Shure MV88+ Video Kit – genauer angeschaut
Während Kameras in Smartphones immer besser werden, klappt das mit dem Ton oft noch nicht ganz so gut. Die kleinen Mikrofone haben mit den Gegebenheiten oft zu kämpfen und am Ende sieht das Smartphone-Video dann zwar gut aus, aber klingt irgendwie komisch. Shure hat dafür eine Lösung parat: Das Motiv MV88+ Videomic. Im Test habe ich mir angesehen, wie gut das klappt.
Vorweg: Das Testgerät wurde uns von Shure im Rahmen einer Produktpräsentation zur CES2019 für dieses Review kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Ziel von Shure ist nicht weniger, als den Ton eurer Videos zu perfektionieren. Dafür packt man auch allerhand Technik in das MV88+ Videomic:
- Gewicht: 79 g
- Höhe x Breite x Tiefe: 27.0 × 27.0 × 77.0 mm
- Übertragungsbereich: 20 Hz – 20 kHz
- Frequenzgang: Einstellbar
- Maximaler Schalldruck: 120 dB SPL (At Minimum Gain, Flat Mode)
- Wandler-Typ: Kondensator
- Richtcharakteristik: Acht, Niere
- Schaltbarer Low-Cut: Nein
- Anschlüsse: LTG, USB
- Dämpfungsglied: Nein
- Auswechselbare Kapsel: Nein
- Hauptfunktion: Recording
- Kopfhörer-Ausgang: Ja
- Mikrofon Gehäuse: Metall
- DSP Modi / Presets: Flat, Loud, Akustisch, Gesang, Sprache
Der Lieferumfang fällt ebenso üppig aus. Neben dem Mikrofon samt Windschutz ist eine Mikrofonhalterung mit Coldshoe-Adapter, ein Smartphone-Halter und ein Manfrotto Pixie Mini-Stativ enthalten. Auch die nötigen Kabel von microUSB auf USB Type-C oder Lightning sind mit enthalten. Um das alles zu transportieren ist außerdem eine Neopren-Tasche mit dabei.
Das Motiv MV88+ ist übrigens eigentlich nicht ganz so neu, sondern die Neuauflage des MV88 – das war allerdings nur zu iOS Devices mit Lightning-Anschluss kompatibel, während das MV88+ auch unter Android, OSX und Windows genutzt werden kann. Das macht es extrem vielseitig, denn es ist fast egal, welches Endgerät ihr nutzt, oder ob ihr zwischen Geräten wechselt: Sofern ihr nicht auf Linux oder Windows 10 Mobile unterwegs seid, könnt ihr das MV88+ nutzen. Wobei ich Linux nicht per se ausschließen würde, ich konnte es schlicht nicht testen.
Die Verarbeitung aller Komponenten ist solide – mit Ausnahme des Smartphone-Halters. Irgendwie hab ich immer das Gefühl, dass das Smartphone herausrutscht. So richtig fest sitzt das Gerät nicht, egal wie gut man die Halterung zusammenschiebt und festzieht. Herausgefallen ist es bisher nicht, schnelle Bewegungen traue ich mich damit dennoch nicht zu machen. Ansonsten sitzt alles sehr sicher und der Zusammenbau ist auch entsprechend einfach. Sehr schönes Detail: Alle Anschlüsse und Verbindungsstücke entsprechen Standards aus der Foto- und Videographie. Das heißt: Es lässt sich problemlos um Zubehör erweitern. Mit einer kleinen Zubehörschiene konnte ich beispielsweise eine Litra Torch 2.0 neben dem Mikrofon anbringen, um auch bei schlechtem Licht aufnehmen zu können. Sehr praktisch. Prinzipiell lässt sich das Setup damit auch auf größere Stative oder gar Gimbals montieren, da die Smartphone Halterung auf ein ganz normales 1/4″ Gewinde setzt.
Um die Aufnahmen und auch die Einstellungen des Mikros zu verwalten liefert Shure auch eine App mit: Die Shure Motiv Video App. Für Android befindet sie sich aktuell noch in einer Early Access Phase, daher ist sie ohne Voranmeldung noch nicht im Play Store zu finden. Leider hat die App auch noch den einen oder anderen kleinen Bug, was wohl auch zum Early Access Status beiträgt. Aber dazu später mehr.
Generell bietet die App die Möglichkeit, die Charakteristik des MV88+ den Gegebenheiten anzupassen. Statt einer starren Nierencharakteristik kann beispielsweise ein breiteres oder enges Stereofeld eingestellt werden. Auch kann ich festlegen, was für eine Aufnahme ich gerade vorhabe: Musik, Sprache, Dialoge, einfach Stereo – all das beeinflusst das Endergebnis hörbar und kann für den letzten Feinschliff in der Aufnahme sorgen. Über die App werden auch Software-Updates für das Mikrofon eingespielt und der genaue Pegel eingestellt.
Am Ende musste ich auch die Videos über die Shure App aufnehmen, da keines meiner getesteten Smartphones den Ton des Mikros in der Original Kamera-App akzeptiert hat. Warum das schade ist: Die Shure App unterstützt nicht alle nativen Video-Optionen des Smartphones, auch die Video-Stabilisierung wird nicht genutzt. Die Schuld dafür liegt allerdings nicht bei Shure. Die Smartphone Hersteller sowie Google müssten hierfür vollen Zugriff auf die Kamera-API geben, was in der Regel nicht der Fall ist. Erst wenn das alles gegeben ist, könnte Shure hingehen und die App für jedes halbwegs aktuelle Android Smartphone anpassen… ihr seht worauf das hinaus läuft. Daher: Einfacher wäre natürlich, wenn die Hersteller einfach externe Mikrofone in der Hauseigenen Kamera-App zuließen. Wie sich das entwickelt bleibt abzuwarten.
Shure arbeitet jedenfalls eifrig an der eigenen App, wie die letzten Updates zeigen. Anfangs hatte ich das Problem, dass die Videovorschau nicht mit dem Endergebnis übereinstimmte. Der Fehler wurde mittlerweile behoben, sodass eigentlich nur der Punkt mit der Videostabilisierung bleibt.
Davon abgesehen funktionierte die App problemlos und ohne Abstürze. Die Videoqualität war gut und der Ton herausragend, gerade im Vergleich mit den integrierten Mikrofonen. Die Einstellungsmöglichkeiten sind vielfältig und bisher hatte ich keine Situation, in der das Shure keine gute Figur machte.
Die App-Bedienung ist insgesamt auch super einfach. Es gibt nur die Optionen, die auch wirklich nötig sind und keine verschachtelten Menüs mit Untermenüs in Untermenüs des Untermenüs, sondern eine klare Struktur auf einer Seite zusammengefasst.
So, nachdem wir uns durch die Theorie gearbeitet haben, kommen wir nun zum Klang. Der ist in fast allen Situationen über jeden Zweifel erhaben. In einer ruhigen Umgebung wie einem Büro oder gar Studio sind die Ergebnisse schlichtweg hervorragend. Etwas anderes gibt es hier eigentlich nicht zu sagen.
Je nach Umgebung variieren die Ergebnisse dann natürlich auch ein wenig. Wenn es lauter wird, hilft es ungemein, die Nierencharakteristik zu aktivieren. Dadurch werden Umgebungsgeräusche ziemlich gut herausgefiltert und nur das, was direkt vor dem Mikrofon passiert auch aufgezeichnet. Sprache wird damit deutlicher und besser verständlich. Das Ganze ist natürlich primär eine Software-Lösung, denn mal eben die Charakteristik eines Mikrofons verändern ist nicht möglich. Dafür funktioniert es aber sehr gut.
Ein breites Stereo-Feld hilft hingegen wenn mehr als eine Person vor der Kamera steht. Allerdings sollte der Abstand zwischen Mikro und Sprecher(n) dann nicht zu groß ausfallen, da es schließlich kein Richtmikrofon ist. Ausgleichen lässt sich das zwar durch einen höheren Pegel, das führt aber auch zu einem lauteren Grundrauschen und mehr Nebengeräuschen.
Dennoch konnte es uns in jeder Situation gute Ergebnisse liefern. Einzig die Musik-Einstellung konnten wir mangels musikalischem Talent leider nicht ausprobieren .
Wer in lauten Umgebungen Aufzeichnen will wird sich besonders über den Kopfhöreranschluss am Mikrofon freuen. Damit lässt sich direkt abhören, was das Mikrofon aufzeichnet, ohne noch irgendwelche Zusatzhardware besorgen oder sich auf Bluetooth oder ähnliches verlassen zu müssen. Der Monitoring-Anschluss funktioniert außerdem unabhängig vom Gerät, an das das MV88+ angeschlossen ist. Den Pegel kann man allerdings nur in der App selbst steuern. Das Abhören funktionierte aber generell problemlos und ist durchaus hilfreich, um sicherzustellen, dass der aufgenommene Ton auch in Ordnung ist.
Was ich mir allerdings gewünscht hätte, ist eine bessere Isolierung des Mikrofons von der Halterung. Gerade wenn man Handheld filmt, übertragen sich Geräusche unter Umständen direkt auf das Mikrofon und damit auch in die Aufnahme. Das kann je nach Situation schnell stören. Helfen würde hier eine Spinne passend zum MV88+, die aber wiederum dick auftragen würde. Mit ein wenig Übung klappt es auch ganz gut ohne.
Fazit Shure MV88+
Zusammengefasst: Will man mit dem Smartphone filmen und Ton aufzeichnen, führt kein Weg am Shure VideoMic MV88+ vorbei. Kein mir bekanntes Mikrofon für Smartphones ist derart kompakt und dabei vielseitig, ohne auf die Klangqualität verzichten zu müssen.
Die UVP von 229 Euro finde ich daher durchaus angemessen, denn am Ende bekommt ihr dafür ein Mini-Tonstudio zum Mitnehmen.
- iOS-, Android- und Desktop-kompatibel: Inklusive Lightning- und USB-C-Kabel zum Anschluss an iOS, Android* und Desktop-Geräte
- Kopfhörer-Überwachung: Integrierter Kopfhörerausgang für Echtzeit-Kopfhörer-Überwachung
- Aufladen unterwegs: Ermöglicht das Aufladen des Telefons während des Mikrofons (benötigt USB-A Kabel und Apple USB3 Kamera-Adapter), nur für iOS
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