Sniper Elite 5 im TEST – Holla, das sah schmerzhaft aus!
Karl Fairburne verschlägt es in seinem fünften Ausflug ins idyllische Frankreich um den Nazischergen einmal mehr Augäpfel, Testikel oder Gliedmaßen mit ruhig atmender Präzision zu entfernen. Spielerisch schafft Rebellion mit ihrem neuesten Scharfschützen-Abenteuer abwechslungsreiche Momente, in denen grafisch sehenswerte Gebiete trotz der wieder einmal seichten Storyline für einige Stunden unterhält. Unsere Review zu „Sniper Elite 5“.
Sniper over substance
Steht die dargebotene Präsentation über dem Inhalt nennt man dies in der Fachsprache „style over substance“. Filme wie „Sucker Punch“ von Zack Snyder verkörpern jenes Prädikat. Ästhetik über Dramatik. Und auch die in Oxford ansässige Entwicklerschmiede Rebellion mit ihrer brutalen Scharfschützen-Reihe scheint sich diesem Motto unterworfen zu haben. Anders ist kaum zu erklären, weshalb Hauptprotagonist Karl Fairburne trotz mehreren Feldeinsätzen seit 2005 kaum Charisma oder gar Alleinstellungmerkmale dazu gewann. Er schaut grimmig und erledigt murmelnd seine Aufträge. Womöglich ist das sogar ein stiller Kommentar zum dort herrschenden Kriegsgeschehen. So doppelbödig schätze ich nach vielen Spielstunden die „Sniper Elite“-Reihe insgesamt jedoch kaum ein. Vielmehr lässt man alle Spieler:innen in mehrere große Sandbox-Level los, deren einzige Gemeinsamkeit Frankreich darstellt.
Kurz vor und während des bekannten D-Day am 6. Juni 1944 spielt die Haupthandlung von „Sniper Elite 5“ – nach Nordafrika sowie Italien geht es mehrere französische Ortschaften. Seien es kleine verträumte Dörfer oder auch der spektakuläre Klosterberg Mont-Saint-Michel in der Normandie. Zu Beginn darf ein Briefing über unsere nächsten Ziele nicht fehlen, was leider recht rudimentär in einer Art Dia-Show untermalt von Fairburne’s sonorer Stimme passiert. Im weiteren Storyverlauf reicht es schlussendlich nur zu wissen – der Sniper macht gemeinsame Sache mit dem französischen Untergrund und liegt häufig im Clinch mit typisch Schablonen-haften US-Kommandanten. Bis auf hörenswerte Original-Stimmen packte uns emotional nämlich keine Figur. Bevor die Mission startet ist Planung angesagt: Im übersichtlich gestalteten Menü wählen wir unsere Ausrüstung bestehend aus verschiedenen Scharfschützengewehren, Sekundärwaffen sowie Behelfsmitteln wie Haftgranaten und Attrappen zur Ablenkung. Im weiteren Anläufen darf man sogar andere Startpunkte auswählen – vorausgesetzt man findet sie vorher. Beispielsweise bietet ein Startpunkt am Hafen durch die angeschlossene Kanalisation völlig andere Möglichkeiten wie oberhalb von der Lichtung seine Jagd auf Nazi-Generäle anfangen.
Auf Hitman’s Spuren
Rebellion spornt euch, mehr als jemals zuvor, zur offenen Erkundung der schön designten Gebiete regelrecht an. Sind das Stallungen mit besonderen Icons? Gibt es dort Akten oder bessere Schießeisen? Besonders die Innenräume wurden, im Vergleich zu vorherigen Teilen, mit mehr Liebe zum Detail entwickelt. Kurioserweise erinnert das Spielkonzept durch seine stärker gewordenen Stealth-Anteile eher an Genrevertreter á la „Hitman“ oder gar „Splinter Cell“ in früheren Zeiten. Geschossen wird selbstverständlich immer noch aus allen Rohren. Entweder gut versteckt aus weiter Ferne mit dem modifizierten M.1903 oder per schallgedämpfter Welrod, die Serienkenner bestens kennen, innerhalb der Level. Durch manipulierte Maschinen lassen sich Feinde auch anlocken und per Nahkampf-Kills beseitigen, obwohl die KI teils zu dämlich agiert. Lobenswert ist die gezielte Anpassung des Schwierigkeitsgrads: Geschossflugbahnen von der Schwerkraft beeinflussen lassen ist euch mühselig? Problem deaktivieren. Möglich ist auch die Radarsichtbarkeit von Gegnern. Das Gameplay geht dank seiner intuitiven Art nahtlos in Fleisch und Blut über – recht praktisch sind die jederzeit verwendbaren Speicherslots.
Apropos Blut: Die unter Fans heißgeliebte Killcam, welche mit stilisierter Röntgen-Optik zerschossene Testikel oder perforierte Lungenflügel in Slowmotion in aller anatomischer Ausführlichkeit zeigt, ist natürlich auch in Deutscher Version ohne Schnitte vorhanden. Das darf man natürlich geschmacklos finden, weil sich der schockierende Effekte der Vorjahre leicht kannibalisierte. Aufmerksamkeit sollte dennoch vermieden werden, da besonders auf höhreren Schwierigkeitsgrade Karl sehr wenige Treffer aushält und Feinde geschickt aus Deckungen ballern.
Unser Fazit zu „Sniper Elite 5“
Rebellion geizt nicht Schauwerten jeglicher Art im fünften Teil der „Sniper Elite“-Reihe. Durch die abwechslungsreichen kleinen Open World-Level entsteht kaum Langeweile, wenngleich sich das blutige Spektakel mit seinen X-Ray Kamerafahrten durch Organe unserer Feinde abnutzt. Das Aufstiegssystem ist derweil recht öde ausgefallen. Insgesamt dürfen sich Sniper-Fans über frische Abenteuer freuen während Mainstream-Spieler:innen mit dem nötigen Interessen ebenso auf ihre Kosten kommen.
Entwickler: Rebellion | Preis: 59,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC| USK: ab 18
Sniper Elite 5 (PlayStation 5)
Spielspaß - 68%
Gameplay - 73%
Grafik - 81%
Technik - 78%
75%
Passabel
Blutrünstiges Sniper-Abenteuer mit Postkartenmotiv-Level, das durch verschiedene Schwächen seinen großen Spielspaß verpasst.
Mehr Informationen zu unserem Wertungssystem findest Du hier.