Call of Duty: Modern Warfare 2 im großen TEST – Militär und Sicarios
Weniger Schocktherapie, mehr optische Schmankerl
In diesem Jahr steht Infinity Ward tatsächlich vor einer allzu begehrten Aufgabe – mit „Call of Duty: Modern Warfare 2“ den erfolgreichsten Serienteil des gesamten Franchise einmal mehr zu wiederholen. 2019 ist „Modern Warfare“ mit hohen Ambitionen angetreten und überzeugte durch die Bank weg mit realistischen Feindbildern, brutalen Grenzüberschreitungen samt Neuinspiration des Teams von Captain Price. In der Fortsetzung überzeugen kreative Ausflüge im Gameaplay, wobei trotz Warzone 2.0 der Multiplayer recht auf der Stelle tritt. Unser großer Test zum Activision-Shooter.
Manchmal sind zwei Schritte zurück besser als einer nach vorne. Nach dem von der Spielerschaft kaum angenommenen sowie insgesamt eher grottigen „Vanguard“ war Sanierung angesagt. Analysieren und abwägen. Was lief gut oder schlecht? Im Hinblick auf die, subjektiv gesehen, enorm kraftvolle Botschaft aus „Modern Warfare“ vor drei Jahren – nämlich Mut im Storytelling beweisen. Das ist quasi der springende Punkt, dieser Serienteil von „Call of Duty“ überzeugte schon im Vorfeld durch seine ungemein beunruhigende Atmosphäre in den Missionen. Man orientierte sich nämlich stark an realen Vorbildern wie Anti-Terroreinsätze in Wohnvierteln gegen islamistische Terroristen bzw. Organisationen. Sieht man im Nachgang mit welchen harten Momenten die Entwickler die Spieler am Controller konfrontierten, ist das für ein Multi-Millionen Dollar Projekt, das längst die Popkultur und Gesellschaft erreichte, bemerkenswert. Mir gefiel die neue Härte gut, wenngleich eine geschichtlich angehauchte Relativierung des „Highway of Death“ rein mit dem Argument „Wir tun Böses, damit es den Bösen schadet“ doch fragwürdig war. Nun standen das amerikanische Studio vor der ehrenvollen wie zutiefst schwierigen Lage den größten Erfolg der kompletten Serien doch bitte schön nochmal zu wiederholen – anders gesagt: Besser als „Vanguard“ aber schlechter als die Kampagne des Reboots.
Vermutlich klischeehaft, wirft Infinity Ward verschiedene Geheimdienste, Shadow Companies und Verschwörungen und einen bösen Terror-Obermotz namens Hassan. Um was geht eigentlich? General Shepherd und der CIA-Lady mit dem Codenamen „Laswell“ sind mehrere US-Mittelstreckenraketen abhandengekommen, die das sagenumwoben eingeschworene Team 141 um Soap, Gaz, Ghost und Publikumsliebling Captain Price in allen Mitteln zurückholen muss. Dazu gesellt sich Colonel Alejandro Vargas von einer mexikanischen Spezialeinheit, da die Bösewichte über Flüchtlingsströme nach Amerika Selbstmordattentäter schleusen wollen. Schon aufgefallen? Statt Terror-Angriffe an belebten Plätzen wie in London zu thematisieren, sind wir oftmals im sonnendurchfluteten Mexiko unterwegs und wandeln filmisch gesehen auf den Spuren des Thrillers „Sicario“. Passt insofern gut, da frische Blickwinkel eingenommen werden anstatt alte Pfade aufgegriffen werden. Leider verpasste man einigen Missionen viel zu merkliche Längen. Da muss beispielsweise Soap in einem schier unendlich langen Straßen-Convoy nach vorne, springt von Fahrzeug zu Fahrzeug, übernimmt auch mal das Steuer aber trotz gescripteten Momenten passiert allzu wenig. Es scheint, die Entwickler wollten unbedingt die Spielzeit strecken. Im Gegensatz stechen höchst positiv Aufträge in Amsterdam hervor. Ganz unauffällig gilt es eine Person zu beobachte – aber grafisch zieht das Studio wohl das schönste gar optisch realistischste Level des Franchise hervor. Passanten betreten Ladengeschäfte, Blumenkästen sorgen für kräftige Farbtöne im sonst eher entsättigten Bild während unter den kleinen Brücken der Kanal durch die niederländische Touri-City plitschert. Leider dauerte die Mission viel zu kurz.
Grenzgänger für den Frieden
Während uns die Szenenwechsel in der rund acht stündigen Kampagne oftmals viel zu schnell arrangiert vorkamen, verdient man sich trotz halbwegs interessantem Storytelling wohl keinen Preis in Sachen cineastische Tiefe oder gar Emotionalität. Vielmehr ist es bekannte Popkorn-Action mit den augenscheinlich besten Render-Zwischensequenzen der Serie. Obwohl der ein oder andere Twist in der Luft liegt, darf Infinity Ward gar experimentell im letzten Drittel ein wahrsten Sinne düsteres aber echt gelungenes Level gestalten, in dem Hauptfigur Soap verletzt ist und sich im überfallenen mexianischem Dörfchen aus Sammelgegenständen bestimmte Werkzeuge fertigen muss. Grandios durchgezogen, atmospährisches Highlight! Spielerisch gibt es natürlich auch klassische Schießbuden-Abschnitte, die in einem „Call of Duty“ ebenso wenig wie Pathos-geschmeckte Sprüche nach gelungenen Kills in gänzlich geheimen Missionen fehlen dürfen. So gilt es mehrmals in „All Chilled Up“-Marnier in Tarnumhang durch’s hüfthohe Gras zu watscheln während Gegnerhorden quasi Millimeter neben uns vorbeilaufen. Vielleicht erwartet aber nicht geschehen, man verzichtet auch kalkulierte Skandalmissionen á la Giftgas-Bombardement als flüchtendes Kind in „Modern Warfare“ (2019).
Nachdem uns ein treffsicherer Wink auf die Fortsetzung spendiert wurde, ist der obligatorische Mulitplayer nicht mehr fern. Hier gab es Vorfeld ein Vielzahl an Diskussionen, welche sich verbessert oder in Sachen Technik sogar ein paar Tage nach Release kaum veränderten. Erstaunlich ist die hakelige Verbindung im Matchmaking. Je nach Tageszeit ist die Time to Kill – also das Ausschalten anderer Mitspieler – mal flotter oder…sagen wir mal herausfordender. Läuft jedoch die Verbindung stabil entwickelt sich je nach Modi ob Team Deathmatch, Domination, Stellung und Abschuss bestätigt, in denen sich bestimmt ein Großteil aller Call-of-Duty-Spieler tummeln, ein unverwechselbarer Flow aus Spannung und Kontrolle. Längst nicht so knackig wie in einem „WW2“ – aber annehmbar. Letzte Updates konnten etwas Linderung in Sachen Bugs verhelfen. Aber wie spielt sich das? Gewöhnlich. Im Vergleich zum grottigen „Vanguard“ deutlich schneller, obwohl Infinity Ward im Vergleich zur Beta ordentlich die Schrittgeschwindigkeit runtergezogen hat, aber nach ein paar Matches gewöhnt man sich daran. Ab Stufe 5 ist es endlich erlaubt eigene Ausrüstung zu wählen, die aus acht Waffentypen bestehen, zu denen neben Karabiner, auch Vorderschaftrepetierflinten, leichte bis schwere Maschinegewehre sowie Primärwaffen wie Pistolen. Interessanter sind jedoch die Abschussserien bzw. Freischaltungen für ganz besondere Ausrüstung – Cluster Minen verteilen beim Werfen mehrere Minen im direkten Umfeld. Brachialen Schaden sorgen die Cruise Missiles, darüber kann die Rakete über das Tablet gesteuert werden, solange sie in der Luft ist. Oder ab 15 Kills den stabilen Juggernaut-Suit – sie bietet unglaubliche feste Panzerung und eine heftige Minigun. Das wendet so manche verlorene geglaubte Partie nochmal.
Zum Start finden sich Lücken
Puristen müssen leider auf den Hardcore-Modus in gesonderten Playlisten verzichten, was einmal mehr zeigt, dass der konkrete Releasetermin für einen „Call of Duty“-Teil vielmals für Chaos sorgt. Die heißerwartete „Warzone 2.0“ verzögerte sich auch um einige Tage. Insgesamt konzentriert sich Activision viele Eisen im Feuer zu halten – denn „Bodenkrieg“ ist wohl die beste Alternative für Battlefield-Spieler, die erst letztes Jahr und jetzt leer ausgehen. Auf größeren Karten kämpfen zwei 32-Spieler-Trupps um die Stellung von fünf Punkten bis zur magischen Grenze von 250 Punkten. Ein Fuhrpark auf Hubschraubern sowie (Militär)-Fahrzeugen steht ebenso bereit. Dichter gestrickt als Battle Royale aber offener als typisches Deathmatch. Auch wenn die Fairness von der Stärke/Teamwork des eigenen Trupps abhängt, hat man damit seinen Spaß. Nerviger ist wiederum das viel diskutierte Thema um Skill Based Matchmaking, was die Entwickler zwar einsetzen aber spürbar nicht mehr so penetrant wie in vergangenen Serienteilen. Die Maps hingegen überzeugen mit ihren optisch ansprechenden Settings, so sucht man Deckung zwischen Auto am überfüllten Grenzübergang oder fällt in ein verlassenes mexikanisches Bergdorf ein. Dank optionalem 120fps-Mode bei PS5 & Series X stehen PC-Spieler und Konsoleros endlich auf der gleichen Ebene.
Interessanter ist Activision’s Umgang mit den seit Jahren umstrittenen Microtransaktionen, auch wenn die Branche mittlerweile davon in Teilen wegkommt, war es in solchen Massentiteln immer Gang und Gebe für miese Karten oder lapidare Ausrüstungsteile eine leichtverdiente Mark mitzunehmen. Aber siehe da – zum Launch gibt es zwar erwerbbare CoD-Points – aber für was? Noch für dekorative Skins. Immerhin ist der Battle Pass umsonst sowie alle nachkommenden Karten, was mehr Spieler durch die kommenden Seasons treiben wird. Grafisch überzeugt der Shooter besonders in der Hauptkampagne durch scharfe Texturen, gar fotorealistische Render-Sequenzen und ausgeprägter Technik ohne Ladepausen. Frustig sind nur unnötige Clippingfehler innerhalb der Steuerung, da klettert unsere Spielfigur nicht über 30cm-hohe Vorsprünge.
- Von kleinen, riskanten Infiltrationstaktiken bis hin zu streng geheimen Missionen muss man neue Waffen, Fahrzeuge und hochmoderne Ausrüstung einsetzen
- Infinity Ward lässt die Fans in ein atemberaubendes, hochmodernes Next-Gen-Gameplay eintauchen. Kämpfe an der Seite von Freunden!
- Schließ dich mit anderen zusammen und kämpfe an der Seite von Sonderkommando 141 in einer weltumspannenden Einzelspielerkampagne
Unser Fazit zu „Call of Duty: Modern Warfare 2“
Was für ein Shooter-Umfang! Activision wiederholt zwar nicht seinen Story-Meilenstein aus dem Erstling der frisch angelegten „Modern Warfare“-Trilogie aber überrascht mit teils cleveren Gameplay-Mechaniken und annehmbarer Popcorn-Action. Gleiches gilt auch für den Multiplayer wobei die Klassiker einmal mehr ihr Platzhirsch-Dasein genießen. Frische Modi wie „Invasion“ oder „Bodenkrieg“ erweitern das Spielkonzept sinnvoll. Technisch legt „Call of Duty: Modern Warfare 2“ auch keinen Totalschaden hin, sondern überzeugt mit wunderbar designten Leveln wie in Amsterdam. Nur der halbfertige Multiplayer ohne Statisken samt fehlenden Hardcore-Modi veranschaulicht wie stark das Franchise unter einem fixen Releasedatum leidet. Nichtdestotrotz bekommen Shooter-Fans hier ein gutes Package an Abwechslung.
Entwickler: Infinity Ward | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC | USK: ab 18
Call of Duty: Modern Warfare 2 (PlayStation 5)
Spielspaß - 84%
Gameplay - 78%
Grafik - 87%
Technik - 76%
81%
Empfehlung!
Unterhaltsamer Shooter-Jahrgang von "Call of Duty" dessen ernste Story zwar Klischees bietet aber den Multiplayer im angemessenem Umfang präsentiert. Technisch mit kleinen Makeln.
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