Am vergangenen Mittwoch stellte Festival-Veranstalter Jürgen Schlensog höchstpersönlich das Programm für die jazzopen 2024 in Stuttgart vor – zum 30 jährigen Bestehen wurde ein hochkarätiges Line-Up angekündigt. Neben Dauergast Jamie Cullum werden auch Lenny Kravitz, Sting, Herbert Grönemeyer und „Stay with Me“-Interpret Sam Smith gratulieren. Zusätzlich dürfen sich geneigte Jazz-Liebhaber:innen über frische Acts wie Veronica Swift, Kyle Eastwood oder auch experimentellere Klänge der Kombo „Jazzrausch“ freuen. Wir liefern euch einen Überblick.
An einem gräulichen Mittwochnachmittag mit sanften Niederschlägen erstrahlte das Eventcenter der Sparda-Welt in Stuttgart heller denn je. In originell-amüsanter Art präsentierte hier nämlich Veranstalter Jürgen Schlensog das komplette Festivalprogramm der diesjährigen jazzopen Stuttgart. Kein normales Jahr. Im Jubiläumsjahr wird enorm groß gefeiert! Zum 30. Mal verwandeln die jazzopen die schwäbische Landeshauptstadt in einen Hort der leisen, lauten und erinnerungswürdigen Klänge. Egal, ob im Innenhof des Alten Schlosses welches dank seiner Renaissance-Architektur ohnehin eine besondere Location darstellt oder im intimen Rahmen des BIX Jazzclub, das weit über die Landesgrenzen einen starken Ruf genießt. Nicht zu vergessen der größte Spielort des kompletten Festivals – der zur Sommerzeit hübsch vor sich hinblühende Schlossplatz im inneren Stadtkern. Nein, an den Festivaltagen kommt man an den jazzopen kaum vorbei. Laut Leitung sei man „so verrückt“ noch eine weitere Festivalstätte für rund 3.000 Zuschauer:innen zu schaffen. Jedenfalls irgendwann.
Kenner bemerken sicherlich – der Festivalzeitraum vom 18. – 29. Juli fällt zum Jubiläum etwas später aus als gewöhnlich zu Anfang des Honigmonats. Dies hängt mit der nahenden UEFA Fußball-EM zusammen, da Stuttgart ein Austragungsort ist und der Schlossplatz für Public Viewing genutzt wird. Zu wenig Platz für die bis zu 7.500 Zuschauer:innen der jazzopen. Daher die Änderung. Den Enthusiasmus von Schlensog merkt man nicht in überschwänglichen Sätzen sondern kurzen Kommentaren, wie dass er etwa am Top-Act Herbert Grönemeyer fünf Jahre „baggerte“ um ihn kriegen. Die Mühe war erfolgreich, da das Deutsche Multitalent ein besonderes Konzert mit den Stuttgartern Philharmonikern unter der Leitung von Christian Lorenz bestreitet. Einmalig. Rockiger geht es beim mehrfachen Grammy-Preisträger Lenny Kravitz zu. Zum Dritten Mal darf der kaum alternde US-Gitarrist die Festivalbühne wieder in einen toughen Hexenkessel voller musikalischer Klassiker verwandeln, fast hätte dies nicht geklappt, da für 2025 ein Filmprojekt mit ihm in Produktion ist. Glück gehabt. „Every Breath You Take“, „Fields of Gold“ oder Zusammenarbeiten mit Reggae-Musiker „Shaggy“ zeichnen Sting aus. Der britische Ausnahmekünstler spielt kurz vor Festivalende am 28. Juli und überdies war mit seiner letzten Show über drei Jahre zu einem Drittel ausverkauft, wie Schlensog erzählt. Aufgrund der Pandemie-Lage sowie einer Kehlkopfentzündung behielten die Käufer über diesen Zeitraum ihre Tickets. Apropos: Hiervon werden laut Schätzungen erstmals über 50.000 verkauft.
Neuer bahnbrechender Sound auf dem Schlossplatz
Wer die jazzopen einmal besuchte, weiß um die Stärkung des Nachwuchses. So auch in diesem Jahr. Nicht weniger als der Sohn von Hollywood-Legende Clint Eastwood – Kyle Eastwood macht am 18. Juli den Anfang und präsentiert ein melodisches und swingendes Repertoire seines Schaffens. Der Jazz-Bassspieler und Komponist für Filmmusiken musiziert am 18. Juli im BIX Jazzclub. Mit 23 Jahren auf den Brettern der Welt stehen um Jazz und Rock in erfrischendem Sound zu präsentieren, das nahm sich die vielseitige US-Künstlerin Veronica Swift vor. Diejenigen, die diese aufstrebende Musikerin erleben wollen, sind ab 26. Juli ebenfalls im BIX bestens aufgehoben. Die munter Genre mischende australische Band „The Cat Empire“ lockt mit einer Besonderheit – es ist ihr bis dato einziges geplantes Deutschland-Konzert. Ähnlich wie Dolby Atmos erhalten übrigend die Schlossplatz-Gigs eine weitere Verbesserung des Sounds, der nicht mehr über alle Boxen schallen wird sondern objektbezogen sozusagen per brandneuer Technologie arbeitet. Man darf hörbar gespannt sein. Zu den Highlights außerhalb der Konzerte gehört – die German Jazz Trophy. Unter dem Motto „A Life for Jazz“ („Ein Leben für Jazz“) zeichnet die German Jazz Trophy seit 2001 jährlich Musiker:innen aus, die durch ihr Lebenswerk dem Jazz neue Impulse gegeben und seinen Stellenwert gefördert haben. Dieses Jahr geht Sie an den panamaisch-US-amerikanischen Jazz-Schlagzeuger- und Komponist Billy Cobham. Sein ganz eigenes Double-Bass Spiel zeichnet ihn seit Jahrzehnten aus.
Trotz städtischer Förderung dürfte klar sein – ohne Sponsoren wie die Sparda-Bank und Master Card die kostenlosen Aktionen abseits der Festivalmeile finanzieren sind beispielsweise auch „Open Stages“ – also Konzerte mit jungen Künstler:innen im professionellen Rahmen etwa in der Domkirche – nicht möglich. Zwölf Tage voller berauschender Konzerte auf mehreren Bühnen verlangen ihren Obulus. Was jedoch auch die wachen Augen von Schlensog und seinem jazzopen-Team zeigt – das Festival will zukünftig jünger werden. Was das Publikum sehen möchte, hat gute Chancen. Sozusagen der Ritterschlag, dass Shootingstar Sam Smith selbst anfragte ein selbstredend extravagantes Konzert auf dem Festival im Schwabenland spielen zu wollen.
Passend zum großen Jubiläum arbeitete Journalist und Kolumnist Reiner Schloz an einer überaus lesenwerten Chronik, über 250 Seiten und unzählige Fotos sowie kleine feine Anekdoten zeichnen „30 years jazzopen: THE BOOK“ mit seinem Hardcover aus. Darin Texte in deutscher und englischer Sprache. Bisher ungesehene Bilder zeichnen den spannenden Werdegang des 1994 gestarteten Jazzfestivals in amüsanter Weise nach, sodass man aufgrund des kompakten Coffeetable-Drucks mehrere Minuten auf so mancher Seite verweilt. „Manche Foto-CDs waren nur mit meinem alten Apple-Computer zu knacken!“, erzählt er schmunzelnd. Die knapp bemessene Produktionszeit von nur zweieinhalb Monaten merkt man der liebevoll zur Buch gewordenen Zeitreise in keinem Punkt an, vielmehr haben Leser:innen auch außerhalb des jazzopen-Kosmos ihre Freude hiermit. Entweder im Juli auf dem Festival oder jetzt zur Vorbereitung im Online-Shop zum Preis von 59,90 Euro erhältlich.
Die jazzopen 2024 finden vom 18. Juli und 29. Juli an mehreren Locations in Stuttgart statt – der Einlass variiert von Spielort zu Spielort. Preise ebenfalls. Tickets für alle Konzerte findet ihr an VVK-Stellen oder direkt im Online-Shop. Weitere Informationen in allgemeiner Form zum Festival erfahrt ihr hier.
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