Man of Medan im großen Test – Grottige Geisterbahnfahrt
Nach „Until Dawn“ folgt „Man of Medan“ – Entwickler Supermassive Games schickt mehr oder minder sympathische Charaktere auf eine spannungsarme Schiffsfahrt mit Horror-Elementen inklusive. Ob sich die Pauschalreise lohnt, verraten wir im Test.
Nach Slasher kommen Geister
Bereits im Anspielen der Demo auf der Gamescom vor wenigen Tagen waren wir uns nicht mehr so ganz sicher, ob „Man of Medan“ Grusel-Unterhaltung vom aller feinsten ist. Teils hakelige Animationen sowie recht fragwürdig platte Dialoge lassen den Spirit des Vorgängers „Until Dawn“ arg vermissen. Dieses überraschte unter Publisher PlayStation mit guter Storyline und auch realitätsnahen Entscheidungen. Im Kern war der Titel ein gewollter B-Movie Slasherfilm, in dem acht Teenager eine abgelegene Waldhütte im Winter besuchen und langsam von einer unbekannten Existenz dezimiert werden. An uns Spielern lag es nun, möglichst viele der Klischee-Jugendlichen zu retten bzw. heil aus der Misere zu bringen. In die genau selbe Kerbe schlägt man nun mit „Man of Medan“. Statt Hütte geht’s auf hohe See inklusive Gang auf’s Geisterschiff. Doch bis dahin fließt viel Wasser den Rhein entlang. Wieder einmal versuchen die Entwickler von Supermassive Games ihre Figuren eine Entwicklung durchmachen zu lassen. Problem: In nur 5 Stunden Spielzeit kommt das reichlich holprig daher.
Sinnlose Dialoge
Kurz zur Story: Die Brüder Alex und Brad, Alex’s Freundin Julia und ihr Bruder Conrad mieten von der resolut wirkenden Fliss ihr Fischerboot „Duke of Medan“. Damit wollen sie unter Wasser ein unbekanntes Riff erkunden. Kurz darauf, überfallen fremde Fischer das Boot und nehmen die Beteiligten als Geiseln. Durch Koordinaten mit Hinweis auf Gold erscheint ihnen plötzlich ein verlassenes Kriegsschiff. Die Freunde flüchten auf das furchteinflößende Schiff und merken schnell, dass hier nicht nur die suchenden Fischer die einzige Gefahr ist. Bis zu diesem Punkt braucht man aber langen Atem. Erst später nach Mitte der Storyline will der Horror langsam in Fahrt kommen. Davor gibt es zwar den ein oder anderen Jump Scare, das reicht jedoch nicht um zu überzeugen. Die cineastische Inszenierung trägt viel dazu bei als Spieler dennoch dranzubleiben. Auch, wenn Dialoge oder ganze Sequenzen keinen Sinn ergeben. Als Beispiel: Ihr fragt als Alex eure Freundin Julia ob sie ihn heiraten will sie willigt – nach unserer Entscheidung – ein. Drei Minuten fragt sie ihn nochmal vorwurfsvoll, obwohl nichts dahingehend passiert ist, um die Frage rechtfertigen zu können. Dazu kommen noch hakelige Animationen, die die dichte Atmosphäre unangenehm aufbrechen. Die Implementierung des Kurators, eine Art Erzähler der regelmäßig unseren Spielfortschritt bewertet, ist hingegen clever. Die vierte Wand wird durchbrochen und so bekommt das Spiel mehr Tiefgang als erwartet.
Steuerung mit Hindernissen
Da das Horrorspiel eher interaktiver Film statt Spiel ist, bekommen wir als Spieler nur unregelmäßig die Chance uns frei in Gebieten zu bewegen. Größtenteils müssen wir Entscheidungen fällen – Fragen in drei Optionen beantworten. Jede Antwort bietet als Hilfe noch die Emotion, ob wir wütend oder ausgelassen klingen. „Man of Medan“ gibt zwar an, dass JEDE Entscheidung GROßE Konsequenzen hat, hält sich aber nicht daran. Viele kleine Fortschritte wirken sich kaum auf eines der mehreren Enden aus. Als Gameplay-Element gibt es auch wieder zahlreiche Quick-Time Events. Manchmal sind sie zu aufregend gestaltet. Größtes Problem am Konzept: Die festangelegten Kamerapunkte lassen die ungenaue Steuerung manchmal zu leichten Frustmomenten ausarten. Um die grafische Darstellung ohne große Ruckler sicherzustellen, setzte man auf Letterbox-Bildformat. Leider nicht abstellbar. Aber überhaupt: Die Technik von „Man of Medan“ ist bis auf teils nervige Bugs wie falsche Schatten oder Tearing wirklich detailliert. Alleine die per Motion-Capturing eingefangenen Gesichter sind hier positiv zu erwähnen. Emotionen sind klar zu erkennen und sogar bekannte Darsteller wie Dominic Monaghan als Conrad konnten gewonnen werden. Die deutsche Lokalisierung ist ebenfalls mehr als gelungen. In manchen Momenten, wenn die Storyline ihre Stärken ausspielt, hat man das Gefühl einen dramatischen Film zu sehen. Zumal der orchestrale Soundtrack in einigen Momenten für wohligen Schauer sorgt. Das Spiel ist zusätzlich im Koop-Modus spielbar. Hier könnte Irritation auftreten, da man hier mehr Wartezeiten ausgesetzt ist. Freunde von Bonusmaterial dürfen sich ebenfalls verschiedene Artworks und kleines Making-Of freuen.
Unser Fazit zu „The Dark Pictures Anthology: Man of Medan“
Der Auftakt zur achteiligen (!) „Dark Pictures“-Reihe ist etwas holprig. Man spürt leider das geringere Budget an verschiedenen Punkten. Wobei die Inszenierung sich sehen lassen kann, versagt man bei der anfangs zu spannungsarmen Story. Die Figuren verhalten sich sonderbar unsympathisch, um im Laufe der Geschichte erst freundlicher aufzutreten. Das wirkt ziemlich gewollt. Technisch gibt es neben viel Licht wie tolle Gesichter auch Probleme wie ungünstige Schatten oder hakelige Animationen. Am Ende bleibt ein Horror-Trip, der auch ohne Geister manchmal grausig ist.
Entwickler: Supermassive Games | Preis: 39,99 Euro | Für PlayStation 4, Xbox One und PC | USK: ab 18
The Dark Pictures Anthology: Man of Medan (PlayStation 4)
Spielspaß - 69%
Gameplay - 62%
Grafik - 81%
Technik - 71%
71%
Passabel
Zum Auftakt der Reihe ein Horror-Abenteuer, das jedoch mit Problemen in Technik und Story kämpfen muss.