Mit dem 25. offiziellen James Bond-Streifen „No Time To Die“ läutet Regisseur Cary Joji Fukunaga ein wahrhaftiges Grande Finale für Hauptdarsteller Daniel Craig ein. In der bemerkenswerten Laufzeit von 163 Minuten explodiert, wummert es und wird letztlich sogar höchst emotional für Bond samt den Zuschauern. Unsere Filmkritik zu „007: Keine Zeit zu sterben“.
Melange aus Verrat und Überraschung
Jetzt ist er also. Der Tag aller Tage. Der Kinostart des vermutlich allerletzten Bond-Abenteuers mit Daniel Craig als ikonischem Spion ihrer Majestät. Nach 18 Monaten, 5 Verschiebungen und extrem gewisser Zukunft, die u.a. aus dem MGM-Verkauf an Versandriese Amazon samt angepeilter Streaming-Premiere für gebotene 600 Millionen Dollar resultierte. Doch nichts da! Bond-Produzentin Barbara Broccoli erteilte sämtlichen VoD-Plänen eine klare Absage – „Wir machen Filme. Wir machen Filme für das Kino. Das ist es, was wir tun.“, stellte Sie vor einigen Wochen klar. Obwohl sich die britische Boulevardpresse damals mit bekannten Mitteln aus giftigen Schlagzeilen sowie bösartigsten Sprüchen gegen die Neupflichtung Daniel Craig’s stellte, blieb er mit 16 Jahren Dauerauftrag am Längsten im Franchise. Bis jetzt. „Keine Zeit zu sterben“ bildet den Abschluss der Ära Craig. Und verbindet die meisten Probleme innerhalb der Produktion. Zuerst sollte „Trainspotting“-Regisseur Danny Boyle den Film inszenieren, was jedoch aus künstlerischen Differenzen mit Craig scheiterte, deswegen übernahm der eher unbekannte Cary Fukunaga (Beasts of No Nation) das Ruder während sich der Bond-Hauptdarsteller im Sprint den Knöchel brach und kurze Zeit ausfiel. Über die (un)kontrollierte Explosion im Pinewood-Studios samt zerstörten Filmset-Stücken fangen wir erst nicht an.
Gerade so, also kurz vor dem fest geplanten Kinostart, im Jahr 2020 bekam es Bond jedoch mit einem übermächtigen Gegner zu tun – die Pandemie. Nichtsdestotrotz flimmert der neueste Agententhriller über die Leinwand und ist komplett anders. „No Time To Die“ wirkt der letzte Tag eines engagierten Mitarbeiters, der statt Anzug lieber Hawaiihemd trägt und statt Kantine freudig für alle Kollegen Mittags Pizza bestellt. Die Handlung braucht etwas um in Gang zu kommen, ist aber Bond-typisch. Nach Verrat und Täuschung lebt Commander Bond (Daniel Craig) als Luxus-Eremit auf Jamaika. Als aber sein guter alter Freund Felix Leiter (Jeffrey Wright) ihn um Hilfe wegen einer gestohlenen Waffe bittet, die ganz ohne Kollateralschäden für immensen Schaden weltweit sorgen könnte, ist Bond’s Interesse schnell geweckt. Sehr bald bekommt er es mit seinem gefährlichsten Gegner namens Lyutsifer Safin (Rami Malek) zu tun. In den letzten vier, teils überaus guten, Bond-Filmen spielte Craig ansich nie so menschlich wie hier. Er zweifelt, vermutet Intrigen oder spricht nahe den Tränen über Schicksale von bestimmten Charakteren. Während „Casino Royale“ jene Welt um Geheimdienste oder Gefahren halsbrecherisch auftrat, schließt „No Time To Die“ sie mit jeder abgelaufenen Filmminute etwas fester zu. Der Cast darf getrost als hervorragend bezeichnet werden. Einerseits darf die Französin Lea Seydoux einmal mehr Madeleine Swann verkörpern, die Bond’s verschlossenes Herz nach Vesper Lynd für sich gewann und jede Szene mit ihr fantastisch ausfüllt. Rami Malek, Oscar für die Rolle als „Freddie Mercury“, kommt philosophisch daher, verfolgt aber einen viel zu platten Bösewicht-Plan um ihn ernster als beispielsweise „Silva“ aus „Skyfall“ zu nehmen. Zudem hat er zu wenig Screentime. Ben Whishaw als „Q“, Naomi Harris als „Moneypenny“ sowie Ralph Fiennes als „M“ sind ebenso weniger im Fokus, nutzen ihn aber bestens. Daneben gibts leider völlig austauschbare Figuren wie Billy Magnussen als CIA-Agent Logan Ash.
“James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben“ bietet Fan-Service
Obwohl das Drehbuch von „James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben“ größtenteils vom Drehbuch-Duo Purvis & Wade stammt, überarbeitete Fleabag-Schöpferin Phoebe Waller-Bridge größtenteils alle weiblichen Dialoge. Das merkt man. One-Liner zünden im richtigen Moment, nachgeschickte Bemerkungen lassen beispielsweise die neue entwaffnende 007 „Nomi“ (Lashana Lynch) herrlich sympathisch erscheinen. Innerhalb der Storyline gibt es drei Stellen bei denen es definitiv zu Kontroversen kommt. Dennoch spielt Craig so menschlich wie nie in seiner ikonischen Rolle und erinnert dank spürbaren Witz interessanterweise an Privatermittler Benoit Blanc aus „Knives Out“. Die dargebotene Action ist wie gewohnt auf extrem hohem Niveau. Auf der IMAX-Leinwand lässt „James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben“ gerade in der Eröffnung seine Muskeln spielen, obwohl nur insgesamt 40 Minuten im 1,78:1-Bildformat gedreht wurden. Lässige Shoot-Outs wechseln sich mit gekonnt thrilligen Elementen ab, so muss ein Kinofilm sein! Zumal jede Landschaftsaufnahme purer Genuss ist. Bis auf zwei kleine CGI-Effekte sieht der Actionthriller hochwertig aus. Hier unterstützt der mal kräftig oder bewusst zarte verfasste Score von Hans Zimmer. Kräftige orchestrale Klänge geben in deftigen Actionszenen den Takt vor, während in leisen Momenten instrumental auf den aktuellen Bond-Song „No Time To Die“ verwiesen wird. Es klingt einfach perfekt. Kenner werden sicherlich einige Melodien der Bondsongs aus Craig’s Ära feststellen, die Zimmer ganz sanft unterhob. Mit 163 Minuten ist er zwar der längste Bondfilm, obwohl er damit unnötige inhaltliche Längen aufbaut. Dennoch gibt es genügend Comic Relief, die es verschleiern.
Genauso passt er sich stilvoll an den Schlusspunkt von Daniel Craig als Agent 007 an. Mit dem Doppelnullstatus begann seine horizontal gerichtete Geschichte – mit einem denkwürdigen Abschluss voller Gegensätze endet es.
James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben. USA 2020. Regie: Cary Fukunaga. Mit Daniel Craig, Ana de Armas, Rami Malek. 163 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.
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