Virtual Worlds 2023 – Digitalisierung und die weiten Arme der EU
Zwischen belgischen Pommes und digitalen Regeln
Brüssel öffnete seine alterwürdigen Pforten und empfing uns vor wenigen Wochen zu einem Ausflug der besonderen Art – die EU hörte ausgewählte Bürger:innen für Vorschläge für das kommende Metaverse und VR-Alltag an. Das Citizen Panel gehört zu den frischen Erungenschaften des europäischen Austausch und soll einen ausgereiften Blick hinter die Kulissen der langsamen aber stetig werkelnden Maschinerie der Europäischen Kommission geben. Wir verbrachten einige Tage in der liebevoll genannten „Landeshauptstadt von Europa“ und lernten viel über Meinungen, virtuelle Welten und belgische Pommes.
Europa ist kulturell. Europa ist ohne grenzenfrei. Europa steht für ein sicheres Leben ohne Krieg. Aber wie steht genau um das Schreckenswort „Digitalisierung“ auf unserem Kontinent? Diese und andere Fragen wollte die Europäische Kommission ganz genau erörtern und lud einige Hunderte Personen aus allen EU-Staaten zur Befragung nach Brüssel ein. An drei Wochenenden, wovon eines nur online stattfand, diskutierten 15 Gruppen spezielle Themen, die u.a. Sicherheit im Metaverse, Gesundheit sowie Nachhaltigkeit beeinhalteten und traten am Schluss zusammen, um daraus jeweils 15 Vorschläge an die Kommission zu richten. Auch Wir von Techkrams.de waren vor Ort – natürlich auch um das urbane Brüssel zu entdecken. Breite Hauptstraßen mit viel Verkehr treffen auf eine touristisch geprägte Altstadt deren Pflastersteinwege mehr oder weniger zu einem pinkelnden Männchen führen – Mannekin Pis. Dutzende Gruppen drängen sich in den verschlungenen Gassen hierhin, um Selfies, Clips oder Gruppenfotos zu machen. Die Altstadt ist von Bars sowie Fritten,- Crepés sowie Waffelbuden durchzogen.
Würde man selbst nicht genau wissen, in welcher Stadt man dich gerade befindet, machen die quasi an jeder Ecke stehenden Souvenirläden auf Brüssel aufmerksam. Einmal im strahlenden Sonnenschein sowie in fast unwirklich peitschenden Regenfällen durchstreiften wir die Stadt und waren erst einmal beeindruckt wie stark Zukunft und Gegenwart hier verschmelzen. Während gothische Kirchen mitsamt einem weitläufigen Schlosspark den Stil alter Zeiten widerspiegeln ist das Europäische Parlament durch seinen, sagen wir mal, monströsen Bau kaum zu übersehen. Hier entschied man das Ende von Glühbirnen, emmissionefreie PKW’s ab 2035 und hoffentlich bald Ende der Winterzeit. Als Präsidentin steht seit 2019 Ursula von der Leyen vor, die wir leider an diesem Wochenende nicht erspähen konnten. Dafür gelang uns ein Blick in eine multimediale Ausstellung gegenüber des Parlaments, in dem wir Fragen zur gesellschaftlichen wie humanistischen Ausrichtung beantwortet bekamen, per Videokabine selbst Fragen an Von der Leyen richten konnten oder per HTC Vive VR-Brille eine animierte Reise durch das kulturelle Europa unternahmen. Prämierte Produktionen wie „The Witcher 3: Wild Hunt“ oder der Pedro Almodóvar-Film „Die Haut, in der ich wohne“ wurden beispielweise mit EU-Geldern finanziert.
Löschen leicht gemacht mit VR
Die Ausstellung gab in Ansätzen einen interessanten Wink wohin uns der Weg noch führen mag – in ein Entwicklungsstudio für ausgereifte VR-Produktionen nämlich. XR Intelligence ist nämlich ein VR-Studio im obersten Segment. Studiochef Thierry Jourquin gab uns nach kurzer Einführung die Möglichkeit sämtliche Projekte seines Teams zu testen – ein Team entwickelte eine VR-Erfahrung für die richtige wie fachgerechte Benutzung von Feuerlöschern bei Bränden im Büro. Nicht jeder Stoff im roten Tank ist nämlich auch für jede Feuerart geeignet. Daneben gab es ein non-interaktives Projekt zur Verkehrsüberwachung und besonders hat es uns die Microsoft Holosens angetan – bemerkenswert sie „anzuziehen“ und quasi oder optische Abdichtung virtuelle Gegenstände berühren und verschieben zu können. So galt es für uns einen Schreibtisch unhackbar zu machen – heißt: Alle Passwörter/Hinweise verstecken. Immersiv spannend und informativ. Zur Abkühlung gab es danach eine kühle Dose mit belgischer Cola aus dem hauseigenen Automaten.
Dann folgte das wahrhaftige Filetstück des internationalen Ausflugs – ein Besuch des Parlaments. Besser gesagt im Charlemagne-Gebäude daneben. Ebenfalls hoch gebaut und mit drei Flügeln ausgestattet fanden hier die Präsentationen der erarbeiteten Vorschläge seitens der eingeladenen EU-Bürger:innen statt. Im beeindruckend offenen Plenarsaal transkribierten in über 20 Sprachen simultan das Gesprochene sodass jeder Zuschauer im Saal gut folgen konnte. Die Moderatoren machten zu Anfang klar: Es soll kein Framing der Virtual Worlds stattfinden – hierdurch eröffnen sich Chancen für Geschäfte, Medizin etc. So ist es denkbar – irgendwann an speziell mit Parameter eingestellten Körper-Klonen medizinische Mittel z.B. Medikamente oder Impfungen auf Verträglichkeit zu testen. Techkrams durfte ein kurzes Interview mit Teilnehmerin Nora aus Sachsen führen – ihr Vater erhielt lustigerweise erst die Anfrage, konnte jedoch nicht. Für Nora motivierte das Thema zur Teilnahme. „Der Prozess war superspannend„, erzählt Sie mir gut gelaunt während sich der Saal langsam zur Pause leert. Ebenfalls waren „Diskussionen interessant“ und neue Sachen wie Brille auszuprobieren, rundeten die Wochenenden in Brüssel ab. Nur die allseits bekannte Motion Sickness lässt Hemmungen aufkommen – dennoch fand sie das Konzept des „Citizens Panel“ überaus bereichernd und würde eine weitere Anfrage nicht ablehnen.
Erstaunlich war zudem die klare Art und Weise der Teilnehmenden. Jede Gruppe befasste sich mit einem genauen Thema, welches von praktikabelen Nutzen bis zur Sicherheit reichte. So gab es die Forderung nach stärkerer Regulierung inklusive Regeln, die ein Miteinander im digitalen Leben erst möglich machen. Sogar eine Behörde samt Sicherheitsorganen wurde gefordert. Andererseits war der Wunsch nach mehr Freiheit durch leichtere Kommunikation sowie reformierten Urheberrecht vorhanden. Teilweise waren die verbalen Ausführungen mitunter sehr weitreichend gefasst, sodass der Fokus verloren ging, dennoch besteht bei den aufgebohrten Virtual Worlds Rede- wie Handlungsbedarf. Alle 15 gestellten Forderungen/Vorschlägen werden nun der Europäischen Kommission vorgelegt, die über den weiteren Fortgang bestimmen wird. Am Ende entscheidet der simple Nutzen und die Finanzierung, ob es davon etwas in die virtuelle Realität schafft. Man möchte am Konzept der Virtual Worlds festhalten – dennoch machte die EU mit ihrem Bürgerforum einen wichtigen ersten Schritt. Hoffentlich bleibt es nicht dabei.
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