Death Stranding im großen Test – Cineastischer Lieferdienst
Nach langer Testphase können wir das frische Werk von Hideo Kojima endlich in voller Gänze bewerten – „Death Stranding“ ist melancholisch bitter und cineastisch schön. Doch reicht die Star-Power u.a. Mads Mikkelsen trotz geringem Gameplay für einen sicheren Hit aus?
Denkwürdige Abschlüsse
Die PlayStation 4 befindet sich in den letzten Zügen. Insofern kommen gerade in solchen Zeiträumen die besten Titel einer Konsole heraus. Man denke nur an das Ende der vorherigen Generation samt „God of War 3“. Was die Entwickler damals ablieferten war grafisch höchstgrasig grandios und lag nur wenige Nuancen unter den Releasetiteln der aktuellen Konsolenära. So erweckt gerade „Death Stranding“ den Eindruck die lange Entwicklungszeit dafür benötigt zu haben, weil das Spiel die heutige technische Grundlage braucht um überhaupt seine spezielle Atmosphäre dem Spieler näherzubringen. Zumal „Metal Gear“-Mastermind Kojima von Sony angeworben sichtlich austoben durfte und, so scheint es, endlich das Videospiel zu fertigen auf das er Jahrzehnte hinarbeitete. Will heißen: Bis in die Nebenrollen perfekt besetztes Blockbuster-Kino, das ohne Probleme im Kino unter gleicher Prämisse laufen könne. Ähnlich verschachtelt wie die Traumebenen in „Inception“ entpackt Kojima seine Storyline mit viel Ruhe und Bedacht erst nach und nach aus.
In „Death Stranding“ geht es um den Urknall. Besser gesagt, der letzte Knall den die Menschheit vernichten könnte. An mehreren Küsten tauchten eines Tages plötzlich merkwürdige Gestalten auf, die große Teile der Menschheit vernichteten. Kleinere Gruppe schlossen sich in der gefährlich gewordenen Welt zusammen. Hauptfigur Sam Porter Bridges (per Motion-Capturing von Norman Reedus verkörpert) ist einer der wenigen Lieferboten. Er transportiert von Medizin bis hin zu edelen Metallen so ziemlich alles. Nachdem die US-Präsidentin, die gleichzeitig seine Mutter war, verstarb bedachte sie Sam mit einem letzten Auftrag: Knotenpunkte zu setzen und sie wieder zu verbinden. Erschwerend hinzu kommt die Gefangennahme seiner Schwester Amelie durch bewaffnete Separatisten, die andere Pläne verfolgen. Kojima versteht es nur anhand seiner Figuren, die erst im Verlauf der Handlung näher beleuchtet werden, den Spieler nicht zu langweilen. Vielmehr agiert jede Charakter höchst menschlich. Hier sehen wir keine übertriebenen Sprüche oder sonstig störendes. Es sind Blicke sowie Gesten die minutiös uns Kleinigkeit verraten. Norman Reedus füllt seine Rolle als gebrochener Mann mit geringer Hoffnung glaubhaft aus. Antagonist hat zu Anfang leider recht wenig Screentime ab Mitte ändert sich dies jedoch. Erinnerungswürdig überzeugen jene Momente, die cineastisch aufgebaut sind. So laufen wir nur durch saftig grüne Landschaften über Stock und Stein werden dabei aber von gefühlvoller Indie-Musik begleitet. Die Kamera entfernt sich von unserer Figur, gibt aber gleichzeitig den Blick auf Gebirge frei und präsentiert eine grandiose Melange aus Spiel und Film.
Das Gameplay ist nüchtern betrachtet recht rudimentär. Im Grunde laufen wir nur von A nach B und transportieren hierbei Pakete. Doch der Teufel sitzt im Detail. Sam kann bloß nur eine gewisse Last tragen und diese müssen wir vor unserem Aufbruch gewissenhaft verteilen. Lieber alles auf dem Rücken oder vielleicht zwei Pakete per Hand nehmen? Das Menü dafür ist leider wie in „Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain“ zu kompliziert geraten. Oftmals weiß man gar nicht, in welchem Reiter man sich aktuell befindet. Also: Erstmal reinfuchsen. Für die Hauptstory braucht ihr rund 55 Stunden. Die Steuerung liegt dafür aber gut in der Hand. Regelmäßig müssen wir penibel auf unser Gleichgewicht achten. Mit den Rückentriggern L2/R2 regulieren wir sämtliche Gewichte. Düster gruselig wird es, wenn wir auf sogenannte GD’s treffen. Unsichtbare Gestalten, die uns bei lauten Schritten in den schwarzen Tod reißen. Wortwörtlich. Zu Anfang erhalten wir einen speziellen Fötus im Glasbehälter namens „BB“. Mit ihm erkennen wir und können aus gefährlichen Situationen fliehen. Die stringente Erzählung macht auch den Reiz von „Death Stranding“ aus – niemals wussten wir, welche Situation als nächstes auf uns wartet. Die Welt lädt trotz weiter Leere zu Entdeckungen ein, gerade weil sie grafisch ungemein beeindruckt.
Unser Fazit zu „Death Stranding“
Zugegeben. Wir ließen uns für diesen Test ungewöhnlich viel Zeit aber diese Investition hat sich wahrlich gelohnt. „Death Stranding“ lebt als Spiel davon mit Ruhe genossen zu werden. Das Gameplay mag vielleicht in Hinblick auf andere Action-Adventure vielleicht nur rudimentär ausgeprägt sein, konnte uns jedoch durch seine cineastische Präsentation mehrmals mitreißen. Die toll gecasteten Schauspieler unter anderem Norman Reedus oder Lea Seydoux unterstreichen den Look eines Blockbusters. Dennoch ist das neue Werk von Kojima so untypisch, dass sicherlich einige Spieler es zu anspruchsvoll finden könnten.
Entwickler: Kojima Productions | Preis: 69,99 Euro | Für PlayStation 4 | USK: ab 16
Death Stranding (PlayStation 4)
Spielspaß - 93%
Gameplay - 84%
Grafik - 95%
Technik - 87%
90%
Ausgezeichnet!
Cineastisch á la Kojima: Mitreißendes Sci-Fi-Drama ohne doppelten Boden.