FIFA 20 im großen Test – Stillstand auf dem Rasen
FIFA 20: Alle Jahre wieder lässt EA uns auf den virtuellen Rasen – doch stagniert die Fußball-Simulation mittlerweile oder weckt der Volta-Modus samt eigener Kampagne die Lebensgeister von „FIFA 20“? Unsere Review verrät euch die Antwort.
Jahrelange Erfahrung
FIFA ist quasi der König unter den jährlichen Updates. Seit 1994 lockt Publisher EA virtuelle Fußballspieler auf den digitalen Rasen und lässt uns mit Superstars wie Ronaldo oder Messi andere Vereine besiegen. Oder wir gehen national zur Bundesliga und versuchen als Underdog HSV wieder Turniere zu gewinnen. Durch die vor zwei Jahren gewonnene Champions-League Lizenz bietet FIFA das Rundum-Sorglos-Paket für viele Spieler. Obwohl dank Frostbite-Engine sich man grafisch von Jahr zu Jahr steigert macht sich langsam aber sicher der gefürchtete Stillstand breit. Zum Glück kramte EA Sports in der Vergangenheit und fand – damals als eigenständiges Spiel – Streetfootball. Mit „Volta“ verlässt man die überbordenden Arenen der Großstädte und spielt in verlassenen Lagerhallen oder auch mit Graffiti übersäten Sportplätzen maximal zu fünft pro Team. Es ist schon amüsant wie spaßig der Modus ist und trotz plakativer Story-Kampagne mich bis zum Ende am Ball gehalten hat. Hihi.
Zwischen Instagram und schwacher Präsentation
Denn im Vergleich zur dreiteiligen Odyssey von Alex Hunter mit dem wir Kindheit, erste Schritte im Profifußball und dem Leben als gesetzter Superstar durchgestanden haben, ist die unnötige Kampagne von „Volta“ ein deutlicher Rückschritt. Statt einer durch Entwickler designten Figur dürfen wir im ausführlichen Editor selbst Hand anlegen. Nasenform, Haarfarbe und Augenpartie sind selbst einstellbar. Im Kern geht es darum mit einer Streetfootball-Mannschaft die WM in Buenos Aires zu erreichen. Als Nobody namens „Revvy“ treten wir J10 bei und kämpfen uns langsam nach oben. Statt einer für FIFA-Verhältnisse gefühlvollen Erzählweise bei Hunter wird diese hier durch absolut nervtötende narzistsiche Social-Media-Idiotie ersetzt. In den Zwischensequenzen wird quasi das 1×1 der Fußballer-Klischees aufgewärmt. Von Verrat am eigenen Team, bis zum großen Ego und natürlich unsympathische Konkurrenten. Hier ist man froh, dass Zwischensequenzen nur rund zwei Minuten dauern. Ganz im Gegenteil verhält es sich zum guten Gameplay. Dieses ist erfrischend schnell, die kleineren Spielfelder lassen keine Ruhephasen zu und Tore fallen schneller. Gerade das Aufbauspiel entscheidet über den Erfolg. Anders als im Stadion können wir von hinten nach vorne breschen und mit Einfachheit Punkte erzielen. Das KI-Verhalten ist nachvollziehbar – wiederholt sich jedoch merklich. Manchmal überkam uns das Gefühl, dass unsere Gegner für kurze Zeit unfair spielen und wir trotz größter Anstrengung nichts ausrichten können. Was besonders negativ auffällt: In nahezu allen Volta-Matches gab es Klon-Spieler auf dem Platz. Hier geht natürlich die Übersicht flöten und sollte eigentlich nicht passieren.
Anspruchsvolle Ballannahme
Wie eine völlig andere Welt erscheinen einem dann die großen Stadien, in denen Alleingänge von Spielern oftmals im Nirvana enden. Bereits im Schwierigkeitsgrad „Profi“ haben wir gut zu tun, um feindliche Pässe abzublocken und mit durchdachtem Passspiel die gegnerische Hälfte zu erreichen. Zur Präsentation tragen natürlich die herrlich eingefangenen Fangesänge bei. Zumal die deutschen Kommentatoren Wolff-Fuss und Frank Buschmann neben kleinen Dialogen mittlerweile auch besser Situationen bewerten. Natürlich gibt es hier ebenso wieder unpassende Sound-Schnipsel oder Wiederholungen. Man verbesserte im Vergleich zu FIFA 19. Als Spieler stehen einem unzählige Turniere wie der DFB-Pokal oder gleich die Bundesliga zur Verfügung. Über 700 Teams in 30 Ligen stehen ab Beginn zur Verfügung. Die Begegnungen finden alle nach realem Vorbild im Sinne der Bundesliga statt. Zu Beginn zelebriert förmlich den Einlauf der Mannschaften in den toll nachgeahmten Spielstätten. Jubelnde Fans feuern ihre Helden an, leider sucht man nach Ultras vergebens. Auch, wenn die Modi allesamt Spaß machen spürt man außerhalb von „Volta“ zu wenig neues. Stagnation um genau zu sein. Das allgemeine Spieltempo verlangsamte EA dies wird jedoch sofort konterkariert, da fast übermenschlich schnelle Konter von Außen den Ball abspielen. Wobei die seit jeher nicht selten in wilde Tretereien endenden 1vs1-Dribblings bei „FIFA 20“ überschaubarer ablaufen.
Technik im Argen
Relativ mitgenommen sieht der Rasen nach 90 Minuten aus. Die Technik wirkt in einigen Belangen ähnlich. In bisher jedem Jahr scheint EA bei FIFA an kleinen bis mittelschweren Bugs zu leiden. In unserem Test sahen wir komplette mehrmalige Abstürze im Volta-Modus, weil hier anscheinend eine zwingende Online-Verbindung bestehen muss. Einbrechende Framerate in hektischen Situationen z.b. bei Einwürfen, wo sich mehr als 6 Spieler im Bild befinden. Oftmals die nicht nachvollziehbare Ballphysik, in der das runde Leder fast wie ferngesteuert wirkt. Viele Aspekte waren schon in anderen Jahrgängen zu beobachten und immer wieder mussten die Entwickler nachbessern, was bei einem Fußballspiel doch eigenartig ist. Dazu kommt die große Diskussion um „FIFA Ultimate Team“, der Mode wurde von mir bereits in vorherigen Tests ausführlich besprochen, so dass ich nur Eltern und erwachsene Spieler davor warne hier echtes Geld zu investieren. Hier geht es nicht um Können sondern nur mit recht ominösen Methoden á la FIFA-Packs Leuten die schon ein Vollpreisspiel gekauft haben das Geld aus der Tasche zu ziehen. Zum besseren Verständnis hier ein lesenswerter Artikel der WELT. Laut Schalkes E-Sport-Profi Tim „Tim Latka“ Schwartmann besteht sogar die Möglichkeit, vierstellige Summen in das Spiel zu stecken und „noch immer nicht das Beste zu haben“. Wir finden, „FIFA Ultimate Team“ sollte ausgekoppelt als eine Art eigenständige Version verfügbar sein.
Unser Fazit zu FIFA 20
FIFA holt den Straßenfußball zurück! So ist wohl das Motto des diesjährigen Jahrgangs der erfolgreichen Simulation angelegt. Volta macht Solo wie mit Freunden ungeheuren Spaß und bietet gar unverfälschten Sport auf den steinigen Böden der Tatsachen. Während Gameplay Hui ist, könnte die Storyline nicht unglaubwürdiger sein. Uninteressante Figuren mit keinerlei Sympathiewert. Neben einer unsäglichen technischen Seite wie Frameratedrops oder ganze Abstürze ist die Schiedsrichter-KI gelungen. Die erwähnte Stagnation kann sich EA wiederum leisten, da jährlich mit Erfolg eine Fortsetzung erscheint, egal wie mittelmäßig sie auch ist. Dank dem Sammel- und Glücksspiel in FIFA Ultimate Team verdient das Unternehmen zusätzlich kräftig mit.
Entwickler: EA Sports | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch und PC | USK: ab 0
FIFA 20 (PlayStation 4)
Spielspaß - 71%
Gameplay - 81%
Grafik - 82%
Technik - 58%
73%
Passabel
Durchschnittlicher FIFA-Jahrgang, der durch Volta neue Impulse erhielt aber die Ultimate Team-Kontroverse nicht vergessen lässt.