Träume aus Sand und Wasser aus Schweiß und Tränen. Ausnahmeregisseur Denis Villeneuve’s langjähriges Projekt rund um den geheimnisvollen Wüstenplaneten „Dune“ ist nach mehreren Corona-bedingten Verschiebungen endlich im Kino zu bestaunen. Die Wartezeit lohnte sich, denn Kinomagie wurde seit langem nicht mehr so monumental aufbereitet wie in diesem Science-Fiction Epos. Unsere Filmkritik.
Ein langer staubiger Weg
Sich über Jahre für einen Filmstoff einsetzen mit der unklaren Gewissheit ihn erfolgreich ins Kino zu bringen? Denis Villeneuve tat es. Das einzigartige Angebot ausschlagen beim kommenden James Bond-Abenteuer die Regie zu übernehmen? Denis Villeneuve tat es. Aus gutem Grund. 2018 nahm sich der „Sicario“-Regisseur des überaus anspruchsvollen Buchstoffes von Autor Frank Herbert aus dem Erscheinungsjahr 1965 an. Schon damals war der vorrangig als Science-Fiction gehaltene Roman versetzt mit bitterer Kritik an Kapitalismus, Gier an Ausbeutung von Schwachen. Durch seine vielschichtige Erzählweise samt Unmengen von Figuren deren Beziehungen untereinander sowie der gesamten Welt im engeren Sinne, galten die originären sechs Bücher aus der Feder Herbert’s lange Zeit als unverfilmbar. Bis 1981. Kein geringerer als „Twin Peaks“-Schöpfer David Lynch erhielt die Möglichkeit der ersten Verfilmung. Prominent besetzt mit Kyle MacLachlan, Sting und Jürgen Prochnow gelang zwar ein heutiger Kultfilm, der jedoch wie damals weit unter seinem Potenzial dümpelte bzw. trotz gestrichenen kostspieligen Szenen ganz knapp sein Budget in Höhe von 45 Millionen US-Dollar einspielte, was Anfang der 80er schon sehr viel war. Zumal die geplante über drei Stunden lange Version drängend durch die Produzenten gekürzt wurden musste, um ihn im Kino mehrmals spielen zu können. 40 Jahre später eröffnet sich die Chance für einen kanadischen Filmemacher.
„Dune“ ist bildgewaltig. Höchst kompliziert. Trotz unemotionalen Dialogen lässt er menschliche Wärme zu. Die mitunter sandig-beige getränkten Bilder erzeugen eine künstlerische Auseinandersetzung in der filmischen Science-Fiction, die man zuvor noch nie sah. Monströs riesige mechanische Apparaturen vor denen klitzekleine Menschen stehen. Und die Wüste. Oh ja. Quasi die 2. Hauptrolle neben dem absurd guten Cast. Arrakis, so der Name des Wüstenplaneten, ist ein gefährlicher Ort. Voller unteririsch lebender Bewohner namentlich „Fremen“ sowie knapp 400 Meter langen Sandwürmern. Dorthin wird nämlich das Haus Alreidis vom großen Imperator befehligt um die „Spice“-Ernte zu kontrollieren – dieser Stoff ist überaus kostbar und ermöglicht erst interstellare Reisen. Zuvor hielt das düstere Haus Harkonnen jene Stellung, dabei erwirtschafteten sie sich einen hohen Reichtum. Deshalb ist auch die Wut über den Abzug nicht überraschend. Während Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac) jedem, so auch diesem Ruf folgt, plagen seinem Sohn Paul (Timothée Chalamet) seit einiger Zeit merkwürdige Träume rund um ein mysteriöses Mädchen (Zendaya) auf Arrakis. Doch der plötzliche Umzug auf diesen lebensfeindlichen Planeten entbrennt einen Funken, der Paul’s Leben und des gesamten Imperiums für immer verändern wird. Wichtig zu erwähnen ist noch eine grandios spielende Rebecca Ferguson als Mutter Lady Jessica. Vermutlich die wichtigste Figur im gesamten Geschehen, weil ihre Bindung zu Paul insbesondere Weitergabe gewisser Fähigkeiten im späteren Handlungsverlauf von entscheidender Bedeutung sind.
Kraftvoller Cast im Arthause-Gewand
Villeneuve versammelt nicht weniger als einen bemerkenswerten Cast für sein staubiges Wüsten-Epos. Jason Momoa. Josh Brolin. Stellan Skarsgård. Dave Bautista. Charlotte Rampling. Javier Bardem. David Dastmalchian. Bis in die kleinste Nebenrolle ist „Dune“ hochkarätig besetzt. Gerade Timothée Chalamet (Call Me By Your Name) könnte mit 23 Jahren fast zu alt für seine Rolle als „Paul Altreidis“ sein, besäße er nicht die Spitzbübigkeit in manchen Szenen, die einfach passt. Kein einziger Dialog ist zu lang, unnötig platziert. Jeder lang eingehaltene Blick hat seine individuelle Berechtigung. Die Kostüme u.a. der markante Destill-Anzug, der durch Körperenergie und Wasseraufbereitung Leben in der lebensgefährlichen Umgebung erst möglich macht, lockt das Interesse. „Dune“ setzt Action nicht inflationär ein – vielmehr setzt er auf dichte Atmosphäre mit vereinzelten Spannungsbögen. Zwar scheppert es in der 2. Filmhälfte mehr als deutlich aber es verkommt nicht zur seelenlosen Explosionsorgie. Ähnlich wie Todd Philipp’s „Joker“ bedienen sich Macher nämlich an Elementen des Blockbusterkinos verhüllen ihn jedoch geschickt unter dem Arthouse-Gewand. Gleiches gilt für die Themen. Wie in der Vorlage finden sich Ankerpunkte zur Kritik am Kapitalismus, Machtgier ohne Rücksicht auf Verluste oder bestimmte Motive von Feminismus durch den geheimnisvollen Orden der Bene Gesserit.
- Herbert, Frank (Autor)
„Dune“ wirkt wie ein überdimensionales Intro für ein noch spektakuläreres Sci-Fi Abenteuer im Stile von „Star Wars“ oder des fantastischen „Herr der Ringe“. Mit Absicht mutet Villeneuve seinem Publikum nicht viel zu, um es mit nötiger Sorgfalt in diese komplizierte Welt voller Wirrungen einzuführen. Zudem gibt es wenig Humor, gibt es dann Comic-Relief-Szenen zünden sie. Sich gänzlich neuerfunden hat sich Komponist Hans Zimmer. Weit weg von schweren orchestralen Klängen besinnt er sich zurück auf brachiale Trommeln, die sich mit indisch anmutenden Melodien kreuzen und auch mal kraftvolle Schreie zum Besten geben. Ein Score durch Mark und Bein. Genauso wie das filmische Meisterwerk nahezu gänzlich ohne Schwächen.
Dune. USA 2020. Regie: Denis Villeneuve. Mit Timothée Chalamet, Oscar Isaac, Zendaya. 155 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren.
Gibt es eine Post-Credit-Szene? = Nein.
Vielen Dank an CinemaxX für die freundliche Bereitstellung des Tickets. Kinotickets für „Dune“ gibt es hier.
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