„FIFA 23“ im großen TEST – Anstoß und Gähn
"Der Ball ist rund und ein Spiel dauert 15 Minuten!"
EA Sports serviert uns das letzte Mal ein klassisches FIFA (23) – vergisst hierbei die Reihe mit einem knalligen Schlusspunkt zu verabschieden. Statt eines Best-Of der letzten Jahrzehnte finden sich altbekannte Modi, Ligen und natürlich Volta. Grafisch stagnierend ohne wirklichen Hang zur Revolution bereitet einzig das formidable Gameplay mehrstündigen Spielspaß. Endlich mit mehr Frauenfußball. Wir zerhackten sämtliche Rasen der Welt und euch zur Abschlussbesprechung ein.
Zwischen Kunstrasen und Geldkoffer
Was waren das für herrliche Zeiten als jedes Jahr von Electronic Arts ein neuer FIFA-Teil und von Konami ein frischer Jahrgang von „Pro Evolution Soccer“ in die Regale gestapelt wurden, sich beide immer aufs Neue mit neuen spielerischen Finessen und gar schwer erkauften Lizenzpaketen übertroffen wollten. Konkurrenz belebt das Geschäft. Seit Jahren ist die Schlacht nun geschlagen, EA ging als Sieger hervor während Konami sich Glücksspiel-Maschinen samt Karten zuwandte. Genauso wie in politischen Kreisen kam es in diesen Tagen auch zu einem Wumms – FIFA 23 wird das letzte FIFA-Spiel seiner Art sein. Ende, Aus, rote Karte. Die Fußball-Simulation erhält ab dem kommenden Jahr nämlich einen neuen Namen, da Publisher EA es finanziell nicht mehr einsieht der höchst seriösen Non-Profit Organisation „FIFA“ Geld für Markenrechte in den Rachen zu werfen. Einerseits keine schlechte Idee, andererseits geht damit natürlich eine Ära zuende deren Anfänge 1993 ihren Anfang nahm und bis heute sämtliche Zielgruppen an die Controller holt. Nun steigt unweigerlich die Frage auf – verabschiedet sich EA womöglich mit großen Highlights in komprimierter Form von seinen langjährigen Käufern? Mitnichten.
Noch immer startet FIFA 23 mit dem allseits beliebten Champions League-Anstoß zwischen Liverpool und PSG während sich die deutschen Kommentatoren Wolff Fuss und Frank Buschmann teils die Lippen fuselig reden, wenngleich pro Satz die Stimmung von Himmelhochjauzend bis Todesenttäuscht variieren kann. Je nach Können wechselt der Schwierigkeitsgrad offensiv zwischen Amateur und Legende. Finde ich recht gut, da die technischen Parameter auf dem Platz mehrmals ihre Taktik ändern um uns herauszufordern. Eckflanken gehen in Gedribbel über während klare Fouls von der KI als hartes Tackling abgewiesen wird. Findet die Partie ihren Schluss sind Steuerung und KI-Grad bestens eingestellt für den kommenden Fußballer-Alltag. Entweder geht es direkt in die überaus lizenzstarke Riege der Ligen, die von sämtlichen Verbandsligen wie etwa dem DFB über die spanische La Liga bis zur neu hinzu gekommenen „Barclays Women’s Super League“ aus England reicht. Wobei man loben muss: Endlich mehr Frauenfußball, womöglich war die diesjährige Frauen-EM ein zündender Indikator. Auf dem Platz wurde das Spieltempo im Vergleich zum letztjährigen FIFA etwas entschleunigt, da die merklich verbesserte KI nun öfter reagiert bzw. eingreift. Wie früher den Anstoß an den Stürmer zu geben und ihn an allen gegnerischen Spielern dribbeln zu lassen ist in ganz geringen Einzelfällen noch möglich.
Ted hat Tipps
Für Neulinge erscheinen oben rechts kleine Tipps zur besseren Übersicht. Schlussendlich bleibt es trotzdem wie gehabt. Alle, die keine Lust auf selber Spielen haben, lassen das sportliche Aufeinandertreffen simulieren oder steigen direkt als Trainer bei den zahlreichen Vereinen ein. Teammanagement hat zwar nicht die spielerische Tiefe eines „Fußball Managers“, macht aber dennoch durch seine vielseitigen Möglichkeiten bestimmte Positionen inklusive Taktiken neu zu besetzen, Spaß. Weil dazwischen aber kaum etwas änderte verweisen wir auf unsere bisherigen FIFA-Tests. Volta, der Streetkick-Ableger, ist auch zurück! In meist sommerlich angehauchten Metropolen geht es deutlich derber als beispielsweise in Anfield oder der Allianz-Arena zu. Volta ist in seinen besten Momenten sehr lässig, erhält durch seinen guten Flow eine mitreißende Note und gerät durch seinen Online-Zwang oftmals zum Chaos. Warum EA bei Volta unbedingt auf Online-Matches besteht, bleibt uns ein Rätsel. Im Vorfeld gestalten wir unseren weiblichen/männlichen Avatar im unfangreichen Editor. Dutzende Frisuren, Bartarten oder Augenpartien warten darauf auf das digitale Gesicht platziert zu werden. Mit jedem Spiel verdienen wir mal mehr oder weniger XP, steigen im Rang auf und verbessern durch Skill-Points unsere Fertigkeiten in Abwehr oder Defensive. Kennt man.
Das war es dann auch fast schon…oh Halt. Natürlich Hypermotion 2.0. Im Vorfeld wurden laut EA Sports über zwei Tage 11v11 Spiele in Motion-Capture-Anzügen ausgetragen. 9,2 Millionen gewonnene Bilder aus Spielen und Trainingseinheiten sollen eine realistischere Darstellung im Fußball widergeben. Neben physikalisch richtigen Bewegungen wie dem leichten Einknicken der Füße beim Torschuss fällt selbst in „FIFA 23“ das Tornetz logischer – ganz neu im Repertoire ist der sogenannte „Powerschuss“. Mittels Schultertaste und Kreis lassen sich aus weiter Distanz sogar Tore erzielen, wobei hier Ballmagier wie Messi oder Taktikanalysten wie Neymar Jr. hierdurch meterweit am Tor vorbeizielen. Da braucht es schlicht Einarbeitung bis es flutscht.
Wer nach unserem ersten Wumms mit dem letzten FIFA-Spiel aller Zeiten panisch in den Store klickte, um sich die finale Ultimate-Edition mit 10.000 FIFA-Points zu holen, möchten wir „Halt Stop!“ zubrüllen. Zunächst einmal klammern wir traditionell einen, für manche Käufer, enorm wichtigen Teil eines FIFA-Teils konsequent aus. Nämlich FUT (Ultimate Team). Für uns hat nämlich dieser Modi mit seinen gar zwanghaft verpflichtenden Microtranskationen überhaupt nichts mit normalem Spielspaß zu tun. FUT ist Pay2Win in Reinkultur und sollte auch durch seine unverständliche Menüführung keinen ernsthaften Fan der Sportsimulation interessieren. Schlussendlich ist solch ein Modi genauso unethisch wie eine Fußball-WM nach Katar zu verlagern – verachtenswert.
- HyperMotion2-Technologie: Die Weiterentwicklungen der HyperMotion-Gameplay-Technologie basieren auf der doppelten Menge an Motion-Capturing-Daten. Sie ermöglichen neue Features und sorgen in FIFA 23 für mehr als 6.000 authentische Animationen, die aus Millionen von Frames mit hochentwickeltem Spiel-Capturing stammen
- FIFA World Cup: Erlebe mit dem FIFA World Cup 2022 in Katar und dem FIFA Women's World Cup 2023 in Australien und Neuseeland die absoluten Highlights des internationalen Fußballs. Mehr Infos folgen im Vorfeld des jeweiligen Turniers
- Frauenfußball: Spiele zum ersten Mal in der Geschichte von EA SPORTS FIFA mit Frauen-Vereinsteams. Die Barclays FA Women's Super League und die Division 1 Arkema sind zum Start in FIFA 23 verfügbar. Freue dich außerdem auf ein maßgeschneidertes HyperMotion2-Capturing, das den Spielerinnen in FIFA 23 authentische Bewegungen ermöglicht
Grafisch gelingt „FIFA 23“ selbst bei hochpotenten Konsolen wie der PlayStation 5 sowie angepasster Software, wenngleich diese in dreifacher Ausführung im Store zu finden ist und man keine Sprache ersehen, es in hektischen Momenten sichtlich ruckeln zu lassen. Stehen beispielsweise 20 Spieler:innen bei Eckstößen im Strafraum läuft das Geschehen nicht so butterweich wie beim einzelnen Sturm vorne. Die Charaktermodelle wirken menschlicher, weil dynamische Bewegungen, aber längst nicht so detailliert wie in einem „The Last of Us: Part 1“. Buschmann & Fuss kommentieren zwar unterhaltend, aber auch repetitiv. Technisch sind nur die teils zu spät aufgelösten Texturen samt dem Klon-Publikum merklich nervig.
Unser Fazit zu „FIFA 23“
Die letzte FIFA-Simulation aus dem Hause EA ist in weiten Teilen auch der stagnierende Teil. Nüchtern betrachtet könnte man außer neuen Übergängen, leicht verbesserter KI oder frischen Lizenzen nur schwerlich einen direkten Unterschied zum Vorgänger finden. Es gibt keine Storykampagne, obwohl der sportliche Weg von Alex Hunter trotz Schwächen eine der Lichtblicke der Serie war, dafür gibt es Ted Lasso als Trainer am Spielfeldrand. Einerseits kultig wie EA die Popkultur heranzieht, andererseits ist es schade wie sehr man penetrant auf der Stelle stehen bleiben will. Leider schließt sich dieses finale Kapitel extrem unspektakulär.
Entwickler: EA Sports | Preis: ab 69,99 Euro | Für PlayStation 4|5, Xbox One|Series und PC | USK: ab 0
FIFA 23 (PlayStation 5)
Spielspaß - 78%
Gameplay - 75%
Grafik - 81%
Technik - 79%
78%
Für Fans
Unspektakuläre Fußball-Simulation ohne große Überraschungen - aber guter Präsentation.
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