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Shenmue Collection im Test

Shenmue Collection: Ein bahnbrechendes Action-Adventure kehrt auf PlayStation 4 und Xbox One zurück. Kann das damals noch vielseitige Spielprinzip heute noch fesseln? Unser Test zum aufpolierten Klassiker.

Eine echte Referenz

Es zeugt von Qualität und Kultgedanken, wenn ein Spiel auch Jahrzehnte nach Veröffentlichung als Referenz für aktuelle Videospiele genannt wird. „Shenmue“ erschien in Japan gegen Ende jedes Jahres 1999 und ist solch eine Referenz. Damals durch ungekannte Interaktivität erfrischend neuartig sowie mit knapp 50 Millionen US-Dollar Budget das teuerste Projekt von SEGA aller Zeiten. Dafür wurde selbstverständlich sogleich ein neues Genre aus der Taufe gehoben – „F.R.E.E“ verband Adventure, Action und Lebenssimulation. Kleiner Nebenfakt: „Shenmue“ sollte eigentlich ein Spin-Off zur damals populären Beat´em´Up-Reihe „Virtua Fighter“ sein – Gamedirector Yū Suzuki entschied sich dagegen und wollte ein emotionales Drama inszenieren. In bisher zwei monumentalen Teilen wird die Geschichte von Ryo Hazuki im Jahr 1986 erzählt. „Shenmue 2“ endete mit großem Cliffhanger, der im kommenden dritten Teil jedoch offenbart werden soll. Kickstarter sei Dank!
In der grafisch aufpolierten „Shenmue Collection“ finden sich alle erschienenen Spiele der Reihe. Inhaltlich übernehmen wir die Rolle von Ryo Hazuki, dieser wird Zeuge als im heimischen Kampf-Dojo sein Vater Iwao Hazuki von einem mysteriösen chinesischen Fremden namens Lan Di getötet wird. Lan Di ist auf der Suche nach einem ominösen Spiegel und rächte sich an Ryo´s Vater, den Iwao vor Jahren umgebracht haben soll. Wenige Tage später beginnt Ryo die Suche nach dem Lan Di, die ihn bis Hongkong, China führt – hier spielt größtenteils der zweite Teil. Das britische Studio d3t verantwortete die Portierung. Um eines gleich vorweg zu nehmen: Das Gameplay ist im Jahr 2018 mehr als dürftig und spürbar aus der Zeit gefallen. Hier merkt man die Ursprünge vieler heutzutage beliebter Titel. Siehe Yakuza. Das Spieltempo ist gemächlich für viele bestimmt schon langatmig, die Aufträge wiederholen sich. Meist müssen wir bestimmte Personen innerhalb von abgegrenzten Stadtteilen finden, um Informationen zu erhalten, die darin gipfeln wieder bestimmte Personen zu finden. Zwischendurch gibt es handfeste Faustkämpfe, die zwar auflockern aber ungelenk wirken. Quick-Time Events dürfen dabei nicht fehlen, wobei „Shenmue“ als Urvater dieser Mechanik gilt. Und bitte, in welchem Spiel der letzten Jahren konntet ihr in der Spielhalle euer hart verdientes Geld für emulierte Versionen von „Space Harrier“ und „Hang-On“ ausgeben?

Lebendige Spielwelt und sonst?

Technisch und spielerisch ist die Collection ein zweischneidiges Schwert. Zum einen darf der Charme des Originals nicht verloren gehen, zum anderen ist die alte Steuerung heutzutage nur ein Krampf. Der Mittelweg von Entwickler d3t sollte Abhilfe schaffen – gelang aber nicht. So laufen wir mit der R2-Taste und per Stick bestimmen wir die jeweilige Richtung. Anstatt bestehende Konfigurationen zu verwenden, ersetzte man den alten Krampf durch einen neuen Krampf. Kleines Beispiel: Interaktion mit Schränken, um Gegenstände einzusammeln, ist hier nicht mit Tastendruck sondern erst per Zoom und (Knopfdruck) „Interagieren“ getan. Hat man sich nach daran gewöhnt, flutscht es. Auch heute noch überrascht die vielseitige Interaktion mit der lebendigen Spielwelt. Alle Personen dürfen angesprochen, jede Tür angeklopft und natürlich mit authentischen Nummern telefoniert werden. Für ein Spiel aus 1999 ist dieser Fakt wirklich beeindruckend. Musikalisch wird die lange Schnitzeljagd gut untermalt – passend und nicht nervig oder gar opulent. Grafisch hübschte das Studio beide Titel mit HD-Texturen auf und ermöglichte so eine Auflösung von 1080p/4k mit 60fps. Erwartet jedoch kein Grafikbombast. Zwischen Englisch und Japanisch (erstmals im Westen) könnt ihr frei bei der Lokalisierung wählen.

Unser Fazit zur „Shenmue Collection“

Irgendwann nach mehreren Stunden im Test habe ich verstanden, wieso „Shenmue“ so einen Ruhm innerhalb der Branche besitzt. Noch heute. Es ist die Verquickung von Adventure, Rachestory und simplen „A to B“-Aufträgen angereichert mit Action-Momenten. Daraus resultiert ein Rausch, dem man sich nur schwer entziehen kann. Leider passiert dies sehr häufig, da lahmes Spieltempo und umständliche Steuerung hier nicht verbessert wurden. Stichwort: Gabelstapler fahren und Uhr-nicht-vorstellen. Es ist altmodisch. Die „Shenmue Collection“ ist für Nostalgiker oder Gamer, die sich auf´s Finale vorbereiten wollen.
Entwickler: d3t Studio | Preis: 29,99 Euro | Für PlayStation 4 und Xbox One | USK: ab 12

Shenmue Collection (PlayStation 4)

Spielspaß - 80%
Gameplay - 57%
Technik - 75%
Grafik - 68%

70%

Für Fans

Zeitlose Schnitzeljagd in lebendiger Spielwelt, die leider über technische Schwächen stolpert.

Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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