EM 2024 in Stuttgart: Zwischen Fußball, Konzerten und Emotionsachterbahn
Wie lief die Schlussphase der EURO 2024?
30 Tage lang war Deutschland im Ausnahmezustand – die UEFA EURO 2024 krempelte die Sommermonate hierzulande kräftig um. Neben spannungsgeladenen Fußballspielen war auch der Austausch der europäischen Kulturen ein nicht zu missachtender Aspekt. Die sogenannten Host Cities galten versuchten den Spagat zwischen gemeinschaftlichem Rudelgucken und eigenen kulturellen Konzepten – wir verbrachten viele Tage in Stuttgarts Innenstadt um nun Bilanz zu ziehen.
Mit dem Schlusspfiff am vergangenen Sonntagabend im Berliner Olympiastadion stand mit Spanien der verdiente Sieger der diesjährigen Europameisterschaft fest. Als Deutscher Fan atmete man zunächst beruhigt auf: „Uff, zum Glück gegen den späteren Gewinner verloren.“ Gerade das Ausscheiden unserer DFB-Elf im umkämpften Viertelfinale war mehrheitlich emotional geprägt. Das Team um Bundestrainer Julian Nagelsmann sorgte mit einer erkennbaren Spielfreude wieder für ehrliche Begeisterung seitens der Zuschauer:innen. Mit beherzten Auftritten innerhalb der Vorrunden sowie unkonventioneller Art der Kadernominierung etwa per Nagolder Bäckertüte für Chris Führich oder mitten auf einem Konzert von Rap-Prinzessin Nina Chuba galt der Fokus bereits vor dem Turnierstart. Über die Vorrunden-Zeit berichteten wir übrigens schon ausführlich. Der Schein trügte nicht, dass dieses Land nicht bitter enttäuscht über das vorzeitige Ausscheiden war, eine emotional aufgeladene Mannschaft welche sich schlussendlich filigran aufspielenden Spaniern inklusive einem spritzigen Jahrhunderttalent wie Lamine Yamal geschlagen geben musste, obwohl selbst der Bundestrainer nicht mit dem Aus rechnete und eigentlich alle danach mit den Tränen kämpften, war nur schwer das Ziel von Abscheu. Nein, das zollte eher Respekt. Besonders die Fan-Meile auf dem Stuttgarter Schlossplatz genoss, zitterte oder feierte die K.O.-Spiele, je nachdem welche Nationalität die meisten Fans versammeln konnte. Selbst das zeitlich eher schwierig gestaltete Finale zwischen England und Spanien am Sonntagabend beginnnend um 21:00 Uhr lockten immerhin nochmal mehr als 13.000 Public Viewing-Zuschauer:innen vor die LED-Leinwände.
Ohnehin war der Zuspruch für die Fan-Zones spürbar gegeben. So besuchten diese, laut offiziellen Zahlen, knapp 900.000 Menschen über den gesamten EM-Zeitraum. Mit vier Fan-Zones gab es nicht nur bundesweit die meisten sondern auch die abwechslungsreichsten von allen zehn EM-Städten. Über die abgerufenen Preise für 6,50 Euro pro Becher Bier (+Pfand) oder den Hamburger für 12 Euro ließ und lässt sich trefflich streiten, dennoch reichten die Aussagen der mit Ständen innerhalb der Fan-Zone ausstellenden Gastronomen von „himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt“, wie Armin Dellnitz, Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing GmbH ausführte. Auf der Abschluss-Pressekonferenz sorgte der Fakt übrigens für ein Schmunzeln, dass bierselige Schotten „sehr engagiert beim Bierkonsum“ waren und tatsächlich einen Biergarten sprichwörtlich leer tranken. Dies sollten wohl die durch Oberbürgermeister Nopper angesprochenen „unmittelbaren wirtschaftlichen Effekte“ durch die EM sein. An gleicher Stelle bilanzierte zudem Markus Eisenbraun, Präsident des Polizeipräsidiums Stuttgart, die Straftaten während der Turnierzeit. Mit unter 40 an Spieltagen geriet diese erfreulich gering. Namentlich wurden Beleidigungen, Diebstahl und Körperverletzungen angezeigt. „Zu jedem Zeitpunkt war die Sicherheit gewährleistet“, wurde betont. Im Vorfeld erprobte Katastrophenschutz-Vorbereitungen wurden demnach glücklicherweise nicht angewandt.
Wo wir gerade beim Blaulicht sind, der dazugehörige Tag am 7. Juli 2024 war eines unserer persönlichen Highlights. Hier verwandelte sich der komplette Schlossplatz zum nahbaren Ausstellungsort verschiedener Polizei- und Rettungsdiensten. Von Diebstahlpräventionen, bei deren man unbedingt darauf achten sollte nicht angelenkt zu werden, über den optimalen Umgang bei Fettbränden bis hin zum möglichen Karrieren bei der Bundespolizei war der „Blaulicht-Tag“ ein informativer Spaß für Jung und Alt. So stellten sich die Beamten jeglichen Nachfragen zu ihren Einsatzfahrzeugen oder ließen sich dazu hinreißen mit ihnen per Drehleiter in luftige Höhen zu steigen. Die Polizei präsentierte sich als freundliche Kraft, die bei Konflikten verbal intervenierte und nicht ortskundige ausländische Fans per Wegbeschreibungen nicht selten aus der Patsche halfen. Bestens trumpfte das Polizeiorchester München auf – sie spielten einige der ikonischsten Musikstücke der Filmgeschichte. „Fluch der Karibik“ oder der Main Theme des ersten „Batman“-Film mit Michael Keaton in der Hauptrolle hörten sich viele Besucher:innen bei gutem Wetter gerne an. Klassisch ging es auch Tage später beim Konzert „Best of Stuttgart“ zu – wie der Titel schon leicht verrät präsentierte sich die Landeshauptstadt in seiner kulturell besten Form. Die Bühne zierten die weit über Landesgrenzen bekannten Stuttgarter Philharmoniker gepaart mit dem Staatsoperchor. Netter kleiner Vorgeschmack auf das anstehende Herbert Grönemeyer-Konzert an gleicher Stelle am 25. Juli im Rahmen der diesjährigen jazzopen Stuttgart.
Die Kabarett A cappella Gruppe „Fuenf“ sorgte im bestuhlten Publikumsraum für einige Lacher und konnte dank amüsanten Mitmach-Aktionen die herrschende gute Atmosphäre noch deutlich ansteigen lassen. Insgesamt wurden die rund 2.500 Besucher:innen an diesem sommerlichen Abend sehr gut unterhalten, wohlgemerkt bei freiem Eintritt. Für das Grande Finale sorgte die renommierte SWR Big Band inklusive des Musikers Cosmo Klein. Mit gefühlvollen Coverversionen etwa von „Nothing Compares 2 U“ gab’s wohlige Gänsehautmomente – genauso wie bei den teils überlaufenen Fußballübertragungen verfolgten Zaungäste auf den Treppen des Kunstmuseums den Abend. Musikalisch blieb es tagsdrauf am Freitagabend. Aber anders als gedacht oder was würdet ihr von einer Tanzfläche halten, auf der Alle zwar angeregt tanzen jedoch keine Musik zu hören ist? So geschehen in der „Silent Disco„. Zur Erklärung: Jeder Besucher:in erhält für 20 Euro Pfand ein spezielles Headset. Damit lassen sich jeweils drei auflegende DJ’s anwählen. So hört der Eine etwa „Münchener Freiheit“ während die Andere gerade zum „Gangnam Style“ abzappelt. Seit 15 Jahren wird die Event-Reihe in Stuttgart veranstaltet. Besucher:in Andrea erzählt mir, sie kenne es von einer AIDA-Schiffreise. Wir tanzten mal mit und können die einzigartige Atmosphäre nur unterstreichen. Trotz leichtem Regenschauer. Generell machte das schwüle Wetter samt regelmäßigem Regen viele Pläne eher unsicher.
Geneigten Leser:innen wird mittlerweile aufgefallen sein, dass wir zwar einiges zum Thema Fußball schrieben aber weder einen Stadionbesuch oder dergleichen erwähnten. Einfacher Grund: Die UEFA gab uns trotz mehrerer Anfrage keine Akkreditierung. Will heißen: Uns blieb der Gang ins Stadion zu den EM-Spielen verwehrt. Dennoch spürten wir diese spezielle Energie von aufgeregten Fußballfans im Rahmen des mittlerweile legendären Fan-Walks zum Stadion. Wir gingen vorne mit dem Doppeldecker-Bus voraus und verfolgten die kraftvollen Sprechchöre der Deutschen. Das bei Vorstellung umstrittene pinke Auswärtstrikot des DFB avancierte während der EM zum Kleidungsstück Numero Uno. Dass Stuttgart weiterhin eine bedeutende Rolle für hochkarätige Sportgroßveranstaltungen spielen will, machte OB Nopper klar. Man bemühe sich für 2027 „Die Finals“, Deutsche Meisterschaften in verschiedenen Sportarten zeitgleich an einem Ort, nach Stuttgart zu holen. Zuvor steht im Dezember 2025 das Eröffnungsspiel der Frauen Handball-WM an. Unser Eindruck nach 30 vollgepackten Tagen im Herzen der schwäbischen Landeshauptstadt ist durch die Bank weg positiv. Deutschland verlor seine gewonnenen Gastgeberqualitäten seit 2006 nicht im Ansatz.
Mehr Informationen zur EM 2024 Host City Stuttgart: https://uefaeuro2024.stuttgart.de
Unser Themenschwerpunkt zur UEFA EURO 2024: „Meine Stadt, unsere EM!„
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