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Assassin’s Creed Mirage im großen TEST – Prince of Bagdad

Zurück zu den Wurzeln

Schleichen, erforschen und meucheln! Mit „Assassin’s Creed Mirage“ geht Ubisoft gleich mehrere (spielerische) Schritte zurück in seiner nunmehr 15 Jahre andauernden Assassinen-Spielreihe und tat damit alles richtig. Im aufblühenden Bagdad angesiedelt erleben wir eine toll inszenierte Geschichte über die Anfänge der Verborgenen. Statt Quantität setzen das Studio wieder spürbar auch Qualität wenngleich der Umfang geringer ausfällt – dies jedoch ein klarer Pluspunkt. Unser großer Test zum frischen Meuchel-Abenteuer.

„Back to the Roots“ ist nicht nur ein gern dahin gesagter Spruch, wenn es um Filme, Serien oder Videospiele geht sondern in letzter Instanz der einzig probate Weg den Karren nochmal aus dem Dreck zu holen. Wieder eine Spur kleiner denken, die früheren Vorteile in den Vordergrund stellen. Die Jungs und Mädels des französischen Publishers Ubisoft kennen sich mit diesem Konzept bestens aus, so wurde der sprunghafte „Rayman“ nach seiner 3D-Flaute mit den grafisch reduzierten Serienteilen „Origins“ und „Legends“ wieder in kreative Sidescroller-Gefilde geführt, eine ähnliche Frischzellenkur im 2,5D-Look erhält übrigens der persische Prinz im Januar nächsten Jahres. Dies führt uns unweigerlich zur beliebten Meuchel-Reihe, die trotz interessanter Setting wie zuletzt brutale Wikinger oder griechische Mythologie zuletzt nicht nur spielerisch auf der Stelle trat. Nun geht es mit „Mirage“ weit weg von überbordenden Rollenspiel-Elementen – hin zum geradlinigen Action-Adventure mit übersichtlich gestalteter Open-World. Eines vorweg: Die Entscheidung war grundrichtig. Seit Seeräuber-Teil „Black Flag“ hatte ich persönlich nicht mehr so einen Spaß, gerade weil es keine riesige, leblose Spielwelt mehr gibt sondern „Mirage“ wie in früheren Teilen mit unterschiedlichen großen Städten arbeiten, welche durch sandige Umland verbunden ist.

Kommen wir zur wirklich gelungenen Handlung von „Assassin’s Creed Mirage“. Als Spieler schlüpfen wir in die Haut von Basim, der sich mit seiner Schwester Nihal als Straßendieb in den harten Gassen Bagdads herumschlägt. Eines Tages brechen beide in den umliegenden Palast ein und machen mit einem ominösen Orden Bekanntschaft. Dieser sucht mit allen Mitteln nach mysteriösen Artefakten. Kurz darauf bringt Nihal den Vezir um, weil er Basim fast erwürgte. Die Wege trennen sich und Basim erlernt bei der Gelehrtin Roshan fernab in Alamut die Künste der loyalen Verborgenen. Seine Rückkehr nach Bagdad kennt nur ein Ziel – den zerstörerischen Orden vernichten. Die Hauptkampagne lässt mich nicht wie die vorherigen Serienteile ziellos durch eine aufgeblähte Open-World stolpern sondern erzählt, trotz mancher Schwächephasen, eine interessante Geschichte rund um den Orden und die Verborgenen. Teilweise könnten kurioserweise die Parallelen zur früheren Erfolgsreihe „Prince of Persia“ kaum größer sein, sodass es mich nicht überrrascht hätte, wenn sich dieses Spiel als überraschendes Prequel zu „The Sands of Time“ offenbart hätte. Hauptfigur Basim ist tiefgründiger als meinen zu Anfang meint, dazu kommt noch ein Missionsdesign weit weg der Ubisoft-Formel. Alle Aufträge sind organisch in sogenannte „Nachforschungen“ gepackt, so öffnen gewonnene Informationen gleiche mehrere Ebenen. Sammeln wir genügend Details endet es meist mit Eliminierung eines Orden-Mitglieds. Geblieben ist, für die Reihe typisch, das Sandbox-Konzept. Denn manche Obermufti werden erst durch bestimmte Taten wie fliehende Sklaven, tote Wachen oder sonstige herausgelockt. In sich schlüssig, sogar Nebenaktivitäten wie Diebstähle von Artefakten oder kleine Erkundungen sind instinktiv, weil die Spielwelt nicht aufgesetzt wird. Besonders Schmankerl: Herumlaufende Katzen sind streichelbar.

Erfrischend wie eine Oase in der Wüste

Bodenständig einfach und brodelnd unter der unterdrückten Oberfläche präsentiert das federführende Ubisoft Bordeaux-Studio Bagdad im 9. Jahrhundert. Einerseits herrscht kollektive Armut während die Reichen mit ihren Behausungen protzen und Stadtwachen mit Gewalt regieren. Streunt man zwischen den Aufträgen durch die Gassen sehen wir geregelte Tagesabläufe. Händler verkaufen Waren, Kinder hecken irgendwas aus und kleinere Gruppen unterhalten sich auf Arabisch. Das erzeugt eine packende Immersivität – zudem lässt man endlich wieder über Dächer springen und an Hausfassaden hochkraxeln. Wobei das chronisch unpräzise Kletter-System ewig ein Sorgenkind von Ubisoft ist. Wie oft sollte Basim eben nicht zur Seite sondern nach vorne oder oben – springt aber dann volles Rohr genau vor einen Feind. Im Gegenzug sind unsere Stealth-Angriffe dermaßen starkt, dass man nur selten offene Konfrontation fürchten muss. Gerade in den ersten Stunden lässt uns „Assassin’s Creed Mirage“ oftmals ins Gra….ähm Sand beißen. Kämpfe wirken hakelig, gar unelegant. Klarer Fall: Basim ist unerfahren. Aber keine Bange, dies bessert sich im Verlauf. Bald schwingt man die Klinge gar meisterhaft flott und dann stellt sich nicht immer butterweichen Parkour-Phasen dieser klassische „Assassins Creed“-Flow ein, dessen man sich kaum entzieht. Zu interessant sind die Motive unserer Feinde, zu menschlich jene Probleme von Basim, der trotz blutigen Kills noch immer genug Mensch bleibt um uns mitfühlen zu fallen. Trotz manchen halbgaren Aufträgen gelingt Ubisoft hier eine der besten Kampagnen seit langer Zeit.

Natürlich gibt es auch Schatten unter all der Sonne. Obwohl man wieder zurück an alte Gefilde geht, ist man zuletzt viel zu mutlos um vielleicht wirklich einen frischen Gedanken zuzulassen. Damit sind übrigens nicht die zum Glück gänzlich heruntergeschraubten Rollenspielen-Elemente gemeint, die in den vorherigen Serienteilen nur aufgesetzt unnötig waren. Beispielsweise ändert sich am Missionsdesign kaum was – Potenzial für Überraschungen hätte es gegeben. Oder das verbundene repetitive Missionsdesign, dass dank temporeichen Gameplay nicht langweilt, aber das 20. Banditen-Camp wegzumeucheln fällt beim 21. Mal eben auf. Fast schon erleichtert ist man über die nicht zugemüllte Karte ohne Sammeln-Irrsinn. Optionale Synchro-Türme. Taschendiebstahl wegen wertvollem Artefakt. Schmied. Bruderschaftshaus. Das war’s. Die Meuchel-Serie braucht nicht halb Griechenland als Spielfläche sondern kleinere und vertikalere Welten. Zumindest als abgetrennte Gebiete.

Angebot
Assassin's Creed Mirage Launch Edition - [PlayStation 5] - Uncut
  • Entdecke ein dichtes, vom Plot getriebenes Action-Adventure, das der Verwandlung eines widerspenstigen jungen Mannes in einen gebildeten Meisterassassinen folgt
  • Reise in dieser liebevollen Hommage an das Spiel, mit dem alles begann, nach Alamut, der legendären Heimat der Assassinen, die das Fundament des Kredos legten
  • Erlebe einen modernen Blick auf die berühmten Features und das Gameplay, die seit 15 Jahren eine Reihe definieren, Du bewegst dich nahtlos im Parkour durch die Stadt und tötest Ziele aus dem Hinterhalt mit wilderen Attentaten als je zuvor

Im Gameplay besinnt sich Ubisoft wieder auf die Stärken der Reihe. Auskundschaften, wahlweise per Adler Enkidu jegliche Feinde markieren, Schleichen und Meucheln. Dank fehlendem Stufen sind nun wieder alle Kills aus Hinterhalten sofort tödlich. Gut, die Gegner-KI verhält sich dümmer als Brot und stolpert fast über Leichen ihrer ehemaligen Kollegen, nun gut. Dafür überzeugen die auflockernden Quest-Mechaniken – so muss Basim raus in die Wüste um eine Ausgrabungsstätte nur anhand von Hinweisen finden. Erstaunlich wie befriedigend der letzliche Fund dann wirkt. Nach abgeschlossenen Aufträgen erhält Basim Fertigkeitspunkte, die im dazugehörigen Baum investiert werden, uns fehlte hier übrigens die serientypische Doppelklinge. Nach guten 20 Stunden Spielzeit flimmert der Abspann und ließ mich etwas grübeln. Einerseits erscheint „Assassin’s Creed Mirage“ mithilfe der AnvilNext-Engine erstaunlich farbenprächtig, aber zeigt merkwürdige Clippingfehler. Trigger-Markierungen innerhalb von Missionen werden nicht ausgelöst, NPC’s laufen durch Wände, Shop-Figuren sind manchmal nicht ansprechbar und bis auf Zwischensequenzen fallen Figuren nicht gerade durch eine ausdrucksstarke Mimik auf. In Ubisoft-Verhältnissen ist das trotzdem noch nahe am Goldstandard, aber ärgerlich. Zuweilen bricht die eigentlich stabile FPS in hektischen Szenen ab. Wenigstens überzeugt die musikalische Untermalung mit ihren feinen instrumentalen Stücken, die sogar durch sanfte Elektro-Beats aufgepeppt sind.

Unser Fazit zu „Assassin’s Creed Mirage“

Mirage bedeutet übersetzt Fata Morgana und man könnte kaum seinen Augen trauen. Mit „Assassin’s Creed Mirage“ lässt Ubisoft wieder das klassische Konzept der ersten Serienteile aufleben und reduziert zusätzlich noch unnötigen Sammelkrams. Wunderbar! Nur in Sachen Steuerung hapert es mal wieder in der Meuchel-Saga im sonnendurchfluteten Bagdad. Dennoch macht die lebendige Spielwelt, eine dicht erzählte Handlung samt spaßigem Gameplay vieles wieder wett. Für Liebhaber der Ezio-Trilogie, genauso für Fans von klassischen Action-Adventures ohne Rollenspiel-Overkill ist „Assassin’s Creed Mirage“ ein herrlicher Ausflug in ferne, sandige Zeiten.

Release: 05.10.2023 | Entwickler: Ubisoft | Genre: Action-Adventure | Preis: ab 49,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC | USK: ab 16

Assassin's Creed Mirage (PlayStation 5)

Spielspaß - 90%
Gameplay - 86%
Grafik - 91%
Technik - 83%

88%

Empfehlung!

Ubisoft liefert mit "Assassin's Creed Mirage" ein wunderbar, altmodisches Action-Adventure ab - das leider auch an altmodischen Problemen leidet.

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Benny Illgner

Nachname hielt schon Fußbälle auf. Ich bisher nur virtuell. Sitzt seit 2005 in Digitalien fest und wartet auf den Pannendienst. Steht in fester Beziehung mit Twitter und Instagram. Schreibt Gags fürs Netz und Fernsehen. Nimmt gedeckte Schecks und Pizza gerne auf Twitter unter @IamIllgner an.

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