in der leblosen Open World vornehmlich nachts statt und nur das zeitlose Gameplay sowie vielschichtige Tuning-Möglichkeiten wurden wie üblich am besten aufgenommen. Auf der E3 2017 wurde überraschend ein Nachfolger präsentiert mit völlig neuartigen Ansätzen. Statt nachts durch öde Metropolen zu rasen gab es gut aussehende Action á la „Fast & Furious“ zu bestaunen. Selbstverständlich mit Zeitlupe. Ich war persönlich überrascht und guter Dinge, dass „Need for Speed Payback“ besser als sein Nachfolger wird. Nun ja.
Haken wir die Handlung kurz ab: Tyler und seine Crew planen in der Großstadt „Fortune Valley“ ein heißes Ding. Sie wollen innerhalb eines hoch gepokerten Rennens des namenlosen Gambler einen flotten Koenigsegg mitgehen lassen. Trotz langer Planung geht der Coup schief, aus Freunden werden Verräter und Tyler steht mit seinen Leuten irgendwann alleine da. Zeitsprung: Sechs Monate später erhält Tyler die Chance sich an „The House“ einem Kartell aus Fahrern, die am Koenigsegg-Raub beteiligt waren zu rächen. Also überzeugt er Kumpel Mac (Offroad) und Fluchtfahrerin Jess mitzumachen. Entwarnung: Die Story von „Need for Speed Payback“ wird nicht mit echten Schauspielern erzählt sondern in gut aussehenden Render-Sequenzen. Diese liegt leicht über B-Movie Niveau. Deutschen Sprecher machen einen guten bis miserablen Job, dass jedoch oft am äußerst schwachen Drehbuch behaftet ist. Im Grunde geht es darum die klassische „From Zero to Hero“-Story zu spielen. Wir müssen alle möglichen Ligen in der Spielwelt besiegen um eine „Blockbuster-Mission“ freizuschalten. Neben klassischen Racer-Rennen dürfen wir erstmals per Offroad unterwegs sein. Das macht eindeutig Spaß und lockert das Spielgeschehen auf. Leider entkoppelte Ghost Games die launigen Crashs und setzt sie nur in gescripteten Cop-Missionen um. Hier fliehen oder zerstören wir Polizei-Boliden was eindeutig an alte Burnout-Erfolge anknüpft. Generell macht das Gameplay durchaus Spaß, wären da nicht unverschämte Design-Entscheidungen.
Wenn Loot-Boxen auf Spielbarkeit treffen
Nach jeder abgeschlossenen Quest finden wir irgendwo auf der Karte ein Wrackteil. Finden wir dieses, müssen wir zwingend vier weitere Teile finden ohne den das Wrack unbrauchbar ist. Diese gibt es jedoch nicht bei Tuning-Händlern sondern sind auf „höher gelegenen“ Plattformen versteckt. Zumal es völlig unlogisch ist und man unnötigerweise aus dem Spielfluss herausgerissen wird. Ein Glück ist es nicht notwendig diese Wracks zu sammeln. Mit jedem erfolgreichen Rennen verdienen wir Credits und sogenannte „Speed-Cards“. Aufgrund einer recht plumpen Microtransaktionen-Politik rüsten wir nicht mit Teilen sondern Speed-Cards unsere Wägen auf. Je nach Leistung und Art verbessern wir unser Level und kleinere Werte innerhalb des Systems. Knackpunkt: Alle 20 Minuten (Echtzeit) rotieren Karten beim Händler. Spieler können also nicht gezielt aufwerten sondern auf Gut Glück hoffen. Doch EA hat „vorgesorgt“ und Microtransaktionen implementiert, will heißen per Loot-Box dürfen wir weitere Karten erwerben. Für Echtgeld versteht sich. Damit nimmt man dem Tuning den Spielspaß und hemmt den Spielspaß immens.
78 Wagen plus fünf Wracks sind im Spiel enthalten. Nach Release werden weitere Autos per DLC veröffentlicht. Bis zur maximal Stufe 399 könnt ihr diese mit allerlei Teilen ausrüsten. Vor jedem Rennen wird euch ein empfohlener Level angezeigt. Dies mindert Frust sowie kann in späteren Rennen von Vorteil sein. Die Rennen selbst haben leider ihre Macken. Rasen wir nicht innerhalb der ersten 30 Sekunden zur Führungsspitze sprintet sie uns davon, damit wir sie kurz vor der Ziellinie einholen. Genauso andersrum. Sind wir realistisch uneinholbar vorne greift die Gummiband-KI. Im Jahre 2017 und neben Titel wie „Forza“ & „Projekt Cars“ ist das mehr als peinlich. Dagegen sind die Strecken spaßig per Offroad über Stock und Stein in der Wüste oder von Cops verfolgt durch die Innenstadt. All diese Ideen hätte es im Spiel mehr gebraucht. Zudem „Need for Speed Payback“ mitunter lebloseste Open-World seit langem bietet. Kein Mensch auf den Gehsteigen, integrierte Schwebebahn steht still und sonstiger Autoverkehr ist nur schwer erkennbar. Natürlich handelt es sich hier um einen Arcade-Racer aber in vorherigen Serienteilen fanden wir solche Fehler nicht.
Technisch macht „Need for Speed Payback“ einen sauberen Job. Framedrops, Tearing oder ähnliche Grafikfehler konnten wir in unserem Test nicht feststellen. Dennoch ist es enttäuschend, wenn man weiß dass im Hintergrund die großartige „Frostbite-Engine“ arbeitet. Ghost Games kam damit wohl nicht zu recht, anders können sich die zahlreichen verwaschenen Texturen und Flächen im Spiel nicht erklären. Gerade Schilder sind fast alle unscharf geraten. Zudem sieht der Titel für solch eine starke Engine einfach zu schwach aus. Partikeleffekte können hier überzeugen. Der Score bedient sich bei Snoop Dogg, Terror Squad und den Chemical Brothers. Hinzu kommen Remixes von einigen älteren Songs, die ihr sicherlich ebenfalls kennen dürftet. Alles recht stimmig.
Unser Fazit zu „Need for Speed Payback“
Die Vorzeichen standen so gut. Actionreiche Missionen quasi ein spielbarer „Fast & Furious“-Teil. Aber irgendwie scheint zwischen finanzieller und spielerischer Hinsicht abgestürzt zu sein. Das Gameplay macht Spaß, der Motor heult auf und wir rasen mit 250mph durch sandige Highways. Aber alles drumherum wirkt unnötig. Speed-Cards ersetzen normale Tuning-Gegenstände, Spieler müssen langweilige Schatzsuchen nach Wrack-Teilen machen etc. Es macht in vielen Momenten einfach keinen Spaß. Einzig die überaus gelungenen Blockbuster-Aufträge holten uns im Test aus den Löchern. Aber das sollte keinesfalls die Regel werden.
Entwickler: Ghost Games – Preis: 69,99 Euro – Für PlayStation 4, Xbox One und PC – USK: ab 12
Need for Speed Payback (PlayStation 4)
Spielspaß - 70%
Gameplay - 72%
Grafik - 68%
Technik - 71%
70%
Durchschnittlich
Schade: Eigentlich guter Arcade-Racer, der mit unnötig ideenlosen Spieldesign-Einscheidungen den Spaß hemmt.
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