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“PAYDAY 3” im großen TEST – Skrupelloser Einsatz für die Clownsmasken

Bankräuber entpuppen sich als Marathonläufer

Vier der wohl stylischsten Ganoven der Videospielgeschichte brechen, hacken und ballern sich wieder durch alle möglichen Aufträge auf ihrer schier unendlichen Suche nach dem ganz großen Ding. Geld spielt in PAYDAY 3 kurioserweise die geringste Rolle – Ablauf und Stil in den belebten Maps sind mehr wert wie jeder Diamant. Warum der dritte Teil der beliebten Action-Heist Reihe trotz ungeheurem Potenzial ein paar Federn lässt, klärt unser großer Test.

Mittags. Die Sonne strahlt auf den glänzenden Asphalt. Regen Treiben auf den Gehwegen. Autotüren öffnen sich. Geschäfte ebenfalls. Einige Personen unterhalten sich. Wachleute halten innerhalb der Bank mit gewissenhaften Blick Ausschau nach verdächtigem Verhalten. Keine Anzeichen. Vier Silouetten betreten die Szenerie. Die Old Chic-Anzüge der vier männlichen Akteure offenbaren nur wenig über ihre wahre Intension. Sie teilen sich in Zweiergruppen auf und durchkämmen Außen- wie Innenareale. Überwachungskamera hier, herumstreunder Wachmann dort. Türen entweder verschlossen oder sofort zugänglich aber mit spürbaren Widerstand der Sicherheitskräfte. Jede falsche Bewegung entscheidet über einen maskierten Frontalüberfall oder galanten Gentlemen-Raub á la Danny Ocean ohne großes Aufsehen.. PAYDAY 3 lässt uns da stets die Wahl.

Nach meinem Gespräch mit einem der leitenden Entwickler von Starbreeze Studios und einem fast einstündigen Heist inmitten des Hafenswar ich felsenfest sicher, dass uns mit PAYDAY 3 ein feiner Shooter mit durchdachter Taktik-Komponente ins Haus steht. Nach durchgespielten acht Aufträgen im Hauptspiel, denke ich das zwar noch immer aber die Jungs und Mädels aus Schweden haben echt Potential liegen lassen. Was zwangsläufig nicht heißt, dass dies unbedingt negativ ausgedrückt ist. Man denke nur an den überaus erfolgreichen Vorgänger PAYDAY 2, welcher nach Jahren von Starbreeze supportet wurde und heute deshalb über 80 (!) verschiedene Maps bietet. Gewisse Paralellen sehe ich beim taufrischen dritten Teil – dank ihrer Sandbox-Architektur bieten die acht konzipierten Maps bzw. Aufträge echt Material für einige Stunden Heist-Spielspaß, gerade weil es nicht den einen RICHTIGEN Weg sondern vielerlei, das spornt enorm zur Wiederholung an.

Zahltag nach Art des Hauses

Aber um geht es in PAYDAY 3? Ganz einfach – Gier. Die vier Mitglieder der Gang gingen zuletzt getrennte Wege um ein Leben fernab der Kriminalität zu führen. Leider formte sich eine Bedrohung aus dem begangenen Chaos des vor 10 Jahren erschienenen letzten Teils. Jetzt heißt es: Das letzte große Ding drehen – und sich (gezwungenermaßen) mit Kryptro-Festplatten und Handy-Hacks auseinandersetzen. Alternde Gangster lernen neue Tricks. Kurz gesagt, obwohl die Story in durchaus schicken Cinematic Graphics präsentiert wird, sind sie eher Mittel zum Zweck. Und der Zweck heißt Heisten. Es gilt zu betonen: PAYDAY 3 überzeugt nicht mit Handlung sondern auf spielerischer Ebene. Davor heißt es jedoch Vorbereitung bzw. gleich vier getrennte Tutorials in Sachen Kampf, Stealth und Massenkontrolle zu bewältigen. Starbreeze schraubte zwar das Gunplay deutlich auf, könnte jedoch gerne noch brachialer sein, weil sich manche Schnellfeuerwaffen wie die Northwest B-9 (Sturmgewehr) sich wie ein wildgewordener Tacker anhören. Dafür sticht das Handling positiv hervor – gerade die Ausstattung im Menü orientiert sich an Activisions “Call of Duty”-Serie und ist somit übersichtlich. Von Schalldämpfern über größere Magazine stehen viele Upgrades zur Verfügung – so dürft ihr eure Raubzüge auch mal ruppiger gestalten.

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Ohnehin sind die Acht ab Release bestehenden Maps erfreulich unterschiedlich gestaltet. Zudem erteilt euch Rapper und Schauspieler ICE-T höchst persönlich als undurchsichtiger Bauunternehmer im “99 Boxes-Heist den Auftrag. So fangen wir ganz profan in einer kleinen Bank an, verüben bald Überfälle in einem Museum um zu guter Letzt einen neondurchzogenen Nachtclub um etwas Crypto-Kohle zu erleichtern, dort geht es nämlich schnell heiß her, da Shoot-Outs mit herbeigerufenen Polizisten fast schon an John Wick-eske Szenen erinnern. Dröhnende Bässe, blutige Kopfschüsse. Nachladen und ballernd über die Brandung hechten. Währenddessen bohrt sich unsere aufgebaute Gerätschaft in die Tresortür – hier entfaltet PAYDAY 3 seine besten Momente. Entdeckt zu werden, passiert nämlich recht schnell, da in privaten Räumen auch Überwachungskameras installiert sind. Obwohl die Maps durchzogen von Geis…ähm NPC’s sind, fallen deren hölzernen Animationen unangenehm auf. Zuweilen der Heist-Shooter absolut kein Grafik-Knaller ist, dennoch bestätigten uns die Starbreeze-Entwickler:innen dass ein Wechsel der Unreal Engine von 4 auf 5 definitiv kommt, daher bewerten wir den jetzigen Zustand als hinnehmbar. Andererseits läuft der Spaß ruckelfrei und mit meist stabiler FPS. Apropos Atmosphäre: Der Soundtrack von PAYDAY 3 verdient ein Lob. Von jazzig-ruhigen Stücken in der Vorbereitung bis zum explosiv-elektronischen Feuerwerk in besonders heißen Phasen. Bei den fünf Gegnertypen ist besonders der Cloaker zu beachten – pfeilschnell reißt der behördliche uns zu Boden und nur mit Teamarbeit ist er überwindbar. Mit eintauschbaren Geiseln ist es möglich mehr Zeit vor nächsten Polizeiangriffen herauszuzögern.

Nachdem unser Coup auf den letzten Metern ist, gilt es das gesammelte Geld, Schmuck oder sonstige wertvolle Artefakt wie gewohnt zum Fluchtfahrzeug zu schleppen. Leider lässt PAYDAY 3 so manche Steilvorlagen liegen – wie großartig wäre es wohl gewesen wie im Filmklassiker von Michael Mann “Heat” durch die Häuserschluchten von Manhattan zu rennen, nebenbei ein paar Kugeln abzufeuern und vielleicht (böse) Überraschungen zu erleben, wie plötzlich auftretende Bankräuber welche uns ebenfalls bestehlen wollen. Stattdessen erwarten uns eben mehr (schießwütigere) Feinde. Die Roadmap in Sachen kommende DLCs ist immerhin gesichert – in einigen Wochen erscheint mit “Syntax Error” frischer Inhalt. Nach dem turbulenten Start inklusive überlaufene Server am Releasewochenende überlegen die Entwickler übrigens einen Offline-Modus zu implementieren, keine schlechte Idee! Technisch ist PAYDAY 3 sauber, Abstürze stellten wir unzähligen Heists nicht fest. Das Matchmaking könnte flotter arbeiten. Natürlich ist ein eigenes Team mit Voicechat mehr zu empfehlen als random Spieler:innen. Problematisch empfanden wir in unserem Test das unnötig gestreckte Progressionssystem – nur mit spürbaren Grinding holt man sich verbesserte Fähigkeiten oder schaltet sie dank verdienter Punkte im Upgradesystem frei.

Unser Fazit zu “PAYDAY 3”

Das neueste Werk aus den schwedischen Starbreeze Studios ist ein Marathonläufer. PAYDAY 3 ändert nur wenig am überaus gelungenen sowie 10 Jahre erprobten Konzept seines beliebten Vorgängers. Setzt hier und da etwas mehr spielerische Tiefe ein, sodass ein zu hackender Computer vor ankommenden Einheiten beschützt werden muss und dergleichen. Das Fundament aus taktischer Planung, auch ohne Planungssystem, und bleihaltigen Schießereien funktioniert in seinen besten Momenten tatsächlich wie aus einem Guss. Gegenüber stehen veraltete Technik und knapp ausreichenden Content, der zwar nicht den Tiefgang und Vielfalt von Möglichkeiten eines artverwandten “Hitman 3” erreicht, aber in Zukunft deutlich ausgebaut wird. Gleiches gilt in grafischer Hinsicht – bald tickert als Engine die fünfte Generation von Unreal. Dementsprechend gilt unsere prozentuale Bewertung für ein gelungenes Fundament sowie zukünftiges PAYDAY 3.

Entwickler: Starbreeze Studios | Genre: Taktik-Shooter | Preis: 39,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC | USK: ab 18

PAYDAY 3 (PlayStation 5)

Spielspaß - 85%
Gameplay - 83%
Grafik - 74%
Technik - 81%

81%

Empfehlung!

Gelungene Rückkehr der Gang! Taktische Heist-Action mit nötiger Härte aber gewissen Ecken und Kanten in Präsentation sowie Technik.

PAYDAY 3

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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